Goin und Moin, auch Goinn und Moinn oder altnordisch Góinn ok Móinn, sind in der nordischen Mythologie zwei Schlangen, die zusammen mit anderen Schlangen und dem schlangenartigen Drachen Nidhöggr unter dem Weltenbaum Yggdrasil leben.

Quellen

Das Lied Grímnismál führt neben Nidhöggr und Goinn und Moinn noch vier oder fünf weitere Schlangen auf, die unter der Weltenesche hausen und an ihren Wurzeln nagen. Als Vater der beiden wird Grafvitnir genannt.

„Ormar fleiri liggja
und aski Yggdrasils,
en þat of hyggi hverr ósviðra apa:
Góinn ok Móinn,
þeir ro Grafvitnis synir,
Grábakr ok Grafvölluðr,
Ófnir ok Sváfnir,
hygg ek, at æ skyli
meiðs kvistu má.“

„Mehr Schlangen liegen
unter der Esche Yggdrasill,
als es jeder dumme Tor glaubt;
Goinn und Moinn,
sie sind Grafwitnirs Söhne,
Grabak und Grafwöllud;
Ofnir und Swafnir;
ich meine, dass sie immer
die Zweige des Baumes abfressen werden.“

Grímnismál 34 (Übersetzung von Arnulf Krause)

Snorri Sturluson zitiert diese Stelle des Grímnismál in der Prosa-Edda und fügt noch hinzu:

„En svá margir ormar eru í Hvergelmi með Níðhögg,
at engi tunga má telja.“

„So viele Schlangen sind in Hwergelmir bei Nidhögg,
daß sie keine Zunge zu zählen vermag.“

– SNORRI STURLUSON: Prosa-Edda: Gylfaginning Kapitel 16 (Übersetzung von Arnulf Krause)

Der Aufenthaltsort der Schlangen ist nach beiden Überlieferungen übereinstimmend unterhalb von Yggdrasil. Snorri Sturluson gibt noch als nähere Ortsangabe die Quelle Hvergelmir an. Er gerät dadurch nicht in Widerspruch mit dem Lied Grímnismál, da sich nach seinem kosmogonischen Konzept die Quelle Hvergelmir unterhalb einer der Wurzeln von Yggdrasil befindet.

In seiner Sprache der Dichtkunst, dem Skáldskaparmál, führt Snorri Sturluson alle Schlangennamen mit Ausnahme von Grafwöllud ein zweites Mal auf. Alle Namen werden des Weiteren in den Þulur als Heiti für Schlangen aufgeführt. Das heißt, ein Dichter konnte die Namen als anderes Wort für Schlange verwenden.

Forschung

Die Schlangen unter Yggdrasil sind der nordische Nachhall eines indogermanischen, mythischen Weltmodells, wonach am Fuße des Lebensbaums eine Schlange wohnt und in den Ästen ein Adler. Da über diese nordischen Schlangen nicht viel mehr als der bloße Name überliefert ist, kann man zu ihnen auch nicht mehr sagen, als das, was sich aus den Deutungen ihrer Namen ergibt.

  • Goinn, altnordisch Góinn ([goːinː], mit langem o und langem n), bedeutet vielleicht „Land-Tier“.
  • Moinn, altnordisch Móinn ([moːinː]), heißt wohl „Moor-Tier“. Der Name der dänischen Insel Møn könnte mit der Bezeichnung Móinsheimar „Heime des Móinn“ in Zusammenhang stehen.
  • Grafwitnir, altnordisch Grafvitnir, der Vater von Goinn und Moinn: sein Name ist fast nicht mehr verständlich. Man deutet ihn als „in einer Grube hausender Wolf“, „Gruben-Wolf“, „nagender Wolf“ oder „Grabwesen“.
  • Grabak, altnordisch Grábakr, ist der „Graurücken“. Man findet den Namen auch in einem Skalden-Gedicht des 11. Jahrhunderts als Synonym für das Schiff Ormr inn langi, woraus sich ein weiterer Wasserbezug der Schlangen ergibt.
  • Grafwöllud, altnordisch Grafvölluðr, ist wiederum schwer übersetzbar. Vielleicht bedeutet der Name „Feld-Nager“, „Feldgräber“ oder „der unter der Erde Grabende“. Vielleicht muss man den Namen aber auch Grafvöluðr als „der in der Grube Herrschende“ lesen.
  • Ofnir, altnordisch Ófnir, bedeutet „die sich Windende“ oder „der Verwirrte“ und ist zugleich einer der Beinamens Odins.
  • Swafnir, altnordisch Sváfnir, ist der „Schlafbringer“ oder „der in den Schlaf (also Tod?) versetzt“. Auch dieser Name gehört zu den Beinamen Odins.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Lieder-Edda: Grímnismál. 34. Textausgabe nach Titus Projekt, URL: http://titus.uni-frankfurt.de/texte/etcs/germ/anord/edda/edda.htm, aufgerufen am 21. Dezember 2009
  2. Zweige scheint hier als Heiti von Wurzeln gebraucht zu werden. Vergleiche Arthur Häny: Die Edda. (Übersetzung). 3. Auflage. Manesse Verlag, Zürich 1989, ISBN 978-3-71751-731-3, S. 553
  3. Übersetzung und Zitation nach Arnulf Krause: Die Götter- und Heldenlieder der Älteren Edda. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-15050-047-7.
  4. Textausgabe nach CyberSamurai Encyclopedia of Norse Mythology, URL: Archivlink (Memento des Originals vom 28. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., aufgerufen am 21. Dezember 2009.
  5. Übersetzung und Zitation nach Arnulf Krause: Die Edda des Snorri Sturluson. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-15000-782-2
  6. 1 2 3 Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. 2006, S. 145
  7. Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. 2006, S. 288
  8. Klaus von See: Kommentar zu den Liedern der Edda. Verlag C. Winter, Heidelberg 1997, Band 4, S. 147
  9. Jan de Vries: Altnordisches Etymologisches Worterbuch. 2. Auflage. Brill Archive, Stichwort: grafa – grafvitnir
  10. 1 2 3 Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. 2006, S. 149
  11. 1 2 3 4 Henry Adams Bellows: The Poetic Edda: The Mythological Poems. Courier Dover Publications, 2004, ISBN 978-0-486-43710-1, S. 98, Anmerkung 34
  12. 1 2 Jesse L. Byock: The prose Edda: Norse mythology. Penguin, 2005, ISBN 978-0-14-044755-2, S. 163
  13. Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. 2006, S. 327
  14. Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. 2006, S. 399
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