Internationale Grüne Woche Berlin
Grüne Woche

Branche Landwirtschaft
Erste Veranstaltung Februar 1926
Website https://www.gruenewoche.de/
Letzte Veranstaltung
Datum 20. Jan. 2023 bis
29. Jan. 2023
Veranstaltungsort Messe Berlin
Nächste Veranstaltung
Datum 19. Jan. 2024 bis
28. Jan. 2024

Die Internationale Grüne Woche Berlin, meist kurz Grüne Woche genannt, ist eine Messe in Berlin, auf der landwirtschaftliche Erzeugnisse (im weitesten Sinne) von Herstellern und Vermarktern der weltweiten Agrarindustrie präsentiert werden und die nicht nur Fachbesuchern, sondern auch dem allgemeinen Publikum offensteht. Sie ist die international wichtigste Messe für Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau und findet traditionell jeweils am Jahresanfang in den Messehallen unter dem Funkturm statt.

Veranstalter der Grünen Woche ist die Messe Berlin, ideelle Träger sind der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE).

Bei der Grünen Woche 2023 vom 20. bis 29. Januar verzeichnete die Messe 1400 Aussteller aus 60 Ländern und rund 300.000 Besucher. Die nächste Grüne Woche findet vom 19. bis 28. Januar 2024 statt.

Geschichte

Anfänge

Die erste Grüne Woche (damals noch nicht mit dem Zusatz „Internationale“) fand vom 20. bis 28. Februar 1926 statt, nachdem ein Mitarbeiter im Berliner Fremdenverkehrsamt die Idee hatte, die traditionelle Wintertagung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Berlin mit einer landwirtschaftlichen Ausstellung zu verbinden und damit den ohnedies stattfindenden Straßenverkauf landwirtschaftlicher Artikel an die Teilnehmer der Tagung in eine geordnete Form zu bringen. Im ersten Jahr wurden auf einer Ausstellungsfläche von 7000 m² bereits 50.000 Besucher gezählt. Ihren Namen verdankt die Messe den damals häufig in grüne Lodenmäntel gekleideten Forst- und Landwirtschaftsbesuchern.

Zeit des Nationalsozialismus

Ab 1933 war die Grüne Woche in die nationalsozialistische Ideologie eingebunden. Eine umfassende Aufarbeitung der Geschichte der Grünen Woche in dieser Zeit steht noch aus. Bis 1939 fand die Grüne Woche jedes Jahr statt, mit Ausnahme von 1938 wegen der damals grassierenden Maul- und Klauenseuche.

Neustart 1948

Nach kriegsbedingter Pause gab es die Grüne Woche ab 1948 erneut. Nachdem sie 1950 wegen größerer Bauarbeiten ausfallen musste, fand sie ab 1951 wieder in jährlichem Rhythmus statt. Die Beteiligung ausländischer Aussteller stieg ab diesem Zeitpunkt kontinuierlich, im Jahr 1963 machten sie bereits zwei Drittel aller Teilnehmer an der Leistungsschau aus. Seit den 1990er Jahren erlebte die Grüne Woche durch die deutsche Wiedervereinigung und die Öffnung des Ostblocks einen besonderen Aufschwung. Sonderschauen zu Themen wie „Käse aus Deutschland“ und ein fachliches Rahmenprogramm mit z.B. im Jahr 2005 über 250 Vorträgen, Seminaren und Symposien runden die Messe ab.

21. Jahrhundert

Anlässlich der Grünen Woche findet in Berlin etwa zeitgleich seit 2008 jährlich die Welternährungskonferenz „Global Forum for Food and Agriculture“ statt und als dessen politischer Höhepunkt seit 2009 ein internationaler Agrarministergipfel im Auswärtigen Amt.

Die 80. Internationale Grüne Woche fand vom 16. bis 25. Januar 2015 statt. Im Sinne des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) aus dem Jahr 2011, „Gesellschaftsvertrags für eine Große Transformation“ mit seinem Postulat einer Abkehr von fossilen Brennstoffen als Grundlage der Ökonomie, hat der Begriff der Bioökonomie als neues Leitbild für die weltweite Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung das jährliche internationale Treffen der Landwirtschaftsminister auf dieser Veranstaltung bestimmt. Die Messe wurde von 415.000 Besuchern besucht, 5.000 mehr als im Vorjahr.

Vom 15. bis 24. Januar 2016 präsentierten sich 1660 Aussteller aus 65 Ländern. Die Russische Föderation, seit 1993 auf der Messe vertreten und seit 2006 einer der größten Aussteller, nahm nicht teil, da der Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschow aufgrund der Sanktionen der EU nach der Krimannexion durch Russland keine Einreiseerlaubnis erhalten hatte. Mit Marokko war erstmals ein nichteuropäisches Land Gastland. Die Zahl der Messe- und Kongressbesucher ging auf knapp 400.000 zurück, davon waren gut 100.000 Fachbesucher.

Im Jahr 2018 nahm Russland trotz weiterbestehender Sanktionen der EU wieder teil, allerdings in eingeschränkter Form (der russische Landwirtschaftsminister kam bereits 2017 wieder zum Agrarministertreffen und sprach auf der Welternährungskonferenz). Nach längerer Abwesenheit waren auch Schweden, Japan und Kasachstan wieder dabei. Erstmals war das Emirat Katar auf der Messe vertreten. Im Rahmen der Grünen Woche fand erstmals die Hippologica statt.

Am 20. August 2020 teilte die Messe Berlin mit, dass die Internationale Grüne Woche 2021 aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht als Publikums- bzw. Verbrauchermesse, sondern nur als Fachveranstaltung ohne Ausstellung stattfinden sollte. Am 16. November 2020 folgte die Ankündigung, dass die Grüne Woche ohne Publikum als rein digital übertragene Veranstaltung durchgeführt werde. Diese fand am 20. und 21. Januar 2021 unter dem Titel IGW Digital 2021 statt. Über das Live-Streaming-Portal der Messe konnten über 100 Programmbeiträge kostenfrei abgerufen und nach Angaben des Veranstalters mehr als 20.000 Nutzer erreicht werden. Die Grüne Woche 2022 war für den 21.–30. Januar 2022 geplant. Am 26. November 2021 sagte die Messe Berlin diese jedoch wegen der fortwährenden Pandemie ab. Lediglich eine Pressekonferenz und Talkrunde fanden am 20. Januar 2022 statt.

Nebenausstellungen und -konferenzen

GFFA

Das Global Forum for Food and Agriculture (GFFA), eine internationale Konferenz zu agrar- und ernährungspolitischen Fragen, findet seit 2008 parallel zur Internationalen Grünen Woche in Berlin statt. Die Konferenz wird veranstaltet vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Kooperation mit dem Senat von Berlin, der Messe Berlin und dem Verein GFFA Berlin e.V. Beim GFFA diskutieren Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu einem Schwerpunktthema, meist aus dem Bereich Ernährungssicherung. Am letzten Konferenztag findet als Höhepunkt des GFFA die Berliner Agrarministerkonferenz mit rund 70 Agrarministern sowie Vertretern internationaler Organisationen (wie FAO, OECD, WTO und Weltbank) statt. Im Januar 2023 lag der Fokus des Fachpodiums darauf, Transformationsprozesse zu entwerfen, die die davon am direktesten betroffenen vulnerablen Gruppen nicht vom Prozess ausschließen.

Hippologica

Seit 2018 findet im Rahmen der Grünen Woche die Hippologica, ein viertägiges Hallenreitsportturnier mit angeschlossener Pferdemesse, statt. Es finden Wettkämpfe in Springen, Dressur und Voltigieren statt. Außerdem wird ein Zweispänner-Hindernisfahren ausgetragen.

Offizielle Partnerländer

Seit 2005 gibt es jährlich ein offizielles Partnerland auf der Grünen Woche.

2005:  Tschechien
2006: Russland
2007:  Deutschland
2008:  Schweiz
2009:  Niederlande
2010:  Ungarn
2011:  Polen
2012:  Rumänien
2013:  Niederlande
2014:  Estland
2015:  Lettland
2016:  Marokko
2017:  Ungarn
2018:  Bulgarien
2019:  Finnland
2020:  Kroatien
2023:  Irland

Begleitende Proteste

Die Grüne Woche wird seit einigen Jahren von Protesten unter dem Motto Wir haben es satt! begleitet. Die Bewegung sieht sich selbst als globale Bewegung für Klimagerechtigkeit und konsequenten Klimaschutz. Zum Auftakt 2013 protestierten 25.000 Menschen gegen die Massentierhaltung, den übermäßigen Einsatz von Antibiotika bei Masttieren und forderten eine Agrarwende. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Hubert Weiger, sagte auf der Abschlusskundgebung 2013: „Hinter dem schönen Schein der Messestände verbirgt sich millionenfaches Tierleid.“ Ina Müller-Arnke, Nutztierexpertin von Vier Pfoten sieht „absolut keine Notwendigkeit, Tiere auf Messen auszustellen […] die Tiere werden aus der gewohnten Umgebung herausgerissen und von der vertrauten Herde getrennt“. Auch 2015 protestierten Zehntausende (nach Angaben der Polizei 25.000, nach denen der Veranstalter 50.000).

Literatur

  • Sven Schultze: „Land in Sicht“? Agrarexpositionen in der deutschen Systemauseinandersetzung. be.bra verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-95410-103-0.

Einzelnachweise

  1. Messe Berlin (29. Januar 2023): Grüne Woche 2023: Starkes Comeback zum Jahresanfang.
  2. Berliner Morgenpost: Woher die Grüne Woche ihren Namen hat. 14. Januar 2010, abgerufen am 21. Januar 2023 (deutsch).
  3. Grüne-Woche-Jubiläum Macht reinen Tisch mit eurer Nazi-Vergangenheit! Archiviert vom Original; abgerufen am 21. Januar 2023.
  4. Pressemitteilung: Historie der Grünen Woche (Memento vom 24. März 2016 im Internet Archive) abgerufen am 14. Januar 2015.
  5. deutschlandfunk.de: Grüne Woche - Bioökonomie - Schwerer Sprung vom Labor in die Industrie. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  6. GFFA. In: Global Forum for Food and Agriculture 2023. 21. September 2022, abgerufen am 21. Januar 2023 (deutsch).
  7. Grüne Woche in Berlin ohne Russland: Einer der größten Aussteller bleibt der Messe schweigend fern. In: Der Tagesspiegel Online. (tagesspiegel.de [abgerufen am 21. Januar 2023]).
  8. Grüne Woche – Russischer Minister darf nicht einreisen. (Memento vom 16. Januar 2016 im Internet Archive) Deutschlandfunk, 15. Januar 2016.
  9. Abschlußbericht Grüne Woche 2016: Leitmesse der Agrarwirtschaft bilanziert erfolgreiche Geburtstagsausgabe. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  10. Internationale Grüne Woche 2021 findet ausschließlich digital statt. Archiviert vom Original; abgerufen am 21. Januar 2023.
  11. Internationale Grüne Woche 2021 findet ausschließlich digital statt (16. November 2020) - Internationale Grüne Woche. 27. November 2020, abgerufen am 21. Januar 2023.
  12. Messe Berlin: Grüne Woche startet erstmals als reine Online-Ausgabe. In: rbb24. 20. Januar 2021, abgerufen am 21. Januar 2023.
  13. ABSCHLUSSBERICHT - Erfolgreicher Abschluss der IGW Digital (22. Januar 2021) - Internationale Grüne Woche. 27. Januar 2021, abgerufen am 21. Januar 2023.
  14. Messe Berlin reagiert auf aktuelle Corona-Welle. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  15. Veranstalter sagen Grüne Woche 2022 ab. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  16. Grüne Woche 2022 abgesagt. Abgerufen am 29. November 2021.
  17. Internationale Grüne Woche - Spotlights. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  18. Über das GFFA. In: Global Forum for Food and Agriculture 2023. 21. September 2022, abgerufen am 21. Januar 2023 (deutsch).
  19. GFFA 2023: Notlösung oder Königsweg. In: Welthungerhilfe. Abgerufen am 3. April 2023.
  20. HIPPOLOGICA Berlin - Startseite. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  21. Historie der Grünen Woche: Von einer lokalen Warenbörse zur Weltmesse (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) abgerufen am 18. Januar 2015.
  22. Website der Internationalen Grünen Woche Berlin (Memento vom 16. Januar 2018 im Internet Archive) abgerufen am 15. Januar 2018.
  23. Jost Maurin: Demonstration zur Grünen Woche: Umweltschützer fordern Agrarwende. In: Die Tageszeitung: taz. 22. Januar 2012 (taz.de [abgerufen am 21. Januar 2023]).
  24. Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. (Memento vom 5. November 2013 im Internet Archive; PDF; 5,1 MB) Heinrich-Böll-Stiftung, S. 47.
  25. Aufruf. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  26. Grüne Woche: 25.000 Demonstranten fordern eine Agrarwende - WELT. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  27. Kühe im Messestress: Darum sehen Tierschützer die Grüne Woche kritisch. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 21. Januar 2023]).
  28. Badische Zeitung: Zehntausende demonstrieren gegen Agrarfabriken. 19. Januar 2015, abgerufen am 21. Januar 2023.
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