Die Große Stadtschule Rostock war von 1580 bis 2005 (außer 1959 bis 1991) ein humanistisches Gymnasium der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Seit 2005 ist die Einrichtung zusammen mit dem Goethegymnasium Rostock im Innerstädtischen Gymnasium (ISG) am Goetheplatz aufgegangen.

Name

Die Bezeichnung „Große Stadtschule“ hebt sich ab von den „kleinen“ städtischen Schulen, in denen im 16. Jahrhundert die Elementarkenntnisse und ein wenig Latein gelehrt wurden. Diese bestanden an den vier Gemeindekirchen in Rostock sowie als private Winkelschulen. Die Große Stadtschule sollte gezielt auf ein Studium an der Rostocker Universität vorbereiten und die dazu nötigen Kenntnisse in den alten Sprachen vermitteln. Den Namen gibt es aber offiziell erst seit 1828, davor waren folgende Namen üblich: schola inferior (im Gegensatz zur schola superior an der Universität), schola Senatus oder schola publica. Einen gleichen Namen trägt die Große Stadtschule Wismar.

Geschichte

Mit der Reformation ging ein neues Interesse an den „heiligen Sprachen“ Latein, Griechisch und Hebräisch einher, um die Bibel im Original lesen zu können. Martin Luther forderte dies von christlichen Schulen, der „praeceptor Germaniae“ Philipp Melanchthon lieferte das Konzept für die protestantische humanistische Gelehrtenschule. 1534 wurden auf Initiative des Syndicus der Stadt Rostock, Dr. Johann Oldendorp, durch den Rat die bisher vier Gemeindeschulen vereinigt und im Gebäude des Dominikanerordens, dem Johanniskloster, eine Lateinschule errichtet – nicht zur Zufriedenheit aller Eltern, denen die Schulwege zu lang waren und die mehr auf praktische Fähigkeiten Wert legten. Der erste Rektor war Johannes Bronkhorst. Nach seinem Weggang 1546 verfiel die erste Gründung schnell, und die alten Gemeindeschulen wurden wieder betrieben.

Auch zur Qualitätssteigerung der durch die Reformation heruntergekommenen Universität Rostock unternahm der Rat neue Versuche einer Schulgründung, die 1579 zum Ziel führten. Erneut wurde das alte Klostergebäude genutzt, als erster Rektor der Professor der Poetik Nathan Chyträus für 100 Taler jährlich sowie eine Dienstwohnung gewonnen. Am 1. Februar 1580 begann der Schulbetrieb in vier Klassen (Quarta bis Prima) mit weiteren fünf Lehrern. Vor dem Eintritt mit sechs oder sieben Lebensjahren lag noch eine Klasse für den Elementarunterricht, das Vorrücken in die nächste Klasse geschah nach Leistungsfortschritt. Eine lateinische (aufgelegt bis 1694) und eine griechische Schulgrammatik, eine Anfangslektüre mit lateinischen Dialogen sowie ein lateinisch-niederdeutsches Wörterbuch („Nomenclator latino-saxonicus“ mit 19 Auflagen bis 1659) entstanden. Der Griechischunterricht begann mit dem Neuen Testament. Auch die geistliche Musik, die den Gottesdienst der vier Stadtgemeindekirchen bereicherte, wurde gepflegt. Der Religionsunterricht an Sonnabenden und Festtagen stützte sich auf die „Catechesis“ des Bruders David Chyträus. Wegen seiner Annäherung an den Calvinismus wechselte Nathan Chyträus 1593 von Rostock an die Bremer Gelehrtenschule. Seine Studienordnung blieb noch für 250 Jahre maßgeblich.

In der Franzosenzeit nach 1807 löste sich der Schulbetrieb fast gänzlich auf. Danach setzte langsam ein Wiederaufschwung ein, der in der neuen Schulordnung von 1828 sichtbar wurde. Die neuhumanistischen Reformen wurden mit einigen Konzessionen an eine parallel gegründete Bürgerschule (eine Realschule, auch wegen der Bildungswünsche der kaufmännisch tätigen Eltern) in Rostock eingeführt. 1867 bezog die Schule das heute noch erhaltene Gebäude am Rosengarten an der Wallstraße. 1876 wurde vom Gymnasium ein Realgymnasium (später Sieben-Linden-Schule) abgetrennt. 1911 lernten 1026 Schüler bei 58 Lehrern. Eine Oberrealschule (Blücherschule) und ein Mädchenzug (1909, ab 1930 als eigenes Lyzeum am Goetheplatz) traten hinzu.

Nach 1945 wurden aus Platznot zwei parallele Gymnasien im Gebäude an der Wallstraße untergebracht. Direktor Neumann musste 1948 aus politischen Gründen abtreten. Bis zur Schulreform in der DDR 1959 konnte noch das Abitur an der Großen Stadtschule abgelegt werden, dann entfiel der Name für die neue POSClara Zetkin“ im Gebäude. Nach der friedlichen Revolution wurde 1991 die Große Stadtschule als modernes Gymnasium mit altsprachlicher Tradition wiedererrichtet und bis zur Fusion mit dem Goethegymnasium zum Innerstädtischen Gymnasium Rostock im Jahr 2005 betrieben.

Das Gebäude in der Wallstraße wurde 2011 vom Konservatorium Rostock bezogen. Seit auch die Musikschule Carl Orff dort eingezogen ist, trägt das Bauwerk den Namen Haus der Musik.

Namhafte Lehrer

Bekannte Schüler

Literatur

  • Henrik Bispinck: Bildungsbürger in Demokratie und Diktatur. Lehrer an höheren Schulen in Mecklenburg 1918 bis 1961 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Bd. 79). Oldenbourg, München 2011, ISBN 978-3-486-59804-9 (Zugleich: Leipzig, Universität, Dissertation, 2008).
  • Hans Heinrich Kolz: Zur Geschichte der Großen Stadtschule und ihrer Tochtergründungen Realgymnasium Oberrealschule, Studienanstalt. Große Stadtschule, Rostock 1992.
  • Walther Neumann (Hrsg.): Die Große Stadtschule zu Rostock in 3 1/2 Jahrhunderten. Große Stadtschule, Rostock 1930.
  • Olaf Wildt (Hrsg.): 425 Jahre Große Stadtschule Rostock. Festschrift zum Schuljubiläum 2005. (1580–2005). Ingo Koch Verlag, Rostock 2005, ISBN 3-937179-90-9.
Commons: Wallstraße 1 (Rostock) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Mecklenburger in der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Seite 43

Koordinaten: 54° 5′ 12″ N, 12° 8′ 11,2″ O

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