Das Amerlinggymnasium (ehemals: Mariahilfer Gymnasium) ist ein Gymnasium im Wiener Stadtteil Mariahilf.
Geschichte
Kurz nach ihrer Gründung im Jahr 1864 übersiedelte die Schule 1869 in das von der Gemeinde Wien von der Familie Esterházy erworbene, ursprünglich barocke Palais Kaunitz-Esterházy. Dieses Palais war zu Schulzwecken durch den städtischen Oberingenieur Georg Haussmann nach Aufsetzen eines 2. Stockwerks aufwändig, nach dem neuesten Stand der Technik funktional, adaptiert worden.
Auf der Wiener Weltausstellung 1873 wurde nicht nur das Gebäude in Plänen und Ansichten als exemplarisch moderner Schulbau präsentiert, sondern auch prominente anthropologische und zoologische Sammlungsbestände des Gymnasiums, die nach zeitgenössischer Darstellung „vergleichbaren universitären Sammlungen in keiner Weise nachstanden“, gezeigt. Diese hatte der erste Direktor der Schule, Benedikt Kopezky, angeschafft.
Während der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg war im Hauptgeschoss des Gebäudes das Lycée Français de Vienne untergebracht. Nach Auszug der französischen Schule wurden zwischen 1955 und 1960 unter der Direktion Friedrich Wotkes von der Bundesgebäudeverwaltung eine Reihe von Sanierungsarbeiten am und im Gebäude durchgeführt, wobei auch das Deckenfresko im barocken oktogonalen Festsaal von Antonio Marini, "Der Olymp", (1819) vom Bundesdenkmalamt restauriert wurde. 1964 wurde in einer Reihe von Veranstaltungen das 100-jährige Bestehen des Gymnasiums gefeiert.
1967 wurde auf Betreiben der neuen Schulleitung und der Bundesgebäudeverwaltung eine Aufhebung des Denkmalschutzes durchgesetzt, worüber die Öffentlichkeit erst im Herbst 1970 beim Auszug des Schulbetriebes in ein "Übergangsgebäude" in der Westbahnstraße erfuhr. Heftige Proteste in den Medien, auch von Seiten bekannter Persönlichkeiten, konnten die Abbrucharbeiten nicht verhindern. Anstelle des damaligen Gebäudes wurde das heutige Schulgebäude in der Amerlingstraße errichtet.
Abgesehen von nur wenigen Bauelementen konnte auf Betreiben des "Aktionskomitees SOS für Wien" das Deckenfresko des Festsaals gerettet werden; es wurde erst 1982 an der Decke des neu geschaffenen Auktionssaales des Kunstpalais Dorotheum – im vormaligen Palais Eskeles – wieder appliziert. Seit 1993 befindet sich im Palais Eskeles das Jüdische Museum der Stadt Wien (Jüdisches Museum Wien). Seither ist das Marini-Fresko durch Abhängung der Decke für die Öffentlichkeit verborgen.
Direktoren
- 1864–1872: Benedikt Kopezky
- 1872–1893: Erasmus Schwab
- 1893–1897: Josef Steiner
- 1897–1910: Viktor Thumser
- 1910–1918: Gustav Ficker
- 1920–1925: Emil Schreiber
- 1925–1938: Leo Lenz
- 1938–1945: Anton Strebinger
- 1945–1948: Rudolf Kuppe
- 1948–1958: Friedrich Wotke
- 1959–1976: Wilhelm Morawietz
Absolventen (Auswahl)
Schriften
- Schulprogramme des K. K. Staatsgymnasiums im VI. Bezirke von Wien, 1897–1915 Digitalisat
Literatur
- Heinz P. Adamek: Das Palais Albrechtsburg-Kaunitz-Esterházy in Mariahilf. In: Mariahilf – Kultur und Umwelt – Dokumentation einer Veränderung im Oktober 1982; Katalog zur Plakatausstellung Was ist los in Mariahilf?. Wien: Rema-Print 1982.
- Edgard Haider: Verlorenes Wien – Adelspaläste vergangener Tage. Wien 1984, ISBN 3-205-07220-0.
- Heinz P. Adamek: Geschichte eines Wiener Palais – Palais europäischer Geschichte. In: Jahresbericht Mariahilfer Gymnasium. Wien 1989, S. 53 ff.
- Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien – Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. Wien 2005, ISBN 3-8258-7754-X.
Einzelnachweise
- ↑ Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien. LIT Verlag Münster, 2005, ISBN 3-8258-7754-X, S. 165–166 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Koordinaten: 48° 11′ 50″ N, 16° 21′ 5″ O