Dieses Hammerwerk ist eine Baugruppe zur Turmuhr, die aus Hammer mit drehbeweglichem Stiel, Feder und nahe hängender Glocke (Schlag- oder Läuteglocke) besteht.
Hörbar für die Menschen in der Umgebung erzeugt der drehbewegte Hammer durch Schlag auf die Glocke die Anzahl von Einzeltönen entsprechend der vollen Stunden.
Die Schlagfolge der Stunden 1 bis 12 ist im Abstand von ca. 2 Sekunden an klar begrenzten Einzeltönen wahrnehmbar und ohne falschen Nachschlagston hörbar.
Die fast 1000-jährige Geschichte zeigt, dass die Hammer-Mechanik für Uhrschlag nur mit Hilfe einer Feder oder eines federnden Bauteils derartige Einzeltöne erzeugt.
Die Schwerkraft, die Federkraft und seit ca. 100 Jahren zusätzlich die elektromagnetische Kraft werden genutzt, um diese Einzeltöne aus den Hammerschlägen zu erhalten.

Der Hammer mit seinem Stiel hat folgende Merkmale:

  • Der Stiel ist biegesteif und besteht aus Schmiedeeisen und der Hammerkörper selbst aus Schmiede- oder Gusseisen.
  • Der Stiel hat mit folgender Feder= diesen Kontakt: Prellfeder= immer, Anschlagfeder= kurz vor Schlag, Gummipuffer (am Big Ben)= minimal vor Schlag des Hammers.
  • Der Hammer mit Stiel wird mechanisch zum Hochziehen relativ langsam bewegt und ist drehbeweglich (Trägheitsmoment), weil der Stiel mit einer Achswelle verbunden ist.
  • Der Hammer mit Stiel wird elektrisch zum Anschlagen relativ schnell und wie vor drehend bewegt durch die Kraft aus einem Magnetfeld am modernen Magnethammerwerk.

Die Feder kann vier Formen haben: 1. Prellfeder (einfache Blattfeder), 2. Anschlagfeder (abgewinkelte Blattfeder), 3. Druckfeder (Schraubenfeder) und 4. Gummipuffer.
Als Feder muss sie funktionell 1. den fallenden Hammer bis zum Schlag an die Glocke tragen und ihn 2. nach dessen Rückprall sofort von der Glocke wegtreiben.
Funktion 2. macht die Feder notwendig, weil die sofort wegtreibende Federkraft am zurückgeprallten Hammer dessen falschen Nachschlag an die Glocke verhindert.

Geschichte: Notwendige Feder / Federkraft für Uhrschlag bis zum heutigen Hammerwerk

Belegt ist im Jahr der Federname: 1090 Bambusfeder in China, 1300 Feder, 1336–1400 Feder, 1771 Schlagfeder, 1781 Schlagfeder, 1827 Schlagfeder, 1834 Prellfeder, und 1843 Prellfeder („Frühes Hammerwerk“).

Im frühen 14. Jahrhundert gab es in den italienischen Städten Orvieto, Modena, Parma öffentliche Uhren. Sie waren meist Turmuhren mit sichtbarer Uhrzeit und hörbarem Glockenschlag. Die Einrichtung öffentlicher Uhren verbreitete sich im Verlauf des Jahrhunderts durch Europa bis nach England. Ein Beispiel ist die Räderuhr, die am 24. November 1385 im schweizerischen Luzern fertiggestellt war. Über mehr als fünf Jahrhunderte bildeten dann das Gehwerk und das Schlagwerk mit ihren jeweiligen Gewichtsaufzügen (Potenzielle Energie) sowie dem drehbeweglichen-Hammer-auf-der-Feder die drei rein mechanischen Einheiten einer schlagenden Turmuhr.
Im Preiscourant des Stadtuhrmachers und Mechanikus Johann Mannhardt in München aus dem Jahr 1843 sind Zeigerwerk, Uhrwerk (späteres Gehwerk), Abteilungsräderwerk, Schlagwerk, Nachschlagwerk und Prellfedern aufgeführt, ein Hammerwerk fehlt darin. Der schlagende Hammer war zu dem Zeitpunkt zwar bekannt, aber für damalige Hersteller weniger bedeutsam als die notwendige Prellfeder.

Die Bezeichnung Hammerwerk wurde von Turmuhrenherstellern frühestens ab Einsatz elektrischer Turmuhren im 19. und 20. Jahrhundert verwendet. Für die davorliegende Zeit bezeichnen wir das oben rechts im Foto und Video dargestellte zum Artikel passend als „Frühes Hammerwerk“. Mit elektrischen Motoren konnten die von Hand mit Kurbel betriebenen Gewichtsaufzüge nachgerüstet werden, um das denkmalgeschützte Geh- und Schlagwerk der Räderuhr zu erhalten. Bei einer neuen Turmuhr wurde anstelle des Gehwerkes eine elektrische Turmuhr mit Ziffernblatt und Zeigern eingebaut. Es folgte ein elektrisches Schlagwerk, welches heute Hammerzugwerk, Motor-Anschlagwerk oder auch Hubwerk genannt wird. Letztlich bezeichneten die Uhrenbauer die für Uhrschlag zuständige Baugruppe als Hammerwerk.

Situation heute

Es gibt mehrere Hammerwerk-Ausführungen: 1. Hammerwerk mit Prellfeder (oder mit Anschlagfeder), 2. Hammerwerk mit Gummipuffer und 3. Magnethammerwerk.

Das Hammerwerk mit Prellfeder oder Anschlagfeder besteht aus dem gegen eine Glocke schlagenden Hammer mit elastischem Anschlag als Blattfeder (Federform 1. und 2.).
Zum Schlagen wird der Hammer am „Frühen Hammerwerk“ vom Hebnägelrad des Schlagwerkes in der mechanischen Räderuhr oder vom elektrischen Hammerzugwerk (oder Motor-Anschlagwerk oder Hubwerk) auf Höhe gezogen, bis er fällt. Das geschieht durch ein Zugelement (Draht, Drahtseil), welches über Drehpunkte von Flachwinkeln/Rollen umgelenkt wird. Vom elektrischen Hammerzugwerk in Verbindung mit einer elektrischen Turmuhr wird der Hammer zeitzeichengenau entsprechend der vollen Stunden 1× bis 12× aufgezogen bis zum Fall aus der Höhe, Schlag und anschließenden Einzelton. Die historisch bewegte Hammermasse ist 6 bis 8 kg, bei Neueinbau (elektrische Zeit) 1 bis 2 kg.

Am Hammerwerk in 39264 Gödnitz (sh. Foto) mit 6 mm dicken genormten und gebogenen Flachstahl als Prellfeder-Ersatz ist in Ruhelage der Hammerabstand nur 3 bis 4 mm zur Glocke. Genormter Flachstahl hat einen viel geringeren Elastizitätsmodul als Federstahl. An diesem Flachstahl ist somit die zulässige Durchbiegung ohne bleibende Verformung wesentlich geringer als am 2 mm dicken Federstahl der Prellfeder. Mit genormtem Flachstahl fällt also der Hammer viel stärker gedämpft als mit einer Prellfeder. Aus der stärkeren Dämpfung resultieren schwächerer Glockenschlag und demzufolge leiserer Ton als am „Frühen Hammerwerk“ mit Prellfeder.

Der 13,5 to schwere Big Ben in London ist eine Schlagglocke zu einem „Frühen Hammerwerk“. Auf den ersten Blick ist keine Feder sichtbar. Dennoch wirkt bei Hammer-Schlag eine elastische Federkraft aus dem festverbauten „Steigbügel“ (engl. stirrup) neben dem Hammerweg, welche mittels Gummipuffer die Rückprallkraft zur Glocke zurück eliminiert. Falscher Glockenkontakt wird durch minimalsten Luftzwischenraum verhindert. Klare Einzeltöne ohne falschen Nachschlag erklingen in der Schlagfolge von ca. 4 Sekunden.

Beim Magnethammerwerk erübrigt sich die Bewegungsübertragung mittels Zugelement, denn elektrischer Strom bewirkt den Start des Hammerwerks. Diesen Strom schaltet eine elektrische Turmuhr, die in Westeuropa frequenzverbunden ist mit dem Zeitzeichensender DCF77 in Mainflingen. Eine stromdurchflossene Spule um den Eisenkern erzeugt Magnetkraft, welche schnell die Eisenplatte am Hammer anzieht und den Glockenschlag erzeugt. Mitbewegt und gespannt wird dabei auch eine spiralförmig gewundene Druckfeder (Federform 3.) um einen Rundstahl, wobei diese völlig andere Federform ebenfalls falschen Hammer-Nachschlag an die Glocke verhindert.
Elektromagnetische Kraft ersetzt hier die bisherige Schwerkraft zum Hammer-Schlag an die Glocke.
Ein Magnethammerwerk ohne Feder ist denkbar bei zwei gleichen Kraftrichtungen (Rückprall + Schwerkraft), aber für den Glockenrand riskanter und für den Ton weniger effektiv.

Einzelnachweise

  1. Yumpu.com: 108 Lambertus Okken Danac. In: yumpu.com. Abgerufen am 4. November 2021.von Bambusfedern erzeugten Schall von Gong, Glocke,
  2. Yumpu.com: 96 Lambertus Okken Abbild. In: yumpu.com. Abgerufen am 4. November 2021.Federn bewirkten, daß die Hämmer..,
  3. 302 Moved. In: google.de. Abgerufen am 3. November 2021. Stunden-Uhrschlagen in Mailand 1336 bis 1400 Federzuguhren
  4. Peter Nathanael Sprengel, Otto Ludwig Hartwig: P. N. Sprengels Handwerke und Künste in Tabellen. Mit Kupfern. Stahl- und Eisenarbeiter. Im Verlag der Buchhandlung der Realschule, 1771, S. 285 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche) Die Schlagfeder muß federhart sein
  5. Johann Karl Gottfried Jacobsson: Johann Karl Gottfried Jacobssons Technologisches Wörterbuch, oder, Alphabetische Erklärung aller nützlichen mechanischen Künste, Manufakturen, Fabriken und Handwerker. Bey Friedrich Nicolai, 1781 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche) Die Schlagfeder muß in der Lage sein, daß sie den Hammer nach jedem Schlag gleich wieder von der Glocke entfernt.
  6. Johann Georg Krünitz: Oekonomische encyklopädie. J. Pauli, 1827, S. 165 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche) Schlagfeder-in der Uhr mit einem Schlagwerke die Feder, welche den Hammer zum Schlagen an die Glocke der Uhr leitet und treibt
  7. Johann Wilhelm Andreas Pfaff: Die Gesamt-Naturlehre für das Volk und seine Lehrer. S. 67 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)hier eine Prellfeder, oder, wenn es die Gestalt mit sich bringt, eine Prellstange
  8. Oberfranken (Regierungsbezirk): Königlich Bayerisches Intelligenz-Blatt für Oberfranken. S. 356 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche) im Preiscourant enthalten: Abtheilungsräderwerk, Hammer, Wechsel, Prellfedern, Uhrrost
  9. Staatsarchiv Luzern (CH) – 1385 – erste Turmuhr mit Uhrschlag in Luzern, abgerufen am 19. September 2021
  10. Karl Scheibe, Josef Stamm: Uhr und Strom: Ein Handbuch über elektronische Uhren. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, Berlin/Boston 2019, ISBN 978-3-486-77447-4, S. 131 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche Erstausgabe: 1943).
  11. Perrot: Turm-Uhren – Schlagwerke – Hammerwerke. Abgerufen am 10. April 2021.: „Das Aufsitzen des gußeisernen Anschlaghammers wird durch eine speziell wärmebehandelte Prellfeder verhindert.“
  12. Zacharia Turmuhren: Magnethammerwerke
  13. (Prellfeder(Hubwerk Typ 24/01)-u.Magnethammerwerk, Fa. Hoertz 89297 Biberach (BY))
  14. Glocken im Glockenturm des Palace of Westminster „Gummipuffer, der den Glockenhammer in kurzer Entfernung von der Glocke hält; Verwechseln Sie den Hammer nicht mit dem Steigbügel, in dem er sich bewegt.“ Abgerufen am 15. Dezember 2021.
  15. Youtube-Video zum Glockenschlag am Big Ben
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.