Hans Hermann von Katte (* 28. Februar 1704 in Berlin; † 6. November 1730 in Küstrin) war ein Leutnant der preußischen Armee und Jugendfreund Friedrichs II. Katte wurde auf Anordnung von Friedrich Wilhelm I., König in Preußen hingerichtet.

Jugend

Er stammte aus dem altmärkischen Adelsgeschlecht von Katte und war der Sohn des späteren Generalfeldmarschalls Hans Heinrich von Katte (1681–1741) und dessen erster Frau Dorothea Sophie (1684–1707), Tochter des Generalfeldmarschalls Alexander Hermann von Wartensleben. Nach dem Tod seiner Mutter wuchs er bei Verwandten in Kring van Dorth bei Deventer, in Berlin und auf Wust auf. Nachdem er von 1717 bis 1721 das Hallesche Pädagogium besucht hatte, studierte er einige Semester in Königsberg und Utrecht und unternahm eine ausgedehnte Kavaliersreise.

Im Jahre 1724 trat er in das Kürassierregiment Gens d’armes ein, wo er 1729 zum Leutnant und 1730 zum Premierleutnant aufstieg. Zusammen mit seinem Vater wurde er 1728 zum Ritter des Johanniterordens geschlagen.

Friedrich II.

Wann sich Katte und Friedrich II. zum ersten Mal begegneten, ist nicht bekannt. Als sie 1729 gemeinsam an privatem Unterricht in Mathematik und Mechanik teilnahmen, kamen sie sich rasch näher. Am acht Jahre älteren Katte bewunderte Friedrich II. die Weltgewandtheit. Beide interessierten sich für das Flötenspiel und die Dichtkunst. Karl Ludwig von Pöllnitz berichtet, die beiden seien miteinander umgegangen „wie ein Liebhaber mit seiner Geliebten“. Im Frühjahr 1730, während der Manövertage eines von August dem Starken in Zeithain ausgerichteten Lagers (Lustlager von Zeithain), geriet der Kronprinz in heftigen Streit mit seinem Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. Auf Schloss Promnitz offenbarte Friedrich seinem Freund Katte den Plan, nach Frankreich zu fliehen, um sich der Erziehungsgewalt seines strengen und bisweilen brutalen Vaters zu entziehen. Katte versuchte zwar, ihn davon abzuhalten, unterstützte ihn aber schließlich doch. Friedrich versuchte am 5. August 1730 zusammen mit dem Pagen Keith erfolglos, aus seinem Reisequartier bei Steinsfurt zu fliehen, während Katte, der die Verbindung in Potsdam hielt, durch einen kompromittierenden Brief als Mitwisser entlarvt und wenig später verhaftet wurde.

Hinrichtung

Am 27. August 1730 wurde Katte vor Friedrich Wilhelm I. geführt. Er warf sich dem König zu Füßen und wurde von ihm im Jähzorn geschlagen und getreten. Angeblich soll er dabei Katte auch das Johanniterkreuz vom Hals gerissen und fortgeworfen haben, doch dies ist nicht belegt. Die Familie ließ Katte auf dem nach seiner Hinrichtung fertiggestellten Porträt durch Georg Lisiewski mit dem Ordenskreuz zeigen, jedoch ohne die auf dem Kürass unter dem Hals angebrachte „Chiffre“ aus vergoldetem Messing mit den gekrönten Initialen FW Friedrich Wilhelms. Der König drohte, den Kronprinzen und Katte wegen Fahnenflucht hinrichten zu lassen. Beide wurden vor ein Kriegsgericht im Schloss Köpenick gestellt (Kronprinzenprozess) und Katte zu lebenslanger Festungshaft verurteilt (hinsichtlich des Kronprinzen erklärte sich das Gericht für nicht zuständig). Friedrich Wilhelm I. verschärfte die Verurteilung v. Kattes in ein Todesurteil und ordnete die Exekution durch Enthauptung an. Auch Friedrichs Schwester Wilhelmine wurde wegen Mitwisserschaft angeklagt und beide über ein Jahr streng isoliert festgehalten.

Katte verfasste einen Abschiedsbrief an seinen Vater. Diesen Brief hatte er lediglich auf lose Zettel notiert. Der das Überführungskommando leitende Major von Schack versprach, für eine Abschrift des Briefes zu sorgen.

„In Thränen, mein Vater, möcht’ ich zerrinnen, wenn ich daran gedenke, daß dieses Blatt Ihnen die größte Betrübniß, so ein treues Vaterherze empfinden kann, verursachen soll; daß die gehabte Hoffnung meiner zeitlichen Wohlfahrt und ihres Trostes im Alter mit einmal verschwinden muß, daß Ihre angewendete Mühe und Fleiß in meiner Erziehung zu der Reife des gewünschten Glücks sogar umsonst gewesen, ja daß ich schon in der Blüthe meiner Jahre mich neigen muß, ohne vorher Ihnen in der Welt die Früchte ihrer Bemühungen und meiner erlangten Wissenschaften zeigen zu können. Wie dachte ich nicht, mich in der Welt empor zu schwingen, und Ihrer gefaßten Hoffnung ein Genüge zu leisten; wie glaubte ich nicht, daß es mir an meinem zeitlichen Glück und Wohlfahrt nicht fehlen könnte; wie war ich nicht eingenommen von der Gewißheit meines großen Ansehens! Aber alles umsonst! wie nichtig sind nicht der Menschen Gedanken: mit einmal fällt alles über einen Hauffen, und wie traurig endiget sich nicht die Scene meines Lebens, und wie gar unterschieden ist mein jetziger Stand von dem, womit meine Gedanken schwanger gegangen; ich muß, anstatt den Weg zu Ehren und Ansehen, den Weg der Schmach und eines schändlichen Todes wandeln […] Fassen Sie sich demnach, mein Vater, und glauben Sie sicherlich, daß Gott mit mir im Spiel, ohne dessen Willen nichts geschehen, auch nicht einmal ein Sperling auf die Erde fallen kann! […] Unterdessen danke mit kindlichem Respekt für alle mir erwiesene Vatertreue, von meiner Kindheit an bis zur jetzigen Stunde […] Nun ist nichts mehr übrig, als daß ich mit diesem Trost schließe: Haben Sie gleich, mein Vater, nichts Hohes und Vornehmes in dieser Welt an mir erlebet, o! so seien Sie versichert, daß Sie desto höher im Himmel finden werden, Ihren bis im Tode getreuen Sohn. Hans Hermann“

Der König soll seinen Sohn gezwungen haben, der Hinrichtung in der Festung von Küstrin zuzuschauen. Reinhold Koser schrieb in seinem Beitrag für die Allgemeine Deutsche Biographie, Friedrich sei bereits nach Abschiedsrufen an Katte, der unter seinem Fenster vorbeigeführt wurde, in Ohnmacht gefallen. A. L. Rowse (siehe unten) schloss sich 1977 dieser Meinung an. Die Gründe, die den König zu solchen drastischen Maßnahmen greifen ließen, erklären sich nur zum Teil aus dem Gleichheitsprinzip, nach dem alle Untertanen ohne Unterschied im Falle von Fahnenflucht und Hochverrat mit dem Tode bestraft werden sollten. In der Kabinettsorder an das Kriegsgericht verstärkt Friedrich Wilhelm I. mit dem Ausspruch fiat iustitia aut pereat mundus die Gültigkeit des Gleichheitsgrundsatzes auch und gerade für den Adel. Möglicherweise wollte der König zugleich an der gesamten Familie Katte ein Exempel statuieren. Dem widerspricht hingegen die Gewährung einer milderen Form der Exekution unter Berücksichtigung der Leistungen der Familie Katte („in consideration seiner Familie“, 64. Kabinettsorder).

Forscher vermuten, dass der König Katte als Verführer seines Sohnes angesehen und sich mit dem Todesurteil an den ihm verhassten effeminierten Neigungen seines Sohnes gerächt habe.

Auch an seinen Großvater Wartensleben ist ein Abschiedsbrief vom 2. November 1730 überliefert, veröffentlicht 1858.

Katte wurde in der Ostgruft der Kirche von Wust beigesetzt.

Nachwirkung

Katte-Richtschwerter“, mit denen Katte enthauptet worden sein soll, befinden sich im Frey-Haus des Stadtmuseums von Brandenburg an der Havel und im Märkischen Museum in Berlin.

Die Freundschaft zwischen Katte und dem Kronprinzen sowie das blutige Drama lieferten Stoff für zahlreiche Romane, Epen, Dramen, Bühnenwerke und Filme, die der erotischen Komponente mehr oder weniger Bedeutung beimaßen. Zu den Werken, in deren Mittelpunkt die Beziehung von Friedrich und Katte und deren tragisches Ende steht, gehören:

Literatur

Commons: Hans Hermann von Katte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel) 1908., 9. Jg., Justus Perthes, Gotha 1907-11. S. 376.
  2. Als glaubhafte Aussage zitiert bei Christopher Clark: Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600–1947. DVA. Stuttgart 2006, S. 135 und 800.
  3. Jürgen Kloosterhuis: Katte - Ordre und Kriegsartikel. Aktenanalytische und militärhistorische Aspekte einer „facheusen“ Geschichte. Duncker & Humblot, Berlin 2011, ISBN 978-3-428-13607-0, S. 11 f. und S. 41 (Anmerkung 132).
  4. Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Band 2 (Oderland) „Jenseits der Oder“ – Küstrin: Die Katte-Tragödie.
  5. 1 2 Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann – Ein biographisches Lexikon. Suhrkamp Taschenbuch, Hamburg 2001, ISBN 3-518-39766-4
  6. Gerhard Knoll: Katte, Hans Hermann von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 329 f. (Digitalisat).
  7. Richard Linsert: Kabale und Liebe. Über Politik und Geschlechtsleben. MAN-V, Berlin 1931, S. 248, 250
  8. Rowse erörtert die Möglichkeit, Katte sei der aktive Partner einer homosexuellen Beziehung mit Friedrich gewesen. Vgl. A. L. Rowse: Homosexuals in History: A Study of Ambivalence in Society, Literature and the Arts. Dorset Press, New York 1977, ISBN 0-88029-011-0.
  9. Julius Graf von Wartensleben: Nachrichten von dem Geschlechte der Grafen von Wartensleben. Biographische Nachrichten. II. Abtheilung. Nachrichten über die auf dem Stammbaum, Brief. Gnädiger Gros - Papa. Albert Nauck und Comp., Berlin 1858, S. 61–62 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 7. Juli 2022]).
  10. Hans Schmid: Das Dritte Reich im Selbstversuch (17): Der alte und der junge König – Teil 1. In: Heise.de. Telepolis, 26. Oktober 2014, abgerufen am 30. Juli 2017.
  11. Raoul Mörchen: Die Wunde der Hohenzollern. In: Berliner Zeitung, 8. Oktober 1998.
  12. Bringt mir den Kopf des Hochverräters Fritz. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. November 2011, S. 32.
  13. musicalzentrale - Friedrich - Mythos und Tragödie - spotlight musicals GmbH Fulda - Keine aktuellen Aufführungstermine. Abgerufen am 23. April 2020.
  14. Michael Roes: Zeithain. In: schoeffling.de. Abgerufen am 30. Juli 2017 (PDF; 1,5 MB).
  15. Wolfgang Schuller: Unausgeglichen beim Kronprinzen. Rezension der 1. Aufl., Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. September 2006 bei Buecher.de.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.