Hans Wilhelm Max Geißendörfer (* 6. April 1941 in Augsburg als Wilhelm Max Geißendörfer) ist ein deutscher Regisseur, Autor und Filmproduzent.
Leben
Geißendörfer wuchs als Kind einer Pfarrersfamilie in Neustadt an der Aisch auf. Sein Vater war Militärgeistlicher, der kurz nach seiner Geburt fiel. Er besuchte das Gymnasium Windsbach und machte das Abitur. Von 1962 bis 1967 studierte er Germanistik, Theaterwissenschaften, Psychologie und afrikanische Sprachen in Marburg, Erlangen, Wien und Zürich.
Während des Studiums und nach dessen Abbruch reiste er durch Europa, Asien und Afrika. Dabei machte er 16-mm-Filme, die von Fernsehanstalten gekauft und zum Teil überarbeitet ausgestrahlt wurden. 1968 zog er nach München, wo er mit anderen Filmemachern wie Wim Wenders seine Filmkenntnisse erweiterte. Nach kurzer Tätigkeit als Regieassistent konnte er seine ersten Fernsehfilme drehen.
1971 gründete er mit anderen Autorenfilmern des Neuen Deutschen Films den Filmverlag der Autoren. In den folgenden Jahren inszenierte er unter anderem anspruchsvolle Literaturverfilmungen, Thriller und historische Stoffe. Sein Film Die gläserne Zelle war 1979 für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert.
1982 gründete Geißendörfer seine eigene Produktionsgesellschaft, die Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion GmbH, kurz gff GmbH. Sie produzierte von 1985 bis 2019 in Zusammenarbeit mit dem WDR die erste deutsche Dauerserie Lindenstraße, bei der Geißendörfer zeitweise auch Regie führte. Zu dieser Serie wurde er durch seine Kindheit in einem Mehrfamilienhaus in Neustadt an der Aisch inspiriert.
Geißendörfer gehörte 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. 2011 war er einer der Mitgründer des Video-on-Demand-Portals alleskino.de, das zum Ziel hat, alle deutschen Kinoproduktionen zu zeigen.
In der Öffentlichkeit trägt Geißendörfer stets eine Wollmütze. Nach seiner eigenen Aussage wurde ihm nach einem schweren Nebenhöhlenkatarrh in seiner Kindheit von ärztlicher Seite geraten, immer eine Kopfbedeckung zu tragen. Erst trug er eine Kapitänsmütze, zur jetzigen inspirierte ihn der Film Einer flog über das Kuckucksnest, in dem der Hauptdarsteller Jack Nicholson ein ähnliches Modell trägt.
Die Regisseurin Hana Geißendörfer ist seine Tochter.
Filmografie (Auswahl)
- 1970: Jonathan
- 1970: Der Fall Lena Christ
- 1970: Eine Rose für Jane
- 1971: Carlos
- 1973: Marie
- 1973: Die Eltern
- 1974: Perahim – die zweite Chance
- 1976: Lobster
- 1976: Sternsteinhof
- 1976: Die Wildente
- 1978: Die gläserne Zelle
- 1979: Theodor Chindler
- 1982: Der Zauberberg
- 1984: Ediths Tagebuch
- 1985–2020: Lindenstraße (Produzent)
- 1989: Bumerang-Bumerang
- 1992: Gudrun
- 1993: Justiz
- 2005: Schneeland
- 2007: Zelle (Produzent)
- 2008: Selbstgespräche (Produzent)
- 2011: In der Welt habt ihr Angst
- 2011: Sommer der Gaukler (Produzent)
- 2012: Der deutsche Freund (Produzent)
- 2015: Tatort: Schwerelos (Produzent)
- 2017: Toter Winkel (Produzent)
Auszeichnungen
- 1970: Filmband in Silber (Nachwuchsregie) für Jonathan
- 1970: Preis der 15 (deutschen Filmkritiker) für Jonathan als bestes Debüt
- 1976: Filmband in Silber für Sternsteinhof
- 1978: Filmband in Gold für Die gläserne Zelle
- 1979: Oscar-Nominierung für Die gläserne Zelle
- 1982: Filmband in Silber für Der Zauberberg
- 1988: Bambi für Lindenstraße
- 1998: Goldene Kamera für Lindenstraße
- 2001: Adolf-Grimme-Preis mit Gold für Lindenstraße
- 2005: Kompassnadel des Schwulen Netzwerks
- 2005: DVD Champion in der Kategorie Lifetime Achievement Award für sein Lebenswerk
- 2011: Ehrenbiber der Biberacher Filmfestspiele
- 2013: Integrationsbrief der bayerischen Staatsregierung
- 2015: Max-Ophüls-Preis – Ehrenpreis für Verdienste um den jungen deutschsprachigen Film
- 2015: Bundesverdienstkreuz am Bande
Literatur
- Hans-Michael Bock: Hans W. Geissendörfer – Regisseur. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 1, 1984.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 214 f.
Weblinks
- Hans W. Geißendörfer in der Internet Movie Database (englisch)
- Hans W. Geißendörfer bei filmportal.de
- Literatur von und über Hans W. Geißendörfer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Das von Hans W. Geißendörfer gegründete VOD-Portal alleskino.de
- Hans W. Geißendörfer im Interview als SWR2-Zeitgenosse
- Hans W. Geißendörfers Biografie bei Who’s Who
Einzelnachweise
- ↑ Susanne Mack: Karriere einer Pfarrerstochter. deutschlandradiokultur.de, 26. Oktober 2005, abgerufen am 26. Oktober 2014
- ↑ Hans W. Geißendörfers Biografie bei Who’s Who.
- ↑ Über uns auf alleskino.de
- ↑ Der Mann hinter der Lindenstraße auf dradio.de
- ↑ gff - geißendörfer film- und fernsehproduktion - Tatort Dortmund: Schwerelos. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom am 15. Oktober 2016; abgerufen am 4. Mai 2015. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Ehrenpreisträger Hans W. Geißendörfer. In: max-ophuels-preis.de. Filmfestival Max Ophüls Preis, archiviert vom am 25. Februar 2015; abgerufen am 2. Februar 2015: „De vierte Ehrenpreis für Verdienste um den jungen deutschsprachigen Film geht an den Regisseur und Produzenten Hans W. Geißendörfer.“
- ↑ Verleihung am 12. November 2015 in Düsseldorf - Lindenstraße - ARD – Das Erste. In: www1.wdr.de. 12. November 2015, abgerufen am 21. November 2015.