Hatsue Yuasa (japanisch 湯浅 初枝 Yuasa Hatsue; * 22. Juni 1902 in der Präfektur Tokio; † nach 1943) war eine japanische Opernsängerin (Sopran).

Biographie

Hatsue Yuasa war Tochter des früh verstorbenen Marineoffiziers Takejirō Yuasa (1871–1904) sowie der Sakae Yushisaki (1885–1923). Nach Besuch des Oberlyzeums in Tokio absolvierte sie von 1919 bis 1923 ein Gesangsstudium an der Kaiserlichen Musikakademie in Tokio. Ihre Lehrerin war die deutsch-norwegische Musikerin Hanka Petzold (1862–1937), ehemalige Schülerin von Liszt, anerkannte Wagner-Interpretin und Ehefrau des Journalisten Bruno Petzold. Ab 1923 setzte Yuasa ihre Ausbildung bei Ernst Grenzebach und Adolf Philipsen in Berlin fort.

Am 17. Juli 1926 heiratete Yuasa den Berliner Pianisten Walther Carl Meiszner (eigentlich: Meißner), den sie bei ihrem Berliner Debüt kennengelernt hatte und der in der Folge als ihr Klavierbegleiter auftrat. 1929 wohnte das Paar in der Schloßstraße 53 in Berlin-Charlottenburg; die Ehe blieb kinderlos. Yuasas Ehemann starb 1931 im Alter von 35 Jahren.

In Europa wurde damit geworben, dass Yuasa Solistin an der Kaiserlichen Oper in Tokio sei. Zwischen 1925 und 1943 sang sie auf europäischen Bühnen, vorrangig in Deutschland, Österreich und Skandinavien. Häufig verkörperte Hatsue Yuasa Madame Butterfly in der gleichnamigen Oper von Giacomo Puccini, wie etwa 1930 am Lippischen Landestheater Detmold. Die Butterfly sang sie im selben Jahr auch im Salzburger Festspielhaus in einer Aufführung mit dem Salzburger Mozarteumorchester. Im März 1936 gastierte sie in dieser Rolle an der Hamburger Volksoper. Yuasa bestritt auch Konzertabende. So trat sie am 8. März 1928 in Bergen mit dem dortigen Sinfonieorchester auf. Sie sang vier Opernarien (darunter die Butterfly-Arie Un bel dì, vedremo) sowie sechs Lieder, vier davon Kompositionen ihres Landsmannes Yamada Kōsaku. Im selben Jahr gab sie 24 Konzerte in England.

Die verschiedenen Konzertkritiken gaben vor allem ihrem Erstaunen darüber Ausdruck, dass eine Sängerin aus Japan in der Lage war, westliche Opernmusik zu interpretieren, und gingen oft auf die äußere Erscheinung von Yuasa ein. So schrieb das Wiener Salonblatt 1925:

„Wie wir hören, soll der ‚Einzige Liederabend‘ der japanischen Sängerin Hatsue Yuasa von einem zweiten gefolgt werden; aber nichtsdestoweniger war es ein einziger Genuß, diese reizende, fremdländische Menschenblüte zu sehen und zu hören. […] Es war erstaunlich, wie sich diese Japanerin in den Stil des Abendlandes einfühlen konnte. Wir wünschten unseren gleichaltrigen Sängerinnen ihre vollendete Gesangskunst, ihr gehauchtes Pianissimo und den ergreifenden Ausdruck in allen Schattierungen menschlichen Empfindens.“

Das Fachblatt Neue Zeitschrift für Musik lobte 1926 die „kimonogekleidete anmutige Erscheinung“ sowie die „perfekte Gesangskunst“ der Sängerin. In der Linzer Tages-Post wiederum war 1928 zu lesen:

„Ein Pupperl. So ein echtes japanisches mit auseinandergestellten schlauen Augen, porzellanenem Teint […], zierlichen Gliedmaßen. Es hat einen dichtschwarzen Pagenkopf und ist – wie herzig – von rosenroten europäischen Tüllwolken umflattert. Eine reizende Miniatur. Wie dahingestellt, um die Geishapoesie lebendig zu machen. Und dann beginnt das Püppchen zu singen, mit erotischen, aber drollig lieben Lippenbewegungen und einer samtweichen Stimme. Hört man recht? Es sind italienische Arien in der Ursprache, das fließt wie Milch und Honig. […] Da ist sie, die richtige Madame Schmetterling. […] Sowas Liebes und Bakschierliches ist noch nie dagewesen!“

Unter den Fans der „japanischen Nachtigall“ befand sich unter anderem der Dramatiker Gerhart Hauptmann, der ihr nach einem Konzert einen Dankesbrief schrieb.

Zwischen 1932 und 1934 spielte Yuasa in vier deutschen Filmen mit, darunter an der Seite des populären Sängers Helge Rosvaenge in dem Spielfilm Der Knalleffekt. Darin hilft sie einem Sänger in der Hauptrolle der Oper Der Postillon von Lonjumeau, den erwünschten Knalleffekt mit einer Peitsche zu erzielen, indem sie Knallerbsen daran befestigt. 1933 trat sie in dem Film Spiegel auf, der von Nicholas Kaufmann produziert wurde und auf einem Drehbuch von Wilhelm Prager basierte. Regisseur des Kurzfilms, in dem japanisches Leben gezeigt wurde, war ihr Landsmann, der Musiker Kōichi Kishi (1909–1937).

Hatsue Yuasa sang bis mindestens 1943 in Deutschland und deutschen Besatzungsgebieten. Zahlreiche Konzerte gab sie in Berlin, so im Januar 1942, als sie im Beethovensaal Lieder von Gluck und Johannes Brahms sang; am Klavier saß Michael Raucheisen. Bei einem Konzert in Dresden im März 1943 war der Komponist und Musiker Willy Jaeger (1895–1986) ihr Begleiter am Klavier. 1945 wurde eine Tonaufnahme veröffentlicht, auf der sie den Cherubino aus der Hochzeit des Figaro von Mozart sang. Über Yuasas weiteren Lebensweg gibt es keine Erkenntnisse.

Einzelnachweise

  1. Rohm Music Foundation 4 (English Version). In: ryousyo1000.com. Abgerufen am 17. Januar 2017. in Tokio; bei Erich H. Müller: Deutsches Musiker-Lexikon. Dresden 1929. nur die Jahresangabe 1902, in Familienpapieren der Familie Meißner 22. Juni 1905, hier das Jahr wohl verschrieben.
  2. Das einzige Nachschlagewerk mit biographischen Informationen zu Hatsue Yuasa ist Erich H. Müller: Deutsches Musiker-Lexikon. Dresden 1929. Wie der Autor mitteilt, stammen die Informationen von den Künstlern selbst, an die er Fragebögen verschickte. Zu ihrem Vater findet sich die Bemerkung „Takejiro Y. Kapitän 70-03“. Die Diskrepanz von Geburts- und Sterbejahr um je ein Jahr dürfte auf einem Rechenfehler beruhen. Während für den im frühen Kleinkindalter Yuasas verstorbenen Vater nur Jahresangaben bei den Lebensdaten gemacht werden, finden sich für die Mutter auch Tages- und Monatsangaben.
  3. 1 2 Erich H. Müller: Deutsches Musiker-Lexikon. Dresden 1929.
  4. Bieber, Hans-Joachim: SS und Samurai. IUDICIUM Verlag, 2014, ISBN 978-3-86205-043-7, S. 49 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. East, West Wed. In: Albuquerque Journal, 16. Januar 1927, S. 3: „Bride of Walter Carl Meissner, famed in Europe as a pianist, is Hatsui Yuasa, Japanese singer. They met when she made her debut in Berlin.“
  6. Bergen Public Library: Bergens Symfoniorkester 1927-1928. In: issuu.com. 9. Dezember 2013, abgerufen am 11. Januar 2017 (englisch).
  7. Schlesische Funkstunde (PDF; 2,5 MB) In: Ramslauer Stadtblatt vom 6. Juli 1926; abgerufen am 14. Januar 2017.
  8. Konzertführer Berlin-Brandenburg 1920-2012. 7. Jahrgang. In: Digitale Sammlungen des SIMPK. Abgerufen am 11. Januar 2017.
  9. Kevin Sommer: Detmolder Theatergeschichte um 1930: Landesbibliothek digitalisiert Theaterzettel. (Memento des Originals vom 20. Juli 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Heimatland Lippe, Heft 106 (2013), 311-312 (online verfügbar). Abgerufen am 14. Januar 2017.
  10. Paul Möhring: Das andere St. Pauli: Kulturgeschichte der Reeperbahn. Matari Verlag, 1965, S. 68 (einsehbar online über Google Books).
  11. Konzertführer Berlin-Brandenburg 1920-2012. 8. Jahrgang. Digitale Sammlungen des SIMPK, 8. Oktober 1927, abgerufen am 6. Februar 2017.
  12. Wiener Salonblatt, 13. Dezember 1925, S. 25.
  13. Neue Zeitschrift fuer Musik 1926 Internet Archive
  14. Linzer Tages-Post, 6. Januar 1928, S. 16.
  15. Lippische Landesbibliothek: Text 2013-7: Neue Theaterzettel. (Nicht mehr online verfügbar.) In: llb-detmold.de. Archiviert vom Original am 20. Juli 2020; abgerufen am 14. Januar 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. Exhibion letters and texts. (Memento des Originals vom 11. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF) Liechtenstein National Museum; abgerufen am 14. Januar 2017.
  17. Inhaltsangabe des Films: Kammersänger Jean Roland hat die Hauptrolle in der Oper Der Postillon von Lonjumeau übernommen. Hauptattraktion der Aufführung soll sein, dass Roland wie ein richtiger Postillon mit der Peitsche knallt. Als Roland das am Premierentag noch immer nicht kann, will er bei einem Droschkenkutscher Unterricht nehmen. In der Droschke sitzt eine japanische Sängerin. Als Roland das Knallen versucht, gehen die Pferde mit der Kutsche durch. Die Polizei verfolgt ihn; schließlich landet er mitsamt der Japanerin in einer Kaserne. Durch eine Kunst-Probe beweist er dem Offizier, dass er wirklich Sänger ist. Fast ist es zu spät: die Opernaufführung beginnt gerade, und ein Kollege singt schon Rolands Part. Roland lässt sich im Eiltempo zur Oper fahren, übernimmt dort die Arie. Auch der Peitschenknall klappt, denn die hilfsbereite japanische Sängerin hat Knallerbsen an der Peitsche befestigt. Siehe: Kinematographie: B32378 INH
  18. Kôichi Kishi – ein japanischer Musiker. In: de.emb-japan.go.jp. 17. April 2009, abgerufen am 15. Januar 2017.
  19. Bieber, Hans-Joachim: SS und Samurai. IUDICIUM Verlag, 2014, ISBN 978-3-86205-043-7, S. 895 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  20. 23. Jahrgang - Digitale Sammlungen des SIMPK. In: digital.sim.spk-berlin.de. 25. Januar 1943, abgerufen am 6. Februar 2017.
  21. Yvonne Grolik: Willy Jaeger: Leben und Werk. Seite 66. Verlag Wetterauer Zeitung 1993. Abgerufen am 14. Januar 2017 (einsehbar online über Google Books).
  22. Mozart Ton- und Filmsammlung. (Nicht mehr online verfügbar.) In: mozarteum.at. Archiviert vom Original am 14. Januar 2017; abgerufen am 14. Januar 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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