Heinrich Herrmann Riemann, in der Literatur häufig Heinrich Arminius Riemann (* 5. Dezember 1793 in Domhof Ratzeburg; † 26. Januar 1872 in Friedland (Mecklenburg)) war ein deutscher Theologe und Burschenschafter.

Familie

Heinrich Riemann (seine Mitstudenten übersetzten später den zweiten Taufnamen Herrmann als Arminius, woraus die bis heute bekannte, von Riemann jedoch selbst abgelehnte Namensform entstand) wurde als jüngerer Sohn des evangelischen Theologen und damaligen Rektors der Domschule Friedrich Justus Gottlob Riemann (1752–1809) und der Pastorentochter Luise Karoline, geb. Schmideke (1757–1827) auf dem zu Mecklenburg-Strelitz gehörenden Domhof Ratzeburg geboren. Carl Riemann war sein älterer Bruder.

Riemann heiratete am 28. Dezember 1821 im Domhof Ratzeburg Henriette (Christiane Anna) Gensler (* 1802), eine Tochter des Juristen, Stadtsyndikus und Hochschullehrers in Jena und Heidelberg, Johann Kaspar Gensler (1767–1821). Das Paar hatte elf Kinder. Der Sohn Adolph (Johannes Gottfried) (* 10. Oktober 1828), eigentlich Seemann, wanderte in die USA aus. Er fiel im Sezessionskrieg als Leutnant der 15th New York Heavy Artillery in der Schlacht von Hatcher's Run am 7. Februar 1865.

Leben

Riemann wuchs in Ratzeburg und in Schönberg (Mecklenburg) auf, wo der Vater seit 1801 als Erster Pastor wirkte. Nach dem Besuch der Domschule Ratzeburg (er war dort Klassenbester) und des Katharineums zu Lübeck bis Michaelis 1812 begann Riemann 1812 mit dem Studium der Evangelischen Theologie in Jena und wurde dort 1813 Mitglied der Corpslandsmannschaft Vandalia. Durch Heinrich Luden beeinflusst, beteiligte er sich an den Deutschen Befreiungskriegen und trat 1813 den Lützower Jägern (2. Jägerkompagnie) bei. Er nahm am Gefecht von Gadebusch teil und erlebte dort den Tod sowie die Beisetzung von Theodor Körner.

1814 kehrte er nach Jena zurück und engagierte sich aktiv in der dortigen Wehrschaft, einer frühen burschenschaftlichen Vereinigung, in der er Freundschaft mit Karl Horn schloss und Weggefährte von Karl Scheidler wurde. 1815 diente er als Leutnant in einem Paderborner Landwehrregiment. Für seinen Einsatz in der Schlacht bei Ligny wurde er mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

Im Sommer 1816 zum Studium zurückgekehrt, wurde Riemann in den Ausschuss und im November in den Vorstand der am 12. Juni 1815 von Karl Horn und anderen gegründeten Jenaer Urburschenschaft gewählt, der ihn sogleich zum Sprecher machte. Riemann selbst gilt als einer der Begründer der Urburschenschaft. Auf eigenes Ersuchen hin wurde er als preußischer Landwehroffizier entlassen. Auf dem Wartburgfest 18. Oktober 1817 hielt er vor 500 Studenten die Festansprache, in der er zu Freiheit und Einheit aufrief. Gemeinsam mit Karl Müller, ebenfalls einem ehemaligen Lützower, erarbeitete er das liberale Programm Grundsätze und Beschlüsse des 18. Oktobers.

1818 bis 1821 war er Privatlehrer in Boizenburg/Elbe. Er lebte bei seinem Bruder, der Pastor der Stadtkirche war. Auf Druck von Preußen wurde er am 18. August 1819 verhaftet, kam in Untersuchungshaft nach Schwerin, wurde jedoch bereits am 25. September wieder freigelassen und blieb im Zuge der Demagogenverfolgung bis 1821 unter Polizeiaufsicht.

Für kurze Zeit war er in Hamburg als Hauslehrer bei Friedrich Christoph Perthes angestellt, seine Bemühungen um Anstellung als Lehrer im Hamburger Staatsdienst blieben erfolglos. Er arbeitete 1821 bis 1828 als Gymnasiallehrer in Eutin, wo der Sportverein TS Riemann Eutin noch heute nach ihm benannt ist, und Michaelis 1828 bis 1835 an der Gelehrtenschule in Friedland. Das Gymnasium in Friedland wurde durch ihn, Johann Carl Heinrichs und Karl Horn zu einem Zentrum burschenschaftlichen Geistes und patriotischen Turnens.

Von 1835 bis 1872 war er in Friedland evangelischer Pastor an der St. Marienkirche. In Friedland war er lebenslang bis zu dessen Tod mit seinem Mitstreiter aus Jenaer Zeit Johann Carl Heinrichs als seinem Kollegen an der Nikolaikirche verbunden. Bei Riemanns Jubiläum 1871 wurde dieser von seiner Gemeinde und dem Magistrate der Stadt zum Ehrenbürger ernannt, von den deutschen Burschenschaften vielfach geehrt und vom Großherzog zum Kirchenrat ernannt.

Riemann blieb zeit seines Lebens ein politischer Mensch. 1848 wurde Riemann vom Wahlbezirk Strelitz als Abgeordneter in den ersten demokratischen Landtag von Mecklenburg gewählt; dort war er Mitglied der Linken. Er unterstützte die Reichsverfassungskampagne und solidarisierte sich 1849 mit der Badischen Revolution. 1850 war er Gründer eines Hilfsvereins für Schleswig-Holstein und musste als „Staatsfeind“ Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen, die ihn jedoch nicht belasten konnten. 1865 nahm er an der 50-Jahrfeier der Burschenschaft in Jena teil. Riemann kandidierte erfolglos für den Norddeutschen Reichstag. 1871 bekannte er sich zur Deutschen Reichsgründung.

Sein Grabmal ist am Rande des längst aufgelassenen alten Friedhofs von Friedland (in den Wallanlagen) bis heute erhalten, steht jedoch nicht mehr auf dem tatsächlichen Grab. Die Riemannstraßen in Friedland, Berlin-Kreuzberg, Eutin und Eisenach sind nach ihm benannt, es existiert ein Riemann-Denkmal und am Standort seines Wohnhauses nahe der Marienkirche ist eine Gedenktafel angebracht.

Schriften

  • Vollständige Anweisung zum Stoßfechten nach Kreußlers Grundsätzen. Engelmann, Leipzig 1834.
  • Der Unteroffizier im Regimente Colberg Sophia Dorothea Friederike Krüger, Ritter des eisernen Kreuzes und des russischen Georgen-Ordens, aus Friedland in Meklenburg-Strelitz. Keine Novelle, sondern ein Lebensbild, nach Urkunden gezeichnet. Duncker, Berlin 1865.
  • Rechtfertigung eines verleumdeten Burschenschafters. Walther, Friedland 1865.
  • Chronik der Stadt Friedland 1839 bis 1870. Redaria-Verlag, Wismar 2000. ISBN 3-933771-02-1.

Literatur

  • Friedrich Koch: Heinrich Arminius Riemann, der Wartburgredner vom Jahre 1817. Sein Leben und Wirken. 1927, Neuauflage Lahr/Schwarzwald 1992.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 75–77.
  • Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg und Vorpommern. Das Personenlexikon. Hinstorff Verlag, Rostock 2011, ISBN 978-3-356-01301-6, S. 8175.
  • Peter Kaupp (Bearb.): Stamm-Buch der Jenaischen Burschenschaft. Die Mitglieder der Urburschenschaft 1815–1819 (= Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen. Bd. 14). SH-Verlag, Köln 2005. ISBN 3-89498-156-3. S. 67 f.
  • Peter Hoffmann: Heinrich Arminius Riemann. Lehrer, Pastor, Demokrat. Steffen, Friedland 2006.
Commons: Heinrich Arminius Riemann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kirchenbuch Ratzeburg (Dom), Traueintrag Nr. 7/1821.
  2. 1 2 Georg Krüger: Die Pastoren im Lande Stargard seit der Reformation. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Jg. 69 (1904), S. 1–270, hier S. 49.
  3. Lieut Adolph Riemann
  4. Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Beilage zum Schulprogramm 1907) Digitalisat, Nr. 32
  5. Kösener Korpslisten 1910, 130, 50
  6. Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 75.
  7. Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 75.
  8. Friedrich Koch: Heinrich Arminius Riemann, der Wartburgredner vom Jahre 1817. Sein Leben und Wirken. 1927, Neuauflage Lahr/Schwarzwald 1992, S. 8.
  9. Georg Krüger: Die Pastoren im Lande Stargard seit der Reformation. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Jg. 69 (1904), S. 1–270, hier S. 7.
  10. Ausführliche Biographie von Heinrich Arminius Riemann in der Chronik der „Turnerschaft Riemann von 1821“ Eutin e. V., abgerufen am 5. Februar 2015.
  11. Jedoch war Fritz Reuter nie einer seiner Schüler, wie in der Literatur behauptet wird. Als Riemann nach Friedland kam, war Reuter schon Schüler in Parchim. Deshalb ist die Behauptung auch nicht plausibel, Reuter habe ihm in Hanne Nütes Abschied vom Pastor ein literarisches Denkmal gesetzt.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.