Wilhelm E. Heinrich Küster (* 16. August 1870 in Hannover; † 1. Juli 1956 in Görlitz) war ein deutscher Architekt und Baubeamter.

Leben und Werk

Küster kam als Sohn des Malers Albert Küster und dessen Ehefrau Julie, geb. Cordes, zur Welt. Nach dem Abitur studierte er 1890 bis 1895 Architektur an der Königlichen Technischen Hochschule Hannover und promovierte später. Er wurde zum Regierungsbaumeister (Assessor des Baufaches) ernannt und war bis 1899 im preußischen Staatsdienst in Elberfeld tätig. Bis 1905 war er als kommunaler Beamter Stadtbauinspektor in Oberhausen, danach wechselte er nach Breslau, wo er in Zusammenarbeit mit Richard Plüddemann die raumprägende Stahlbetonkonstruktion der beiden 1906–1908 errichteten städtischen Markthallen Nr. 1 (Ritterplatz/Sandstraße; als Baudenkmal in ursprünglicher Nutzung erhalten) und Nr. 2 (Friedrichstraße; kriegszerstörte Ruine, 1973 abgetragen) plante.

1909 wurde er als Stadtbaurat nach Görlitz berufen und übte dieses Amt als hauptamtliches Magistratsmitglied fast 24 Jahre lang bis 1933 aus. Die Stadt Görlitz näherte sich in dieser Zeit der Großstadtmarke (1910: ca. 88.000 Einwohner, 1930: ca. 94.000 Einwohner) und musste sich den damit verbundenen Herausforderungen des wachsenden Straßenverkehrs und des Bedarfs nach öffentlichen Einrichtungen stellen. Daher erarbeitete Küster bis 1923 einen modernen Bebauungsplan, der die veraltete „Bauordnung“ von 1871 ersetzte und in dem die Bauklassen (mit Festlegung der zulässigen Gebäudehöhe, der Art und des Maßes der baulichen Nutzung) sowie die Verkehrsführung erstmals im Sinne der modernen Bauleitplanung auf geordnete Weise definiert wurde. Er war auch Verfasser und Mitverfasser von mehreren Büchern sowie verschiedenen Fachartikeln über Städtebau.

Küster erbaute in Görlitz mehrere stadtbildprägende öffentliche Gebäude, wie z. B. das Krematorium auf dem Städtischen Friedhof sowie mit anderen Architekten den Baukomplex der Oberrealschule und Reform-Realgymnasium in der heutigen Carl-von-Ossietzky-Straße und Lessingstraße (1911–1913, heute Berufsschulzentrum für Wirtschaft und Soziales).

Galerie

Schriften (Auswahl)

  • Die Belichtung von Aufenthaltsräumen in den Bauordnungen. Karl Heymanns Verlag, Berlin 1908.
  • Die Verwendung des Eisenbetons bei den Breslauer Markthallen. In: Deutsche Bauzeitung. Beiblatt Mitteilungen über Zement, Beton- und Eisenbetonbau. 6. Jahrgang 1909, Heft 8, S. 34–36. (online als PDF-Dokument)
  • mit Ewald Genzmer: Bebauungsplan und Bauordnung. Deutscher Verlag für Volkswohlfahrt, Dresden 1917.
  • mit Georg Snay und Bruno Salomon (Hrsg.): Görlitz. (= Monographien deutscher Städte. Band 13). Deutscher Kommunal-Verlag, Berlin-Friedenau 1925.

Literatur

  • Jan Harasimowicz (Hrsg.): Encyklopedia Wrocławia. Wydawnictwo Dolnośląskie, Breslau 2006, ISBN 83-7384-561-5, S. 436 (polnisch).
  • Karin Roth: Wohnungsbau in Görlitz zwischen den Weltkriegen. In: Ines-Ulrike Rudolph, Susanne Jaeger (Hrsg.): Görlitz-Zgorzelec. Strategien ohne Grenzen. 2007, ISBN 978-3-940046-12-3, S. 90–96 (online (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive) [PDF; 13,7 MB; abgerufen am 18. Januar 2013]).
  • Herrmann A. L. Degener (Hrsg.): Degeners Wer ist's? 10. Ausgabe, Berlin 1935.
Commons: Heinrich Küster – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Centralblatt der Bauverwaltung, 19. Jahrgang 1899, Nr. 59 (vom 29. Juli 1899) online, S. 353. (Entlassung aus dem Staatsdienst erwähnt in der Rubrik Amtliche Mittheilungen)
  2. Einige Quellen (so z. B. Arkadiusz Dobrzyniecki: Hala Targowa, ul. Piaskowa 16. In: Atlas architektury Wrocławia. Tom I. Budowle sakralne, Świeckie budowle publiczne. Breslau 1997, ISBN 83-7023-592-1.) schreiben diese Bauwerke irrtümlicherweise dem Stadtbauinspektor Friedrich August Küster zu, eventuell war ein in Köln tätiger Architekt dieses Namens gemeint. Hingegen belegen die Pressebeschreibungen aus der Zeit der Errichtung sowie eine später erschienene Monografie über die Markthallen (Agnieszka Gryglewska: Wrocławskie hale targowe. 1908–2008. Breslau 2008, ISBN 978-83-89262-49-3.) Heinrich Küster als Architekten.
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