Heinrich Otto, kurz Heinz Kalk (* 1. Juli 1895 in Frankfurt am Main; † 4. Februar 1973 in Kassel) war ein deutscher Internist, Hepatologe und Hochschullehrer.

Leben

Kalk wurde nach dem Abitur im Ersten Weltkrieg Offizier bei der Artillerie. Er studierte Medizin an der Philipps-Universität Marburg, der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und legte 1921 sein Staatsexamen ab. In Marburg wurde er 1914 Mitglied der Burschenschaft Alemannia, in Freiburg trat er 1918 der Burschenschaft Franconia bei. 1921 promovierte er und war zunächst Assistenzarzt an der Frankfurter Chirurgischen und Medizinischen Klinik. 1927/28 ging er an die II. Medizinischen Universitätsklinik der Charité, wo er Oberarzt wurde und bis 1934 blieb. 1928 habilitierte er und lehrte als Privatdozent an der Berliner Universität, der heutigen Humboldt-Universität. 1933 wurde Kalk dort Professor für Innere Medizin, 1934 Direktor der II. Inneren Abteilung im damaligen Horst-Wessel-Krankenhaus, dem heutigen Krankenhaus im Friedrichshain. Bahnbrechend war das von ihm entwickelte und dort 1936 vorgestellte Verfahren der Bauchspiegelung, mit der Internisten erstmals die Möglichkeit erhielten, den Bauchraum diagnostisch direkt sichtbar zu machen.

Der NSDAP trat Kalk 1937 bei und gehörte auch dem NS-Ärztebund an. Als begeisterter Privatpilot wurde er Mitglied des NS-Fliegerkorps und erreichte dort den Rang eines Oberführers.

Im Zweiten Weltkrieg diente Kalk als Oberstarzt und beratender Internist bei der Luftwaffe. Auf dienstlichen Flugreisen saß er dabei oft selbst am Steuerknüppel, so flog er beispielsweise persönlich die letzte Sanitätsmaschine aus dem Kessel von Stalingrad heraus. Kalk behandelte als Arzt auch Generalfeldmarschall Erhard Milch. Eugen Haagen gab in einer Aussage vom 26. Januar 1965 an, dass er mit Heinz Kalk, Ludwig Zukschwerdt und Franz Büchner während der Kriegszeit im Rahmen der Hepatitisforschung zusammengearbeitet hat.

Nach Kriegsende war er von 1946 bis 1947 Leitender Arzt im Städtischen Krankenhaus in Berlin-Hohengatow, von 1948 bis 1949 der Zentralkliniken in Göppingen und von 1949 bis 1963 des Stadtkrankenhauses Möncheberg in Kassel. An der Universität Göttingen war Kalk ab 1955 als Honorarprofessor tätig. Nach seiner Pensionierung als Arzt im öffentlichen Dienst gründete er 1963 in Bad Kissingen eine private hepatologische Fachklinik, deren Leitung er bis 1971 innehatte. Kalks wissenschaftliche Reputation gründete auf zahlreichen Arbeiten über Magen-, Darm-, Leber-, Gallenblase- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen. Rudolf Caracciola und Pius XII., der Kalk aus seiner Zeit als Nuntius in Berlin kannte, ließen sich bei Kalk behandeln, wobei der Papst den Protestanten Kalk inkognito konsultierte. 1952 rief ihn die argentinische Regierung ans Krankenbett der Präsidentengattin Evita Peron, er konnte der Todkranken aber wie seine gleichfalls zugezogenen Kollegen Hans Hinselmann und Paul Uhlenbruck nicht mehr helfen. Zu seinen Schülern zählte u. a. Valentin Argirov.

Ehrungen

Zahlreiche in- und ausländischen medizinische Gesellschaften machten Kalk zum Ehrenmitglied. 1960 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Ernst-von-Bergmann-Plakette für Verdienste um die ärztliche Fortbildung erhielt er 1963, den Wappenring der Stadt Kassel 1970. Sein nach ihm benanntes Heinz-Kalk-Krankenhaus in Bad Kissingen wurde später von der Rhön-Klinikum AG übernommen und 2009 abgerissen.

Literatur

  • Egmont Wildhirt: Kalk, Heinrich-Otto. In: Neue Deutsche Biographie. 11. 1977, S. 60 f.
  • Klaus Becker: Prof. Dr. Heinrich Otto Kalk – Mann, der Evita nicht retten konnte. In: Jerome, Nr. 1/2011, S. 30; jerome-kassel.de (PDF; 12 MB).
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Francisco Vilardell: Digestive endoscopy in the Second Millenium: From the Lichtleiter to Echoendoscopy. Madrid 2006, ISBN 3-13-139671-7.
  • Egmont Wildhirt: Heinrich-Otto Kalk. 1895–1973; Lebensbild eines Gastroenterologen und Hepatologen; veröffentlicht aus Anlaß des 100. Geburtstages am 1. Juli 1995. Falk Foundation, Freiburg i. Br. 1995, ISBN 3-929713-30-6.
  • Grzegorz S. Litynski: Laparoscopy Between the World Wars: The Barriers to Trans-Atlantic Exchange. Spotlighting Heinz Kalk and John C. Ruddock. In: JSLS, 1997 Apr-Jun; 1(2), S. 185–188; PMC 3021276 (freier Volltext).

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kathrin Chod: Kalk, Heinrich Otto. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2002, ISBN 3-89542-122-7 (luise-berlin.de Stand 7. Oktober 2009).
  2. 1 2 3 4 5 Egmont Wildhirt: Kalk, Heinrich-Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 60 f. (Digitalisat).
  3. Heinz Kalk im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  4. Willy Nolte: Burschenschafter-Stammrolle. Berlin 1934, S. 232.
  5. 1 2 3 4 5 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 296.
  6. 1 2 3 4 Klaus Becker: Prof. Dr. Heinrich Otto Kalk – Mann, der Evita nicht retten konnte. (PDF; 12,4 MB) Jerome Nr. 1/2011, S. 30
  7. Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt am Main 1997, S. 370 f.
  8. Siegfried Farkas: Kalk-Klinik: Abriss hat begonnen. In: Mainpost, 21. Februar 2009.
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