Hermann Hirsch (* 4. Juni 1861 in Rheydt; † 1. März 1934 in Göttingen) war ein deutscher Maler und Bildhauer. Er wurde als siebtes Kind einer jüdischen Familie in Rheydt, heute Mönchengladbach, geboren. Seine Schaffensperiode erstreckte sich von 1880 bis 1933.

Leben

Hirsch besuchte ein Gymnasium in Köln bis 1874, bevor er eine Lehre als Holzzeichner und -stecher bei Richard Brend’amour in Düsseldorf antrat. Die Xylographische Anstalt Brend’amour war eine der führenden Firmen für Holzdruck im deutschen Kaiserreich. Sie belieferte auflagenstarke Zeitschriften.

Von 1881 bis 1885 wurde Hirsch an der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin ausgebildet. 1886 besuchte er für ein Semester die Kunstakademie Düsseldorf. Dort waren Julius Roeting und Eduard Gebhardt seine Lehrer. Die Düsseldorfer Akademie verließ er „wegen Mittellosigkeit“. Von 1880 bis 1914 war wieder Berlin sein Lebensmittelpunkt. Dort war er bis 1914 Mitglied im Verein Berliner Künstler.

Erhaltene Werke aus dieser Zeit zeigen vor allem Familienmitglieder der weit verzweigten jüdischen Familie Hirsch. Von 1893 bis 1914 war Hirsch immer wieder auf den Großen Berliner Kunstausstellungen vertreten, eine öffentliche Anerkennung seiner Bilder blieb aber aus. Aus dieser Zeit (1880–1900) stammen Illustrationen für Zeitschriften, die Hermann Hirsch für die Berliner Niederlassung von Brend’amour anfertigte.

Erste Reisen führten ihn in den 1890er Jahren nach Italien. Von 1901 bis 1909 war er ordentliches Mitglied im Deutschen Künstlerverein in Rom. In der eigenen Familie galt er als weit gereist, Hinweise auf seine Aufenthalte in der Schweiz, Griechenland und auf Capri liefern allerdings nur die Motive seiner Bilder.

1918 übersiedelte Hirsch nach Bremke, einem kleinen Dorf in der Nähe von Göttingen. Künstlerisch orientierte er sich nach Göttingen, wo er an den Ausstellungen der Vereinigung Göttinger Kunstfreunde in den 1920er Jahren teilnahm. Diese Ausstellungen und vor allem seine Porträts Göttinger Akademiker (z. B. des späteren Nobelpreisträgers Max Born) begründeten seinen Ruf als führender Porträtist und Landschaftsmaler der Region.

1933 floh Hirsch vor dem handgreiflichen Antisemitismus aus Bremke nach Göttingen. Die Stadt bot zwar eine gewisse Anonymität, war aber seit Mitte der 1920er Jahre eine Hochburg des Nationalsozialismus. Bereits am 28. März 1933, gut einen Monat vor Hirschs Umzug, kam es in der Göttinger Innenstadt zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner und ihre Geschäfte. Hermann Hirsch harrte in dieser Atmosphäre noch zehn Monate aus, bevor er im Alter von 73 Jahren seinem Leben ein Ende setzte. Im Nachruf der liberalen Göttinger Zeitung stand, er sei „an der Härte des Schicksals zerbrochen.“

Werk

Hermann Hirschs Werk umfasste Gemälde, Grafiken, Zeichnungen und Plastiken. Nur ein kleiner Teil davon ist lokalisiert. In Deutschland beherbergt einzig das Städtische Museum Göttingen Werke von Hirsch, sieht man von einer Grafik in der Stiftung Museum Schloss Moyland ab. Der überwiegende Teil seiner Werke befindet sich in Privatbesitz, zum kleineren Teil in Deutschland, zum größeren bei Hirschs emigrierter Verwandtschaft in Großbritannien, Südafrika und den USA.

Hermann Hirsch konzentrierte sich weitgehend auf die Porträt- und Landschaftsmalerei. Dabei ist im Verlauf seiner Karriere nicht unbedingt eine Abfolge von stilistischen Entwicklungen zu erkennen. Charakteristisch für Hirschs Œuvre ist eher ein Nebeneinander verschiedener Gestaltungsmodi.

Ausstellungen

  • 1892: Ausstellung der Akademie der Künste zu Berlin (im Folgenden: AdK): Hirsch mit 2 Werken in der Abt. Oelgemälde: „Strike“, „Abend“
  • 1893: Grosse Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit 3 Werken in der Abt. Oelgemälde: „Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht“, „Herbsttag in der Mark“, „Im Sommer“, „Motiv aus Danzig“
  • 1894: Grosse Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit 2 Werken in der Abt. Gemälde: „Im Park“, „Frühlingsreigen“
  • 1897: Grosse Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit „Abendfriede“ in der Abt. Gemälde
  • 1902: Teilnahme an einer Ausstellung des Deutschen Künstlervereins in Rom
  • 1905: Große Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit einer Radierung in der „Deutschen Schwarz-Weiß-Ausstellung“
  • 1909: Ausstellung des Deutschen Künstlervereins in Rom – Hirsch mit italienischer Landschaft
  • 1911: Große Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit „Tänzerin“, Bronze
  • 1912: Teilnahme an einer Ausstellung des Berliner Künstlerbundes mit 6 Werken, „Der Jüngling“, „Weiblicher Akt“ (Zeichnung), „Oberer Grindelwaldgletscher“, „Boot“, „Hafen“, „Weibliche Akte“
  • 1912: Große Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit drei Plastiken – „Jünglingskopf“, „weibliche Büste“, „Jung-Siegfried“
  • 1913: Große Berliner Kunstausstellung der AdK:„ Büste des Malers Gaede“, Plastik
  • 1914: Große Berliner Kunstausstellung der AdK: Hirsch mit „Jüngling“, Bronze
  • 1926: Vereinigung Göttinger Kunstfreunde – Ausstellung von Gemälden und Grafiken Hermann Hirsch-Bremke u. a.
  • 1926: Weihnachtsausstellung des Vereinigung Göttinger Kunstfreunde, Porträts
  • 1927: Weihnachtsausstellung der Vereinigung Göttinger Kunstfreunde mit vielen Porträts u. a. Bilder von Hirsch
  • 1930: Einzelausstellung in der Göttinger Kunsthandlung Bleßmann im Dezember 1930
  • 1932: Weihnachtsausstellung der Vereinigung Göttinger Kunstfreunde

Nach Hirschs Tod

  • 1961: Gedenkveranstaltung und Ausstellung anlässlich der hundertsten Wiederkehr von Hermann Hirschs Geburtstag im Pavilion Pro-Art, Archeology and Folklore, „Bitan“ in Safad, Israel
  • 1989: Sie waren und sind unsere Nachbarn. Spuren jüdischen Lebens in Mönchengladbach. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Mönchengladbach – Burgvögtin Obermüller von Mühlheim
  • 2009: Hermann Hirsch (1861–1934) – Ein jüdischer Maler in Göttingen. Ausstellung des Städtischen Museums Göttingen, 30. August 2009 – 10. Januar 2010

Literatur

  • Hirsch, Hermann (1861). In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 17: Heubel–Hubard. E. A. Seemann, Leipzig 1924, S. 131.
  • Hirsch, Hermann (1861). In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 6, Nachträge H–Z. E. A. Seemann, Leipzig 1962.
  • Joachim Busse: Internationales Handbuch aller Maler und Bildhauer des 19. Jahrhunderts: Busse-Verzeichnis. Wiesbaden 1977.
  • Rainer Driever (Hrsg.): Hermann Hirsch (1861–1934) – ein jüdischer Maler in Göttingen. Begleitband zur Ausstellung im Städtischen Museum Göttingen vom 30. August 2009 – 10. Januar 2010, Göttingen 2009. Mit Beiträgen von Ernst Böhme, Thomas Noll und Rainer Driever.
  • Rainer Driever: Hermann Hirsch – Die Entstehung einer Ausstellung. Recherche zum Leben eines unbekannten Malers. In: Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V. (Hrsg.): Göttinger Jahrbuch. Band 57, 2009, S. 151–160.
  • Ernst Böhme, Rainer Driever, Rainer Rohrbach: „Gekauft aus dem Nachlass des Bankiers Max Frank“. „Arisiertes“ Kulturgut im Sammlungsbestand des Städtischen Museums. In: Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V. (Hrsg.): Göttinger Jahrbuch. Band 57, 2009, S. 141–150.
  • Rainer Driever: Hermann Hirsch (1861–1934) – Werkverzeichnis. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2010.
  • Rainer Driever: Hermann Hirsch. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 73, de Gruyter, Berlin 2011, ISBN 978-3-11-023178-6, S. 333.
Commons: Hermann Hirsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Nr. 5740 im Findbuch 212.01.04 Schülerlisten der Kunstakademie Düsseldorf (Memento des Originals vom 11. April 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Webseite im Portal archive.nrw.de (Landesarchiv Nordrhein-Westfalen)
  2. Friedrich Noack: Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1927, Band 2, S. 265
  3. Uta Schäfer-Richter und Jörg Klein, Die jüdischen Bürger im Kreis Göttingen 1933–1945. Wallstein Verlag 1922, 2. Aufl. 1993, S. 96, ISBN 3-89244-048-4.
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