Hermann Lei (* 5. November 1972; heimatberechtigt in Berneck) ist ein Schweizer Rechtsanwalt und Politiker (SVP).

Biografie

Hermann Lei ist der Sohn des gleichnamigen FDP-Politikers Hermann Lei. Er wuchs in Weinfelden auf, besuchte die Kantonsschule in Frauenfeld sowie das Lehrerseminar Kreuzlingen und studierte Rechtswissenschaften, das Studium schloss er im Juli 2001 ab (lic. iur.). Er betreibt seit 2005 in Weinfelden ein Advokaturbüro, als Mitglied des thurgauischen sowie des schweizerischen Anwaltsverbandes.

Der Vater von Hermann Lei war 1983 bis 1992 Gemeindeammann von Weinfelden und ab 1992 Regierungsrat des Kantons Thurgau. Von diesem Amt trat er 2002 zurück, weil er als Verwaltungsratspräsident der Mittelthurgaubahn die Verantwortung für deren Konkurs mittrug.

Der Sohn entschied sich dagegen für die SVP. Hermann Lei sass 2007/08 im Gemeinderat, dem Stadtparlament von Frauenfeld, und sitzt seit 2007 im Grossen Rat des Kantons Thurgau. Die SVP-Fraktion wählte ihn im April 2023 zu ihrem neuen Präsidenten.

Hermann Lei ist Vize-Präsident der Kantonalen Offiziersgesellschaft Thurgau. Er wohnt in Frauenfeld, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Affäre Hildebrand

Lei spielte eine zentrale Rolle in der Affäre Hildebrand um den damaligen Präsidenten des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank Philipp Hildebrand. Gemäss dem Bankratspräsidenten Hansueli Raggenbass nahm Lei gestohlene Kundendaten der Bank Sarasin zu einem Konto von Hildebrand entgegen und leitete sie an Christoph Blocher weiter. Dieser legte sie Bundespräsidentin Calmy-Rey vor. Lei, der sich durch Rechtsanwalt Valentin Landmann vertreten lässt, leitete die Unterlagen auch an den Weltwoche-Journalisten Urs Paul Engeler weiter. Im Zuge dieser Affäre trat Hildebrand zurück.

Lei erhielt vom Vorstand des Thurgauischen Anwaltsverbands (TVA) eine formelle Ermahnung wegen seiner in den Medien in rüden Worten gezeigte Freude über Hildebrands Rücktritt. Am 13. Januar 2012 wurde eine Strafuntersuchung gegen Lei und den Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid (inzwischen eingestellt) wegen Widerhandlung gegen das Bankengesetz (Art. 47 BankG) bzw. eine Teilnahme daran eingeleitet. Lei wurde zusätzlich die Verletzung des Berufsgeheimnisses vorgeworfen. Am 25. Januar 2012 trat Lei aus der Justizkommission des Thurgauer Grossen Rats zurück. Die Staatsanwaltschaft erliess 2013 einen Strafbefehl gegen Lei wegen versuchter Anstiftung und Gehilfenschaft zur Verletzung des Bankgeheimnisses sowie mehrfacher Verletzung des Schriftgeheimnisses. Das Verfahren wegen der Verletzung des Geschäfts- und Berufsgeheimnisses wurde eingestellt. Lei erhob Einsprache gegen den Strafbefehl, sodass es am 30. März 2016 zum Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich kam. Im Berufungsprozess sprach das Obergericht am 23. August 2017 Lei wegen Gehilfenschaft zur Verletzung des Bankgeheimnisses schuldig. Allerdings sei der Gang an die Medien gerechtfertigt gewesen, weil angesichts der Devisentransaktionen des Nationalbankpräsidenten zumindest der Verdacht bestanden habe, dass ein «moralisch höchst verwerfliches Handeln» und damit ein «skandalöses Verhalten» bei Philipp Hildebrand vorgelegen habe.

Kontroversen

2012 schrieb die Wochenzeitung (WOZ), Lei sei mit der Adresse seines Advokaturbüros als Halter der Internetadresse adolf-hitler.ch eingetragen gewesen. Laut Lei handelte es sich dabei um einen Fehler: Er sei nie Halter der Internetadresse gewesen, sondern sie gehöre einem seiner Kunden. Die Internetseite solle zur Aufklärung auf die Gräuel des Nationalsozialismus hinweisen. Lei ging gerichtlich gegen die Berichterstattung der WOZ vor. Der verantwortliche Journalist Carlos Hanimann wurde erstinstanzlich vom Bezirksgericht Zürich vom Vorwurf der Ehrverletzung freigesprochen, es liege aber eine Persönlichkeitsverletzung vor. Lei und Hanimann beendeten danach das Verfahren durch Vergleich, nachdem Hanimann sein Bedauern ausgesprochen und Lei eine Entschädigung bezahlt hatte. Die Zeitung TagesWoche entschädigte Lei wegen ähnlichen Aussagen mit 5000 Franken und sprach ebenfalls ihr Bedauern aus.

Im Zuge der «Hildebrand-Affäre» bezeichnete ein Mann Hermann Lei auf Facebook als «Dreckslügner», «Dummkopf» und «Kriminellen». Der Mann wurde wegen mehrfacher Beschimpfung angeklagt, aber in letzter Instanz vom Bundesgericht freigesprochen.

Einzelnachweise

  1. Hermann Lei neuer Fraktionspräsident der SVP Thurgau. In: SVP Thurgau. Abgerufen am 26. April 2023 (deutsch).
  2. Vorstand | Kantonale Offiziersgesellschaft Thurgau. Abgerufen am 26. April 2023 (deutsch).
  3. Das Bindeglied zwischen Sarasin und Blocher. In: NZZ Online. 5. Januar 2012, abgerufen am 7. Dezember 2012.
  4. Bundesrat widerspricht Blocher. In: NZZ Online. 6. Januar 2012, abgerufen am 7. Januar 2012.
  5. Valentin Landmann vertritt Lei. In: Tages-Anzeiger/Newsnet. Aktualisiert am 6. Januar 2012, abgerufen am 7. Januar 2012.
  6. «Ich schickte Blocher Hildebrands Konto-Unterlagen». (Memento des Originals vom 10. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Interview in: Blick vom 9. Januar 2012
  7. Im Zweifelsfall gegen den Angeklagten
  8. Anwaltsverband ermahnt Hermann Lei. In: nzz.ch. 2. März 2012, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  9. http://www.srf.ch/news/regional/ostschweiz/fall-lei-bei-verurteilung-droht-berufsverbot
  10. http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/30016698
  11. Weitergabe vertraulicher Bankdaten: Ausweitung des Strafverfahrens. Medienmitteilung in: Staatsanwaltschaft des Kanton Zürichs vom 13. Januar 2012
  12. Affäre Hildebrand: Hausdurchsuchung bei Hermann Lei. (Memento des Originals vom 15. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Schweizer Fernsehen vom 13. Januar 2012
  13. Hermann Lei wurde zur Belastung. In: Tages-Anzeiger/Newsnet vom 25. Januar 2012
  14. Strafbefehl gegen Lei. In: nzz.ch. 1. Oktober 2013, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  15. https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/zuercher-obergericht-verurteilt-svppolitiker/story/20269212
  16. https://www.nzz.ch/zuerich/affaere-hildebrand-zuercher-obergericht-verurteilt-svp-politiker-hermann-lei-ld.1312194
  17. https://www.nzz.ch/zuerich/affaere-hildebrand-zuercher-obergericht-verurteilt-svp-politiker-hermann-lei-ld.1312194
  18. WOZ: Hermann Lei: «Ein anständiger Patriot» WOZ Nr. 24/2012, 14. Juni 2012
  19. WOZ: www.adolf-hitler.ch: Späte Aufklärung WOZ Nr. 26/2012, 28. Juni 2012
  20. Aargauer Zeitung: Lei zum Hitler-Vorwurf: «Grenze des Unappetitlichen erreicht» 14. Juni 2012
  21. Tages Anzeiger: Streit um «Dölf»-Tweet mit Vergleich beendet, 11. Oktober 2016
  22. «Tageswoche» entschädigt Hermann Lei wegen falscher Behauptung
  23. Rentner durfte Lei als «Dummkopf» beschimpfen. 7. Mai 2018, abgerufen am 26. April 2023.
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