Herta Meta Amm (* 17. Juni 1924 in Behrungen (heute Gemeinde Grabfeld); † 28. Juli 1950 in Römhild) war ein Opfer der DDR-Diktatur. Sie verstarb unter nicht vollständig geklärten Umständen während der Haft in der Kommandantur der Grenzpolizei in Römhild, in der sie wegen eines ungerechtfertigten Vorwurfs der Spionage eingesperrt war.
Leben
Herta Amm war eines von vier Kindern eines selbstständigen Zimmermanns. Die alteingesessene Familie betrieb außerdem eine Gaststätte im Ort. Nach dem Besuch der Schule lebte sie bei einer Familie in Wiesbaden. Nachdem ihre beiden Brüder in die Wehrmacht eingezogen wurden, kehrte sie nach Behrungen zurück. Ab 1945 lebte sie noch weitere knapp vier Jahre bei der Familie in Wiesbaden, bevor sie 1949 endgültig nach Hause zurückkehrte. Einer der Brüder fiel im Zweiten Weltkrieg. Ihre ältere Schwester war von Geburt an herzkrank, so dass sie selbst früh für die Arbeit in der Gaststätte oft allein verantwortlich war.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs überquerte sie, wie die meisten Bewohner des Grenzortes Behrungen, die noch kaum geschützte Zonengrenze beziehungsweise ab 1949 die Innerdeutsche Grenze mehrmals. Sie hielt weiter Kontakt zu der Familie in Wiesbaden. Ihr nach dem Krieg heimgekehrter Bruder, der als selbstständiger Bauunternehmer Bürgermeister ihres Heimatorts war, kritisierte sie deswegen, da er um sein Ansehen fürchtete.
Beschrieben wird sie zu der Zeit als sportliche junge Frau, die nach Aussagen ihres Bruders zwar nach außen fröhlich wirkte, aber innerlich schwermütig oder sogar depressiv war. Sie habe nach einer unglücklich verlaufenen Beziehung nicht mehr geglaubt, je in ihrem Leben glücklich zu werden.
Verhaftung und Tod
Am 19. Juli 1950 kam Herta Amm aufgeregt zu ihrem Bruder, den sie um einen Ratschlag bat, wie sie auf eine Vorladung zur Grenzkommandantur reagieren solle. Dieser riet ihr, dort die Wahrheit zu sagen. Als ihr Bruder am selben Tag warme Kleidung für seine Schwester zur Kommandantur brachte, durfte er sie nicht sprechen.
In den Akten der Volkspolizei steht über den Haftverlauf, das sie während der Haft an Herzbeschwerden litt und deswegen am 26. Juli von einem Arzt untersucht wurde, der ihr Herztropfen verschrieb und sie für haftfähig erklärte. Während der ersten Tage in Haft weigerte sie sich nach Auskunft des Wachführers der Volkspolizei, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Sie habe auffallend viel Wasser getrunken und geraucht. Mithäftlinge berichteten, dass es während der Haft oft vorkam, dass während der Verhöre die Häftlinge durch Hungern gefügig gemacht werden sollten.
Eine Haftgefährtin berichtete später, dass man sie nachts „harten Verhören“ unter Scheinwerferbestrahlung unterzogen habe, bei denen sie neben anderen Misshandlungen in kaltem Wasser habe stehen müssen. Angeordnet habe dies der sowjetische Überwachungsoffizier bei der Volkspolizei. Man habe ihr vorgeworfen, dass sie nach dem verbotenen Übertreten der Demarkationslinie zur amerikanischen Zone dort dienstliche Geheimnisse verraten habe. Des Weiteren soll sie einem in Behrungen stationierten Volkspolizisten bei der Desertion geholfen haben.
An ihrem späteren Todestag, dem 28. Juli 1950, hatte der Bruder von Herta Amm, nachdem er eine Woche lang gewartet und sich nach ihrem Verbleib erkundigt hatte, morgens bei der Kommandantur mit einer Beschwerde beim Thüringischen Ministerpräsidenten gedroht. Daraufhin war ihm eine Haftentlassung am nächsten Tag zugesagt worden, da sich der Verdacht gegen Herta Amm nicht erhärtet habe. Herta Amm selbst soll an dem Tag zum Frühstück vier Scheiben Brot mit Marmelade sowie noch etwas Brot mit Schinken gegessen haben. Zum Mittagessen habe sie einen Teller Krautsuppe und zum Abendessen zwei weitere Teller davon verspeist. Nach 19:30 Uhr habe sie noch etwas Brot und Schinken gegessen sowie ihre Herztropfen bekommen. Der Schließer sah noch, während er sie einschloss, dass sie schon im Bett lag und sich krümmte, die Bettdecke krallte und in diese vor Schmerzen hineinbiss. Als sie um 20:15 Uhr zum Verhör abgeholt werden sollte, lag sie tot im Bett.
Ermittlungen und Todesursache
Ein sofort verständigter Arzt konnte die Todesursache nicht feststellen, woraufhin die Mordkommission in Meiningen verständigt wurde. Die Kriminalpolizei traf mit einem Ärzteteam in derselben Nacht um 2:30 Uhr im Gefängnis ein. Vor Ort konnte keine Todesursache festgestellt werden. Nach der Obduktion im gerichtlich-medizinischen Institut in Jena kam man zum Ergebnis, dass sie „Vergiftungserscheinungen und innere Blutungen am Hals“ aufweise. Ein am Vortag ihres Todes erstmals gegebenes neuartiges Herzmedikament könne durch Veränderungen im Blut zum Tod geführt haben. Nach einer chemischen Untersuchung wurde im Obduktionsbericht als Todesursache Herzversagen nach einer schubweise verlaufenden Herzmuskelentzündung festgestellt.
Ihrem Bruder wurde der Tod am Morgen des 29. Juli mitgeteilt. Abschied von ihrem Leichnam konnte er erst einen Tag vor der am 3. September des Jahres stattgefundenen Beerdigung nehmen, da dieser vorher nicht freigegeben wurde und er nicht wusste, wo er sich befand. Die Leiche war dabei in einem Zustand, der keinerlei Rückschlüsse darauf, ob die Tote vor ihrem Tod misshandelt wurde, mehr zuließ. Ihr 1957 selbst in den Westen geflüchteter Bruder war angesichts der mit einem natürlichen Tod abgeschlossenen kriminalpolizeilichen Ermittlungen bei seinen eigenen Nachforschungen auf Gerüchte und Mutmaßungen angewiesen. Eine Mitgefangene hatte dabei ausgesagt, dass Herta Amm aufgrund der Misshandlungen in der Haft gestorben sei.
Ermittlungen nach der Wende und friedlichen Revolution wurden im September 1994 eingestellt, da keine Tatverdächtigen aufgefunden werden konnten. Eine abschließende Antwort, ob Herta Amm an einem bis zur Haft unentdeckten Herzfehler oder einzig an den dort erlittenen Misshandlungen starb, wird es daher vermutlich nie geben.