Werkdaten
Titel: Die Geschichte vom Soldaten
Originaltitel: Histoire du soldat
Form: Musiktheater in zwei Teilen
Originalsprache: Französisch
Musik: Igor Strawinsky
Libretto: Charles-Ferdinand Ramuz
Literarische Vorlage: Märchensammlung von Alexander Afanassjew
Uraufführung: 28. September 1918
Ort der Uraufführung: Théâtre Municipal, Lausanne
Spieldauer: ca. 35 Minuten
Personen
  • der Vorleser (Sprechrolle)
  • der Soldat (Sprech- und Tanzrolle)
  • der Teufel (Sprech- und Tanzrolle)
  • die Prinzessin (Tanzrolle)

Histoire du soldat (deutsch: Die Geschichte vom Soldaten) ist ein Musiktheater-Werk (Originalbezeichnung: „Lue, jouée, dansée et en deux parties“ – ‚Gelesen, gespielt, getanzt und in zwei Teilen‘) für kleines Ensemble, das der russische Komponist Igor Strawinsky in Zusammenarbeit mit dem Waadtländer Dichter Charles-Ferdinand Ramuz schuf.

Entstehung

Das Werk wurde geschrieben für eine Wanderbühne, bestehend aus einem Vorleser, zwei Schauspielern, einer Tänzerin und sieben Musikern. Für den Theatertext benutzte Ramuz zwei Geschichten aus einer Sammlung russischer Märchen von Alexander Afanassjew. Der Text wird teils in Gedichtform vom Vorleser zusammen mit der Musik rhythmisch deklamiert, teils vom Vorleser und den Schauspielern (Soldat, Teufel) als Drama gesprochen (wobei der Vorleser meist noch in Reimen und der Teufel nur im Dialog mit dem Soldaten spricht).

Die erste deutsche Nachdichtung (Die Geschichte vom Soldaten) stammt von Hans Reinhart, dem Bruder des Winterthurer Musikmäzens Werner Reinhart, der die Uraufführung des Werkes (am 28. September bzw. nach Strawinskys Erinnerungen am 29. September 1918 im Théâtre Municipal de Lausanne unter der Leitung von Ernest Ansermet) ermöglichte und dem dieses Werk auch gewidmet ist.

1919 bearbeitete Strawinsky fünf Sätze von Histoire du soldat für Geige, Klarinette und Klavier, die unter dem Titel Suite from „The Soldier’s Tale“ erschienen.

Orchester

Klarinette in A und B, Fagott, Kornett in A und B, Posaune, Violine, Kontrabass, Schlagwerk (1 Spieler: zwei unterschiedlich große kleine Trommeln ohne Schnarrzug, Militärtrommel mit und ohne Schnarrzug, große Trommel, Becken, Tamburin, Triangel). Das Orchester tritt mit Dirigent auf. Die Partitur enthält umfangreiche Ausführungen zur Aufstellung des Orchesters und zur Ausführung.

Inhalt

Ein Soldat tauscht mit dem Teufel seine Geige gegen ein Buch, das große Reichtümer verspricht. Er muss dem Teufel binnen drei Tagen das Geigenspiel beibringen. In Wahrheit vergehen jedoch drei Jahre, so dass der Soldat als fahnenflüchtig gilt. Wieder zu Hause angelangt, wird er weder von seiner Mutter noch von den Dorfbewohnern wiedererkannt, und seine Braut ist verheiratet. Mit Hilfe des Buches, das voraussagt, wie die Börse steigt und fällt, wird er ein reicher Kaufmann, doch das Geld macht ihn nicht glücklich. Stattdessen wünscht er sich, durch sein Geigenspiel die kranke Prinzessin zu heilen. Bei einem verlorenen Kartenspiel mit dem betrunkenen Teufel bekommt er zwar die Geige wieder, doch dafür darf er seine Heimat nicht mehr betreten. Wieder im Besitz seiner Geige, heilt er durch sein Spiel die Prinzessin, und sie werden ein Paar. Als er die Heimat wieder betritt, wird er vom Teufel bereits erwartet. Ob der Soldat am Ende dem Teufel in sein Reich folgt, bleibt offen.

Die Moral dieses einfachen Märchens ist:

„Man soll zu dem, was man besitzt, begehren nicht, was früher war. Man kann zugleich nicht der sein, der man ist und der man war. Man kann nicht alles haben. Was war, kehrt nicht zurück.“

Aufnahmen

  • Histoire du soldat. Schallplatte. Mit Jean Cocteau (Sprecher), Peter Ustinov (Teufel), Igor Markevitch (Dirigent). Philips 1963
  • Die Geschichte vom Soldaten. Schallplatte. Richard Münch (Der Vorleser), Klaus Kammer (Der Teufel), Sebastian Fischer (Der Soldat), Maurice Andre`(Cornet), 17. Internationale Musikfestspiele von Montreux/Vevey im Theater von Vevey-1962, Igor Markevitch (Dirigent), Deutsche Synchronisation – Hamburg, 1964 in der Nachdichtung von Hans Reinhardt
  • Die Geschichte vom Soldaten. Schallplatte. Mit Boy Gobert (Sprecher), Peter Striebeck (Soldat), Kurt Meisel (Teufel), Boston Symphony Chamber Players. Deutsche Grammophon 1975
  • Die Geschichte vom Soldaten. Audio-CD. Peter Fricke, Ernö Sebestyén, Solisten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Calig 1990; Monarda 2011, ISBN 978-3-939513-53-7
  • Die Geschichte vom Soldaten. Audio-CD. Mit Heinz Schimmelpfennig (Sprecher), András Szerda (Teufel), Markus Hoffmann (Soldat), Ensemble Contemporano. Helikon 1994
  • Die Geschichte vom Soldaten. Audio-CD. Hermann Beil (Regie), Lore Brunner (Sprecherin), Merlin Ensemble (Musik). Hörsturz 2001, ISBN 3-902123-24-9
  • Make a Jazz Noise Here. Audio-CD. Frank Zappa and Band, 1991 (nur als musikalisches Thema)
  • 2018 veröffentlichte Roger Waters eine Version, die er textlich selbst bearbeitet hatte und bei der er alle Figuren selbst las. Aufgenommen wurde das Stück mit Mitgliedern des Bridgehampton Chamber Music Festivals, herausgegeben von Sony Classical Masterworks.

Buchausgaben

  • Die Geschichte vom Soldaten. Gelesen, gespielt und getanzt. In 2 Teilen. Freie Nachdichtung von Hans Reinhart. Musik von Igor Strawinsky. Lesezirkel Hottingen, Zürich 1924; ergänzt um 9 Holzschnitte von Frans Masereel: Oprecht, Zürich 1951
  • Die Geschichte vom Soldaten. Unter Benutzung der freien Nachdichtung von Hans Reinhart aufgrund der letzten Fassung des französischen Originaltextes neu ins Deutsche übertragen von Hans Rudolf Hilty und Erich Holliger. Tschudy, St. Gallen 1961
  • Die Geschichte vom Soldaten: Bühnenbilder und Kostüme. Mit Bühnenentwürfen von Fritz Wotruba. Erker, St. Gallen 1979
  • Histoire du soldat. Die Geschichte vom Soldaten. Zweisprachige Ausgabe nach der letzten von Ramuz bereinigten Fassung aus dem Jahre 1946, erstmals übersetzt von Mani Matter. Edition Lesabéndio, Bern 1991, ISBN 3-905498-00-6. Neuauflage beim Zytglogge-Verlag, Oberhofen 2012, ISBN 978-3-7296-0844-3

Literatur

  • Joël Aguet: Histoire du Soldat. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz – Dictionnaire du théâtre en Suisse. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 849. (französisch)
  • Werner Krützfeldt: Die Geschichte vom Soldaten. Analyse und Interpretation. Junker, Altenmedingen 2000, ISBN 3-928783-88-2 (= Oper & Theater für alle, Band 8)
  • Peter Loeffler: Die Geschichte vom Soldaten. Das Profil der Uraufführung in Lausanne im September 1918. Birkhäuser, Basel 1994, ISBN 3-7643-2958-0
  • Andreas Traub: Strawinsky. L’histoire du Soldat. Fink, München 1981, ISBN 3-7705-1738-5 (= Meisterwerke der Musik, Heft 22)
  • Matthias Theodor Vogt: Die Genese der „Histoire du soldat“ von Charles-Ferdinand Ramuz, Igor Strawinsky und René Auberjonois. Diss. TU Berlin 1989
  • Richard Taruskin: Stravinsky and the Russian Traditions. A Biography of the Works through Mavra. University of California Press, Los Angeles 1996.
  • Alexander N. Afanasjew: Russische Volksmärchen – Gesamtausgabe. DTV klassik, Frankfurt am Main 1985

Inszenierungen

Unter dem Titel Die Geschichte vom Soldaten wurde das Stück von diversen deutschsprachigen Theatern inszeniert, u. a. in Stuttgart, Berlin, München und Zürich.
In Augsburg wurde es 2010 unter dem Titel Die Geschichte des Soldaten vom italienischen Choreografen Gaetano Posterino mit der Ballettkompanie des Theaters Augsburg im Rahmen eines Ballettabends Strawinsky Trilogie zusammen mit Pulcinella und Les Noces aufgeführt.
2021 wurde das Stück vom Theater Plauen-Zwickau auf den Spielplan gesetzt (Regie und Choreografie: Annett Göhre) und in Zusammenarbeit mit der Berliner Filmproduktionsfirma Tiefglanzfilm auch als Film herausgebracht.

Einzelnachweise

  1. Sigrid Neef: Handbuch der russischen und sowjetischen Oper. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Bärenreiter 1989. ISBN 3-7618-0925-5, S. 604.
  2. Music News Digest – September 12, 2018. In: FYI Music News. 12. September 2018, abgerufen am 12. September 2018.
  3. Rock Legend Roger Waters Has Adapted the Narration and Recorded Stravinsky's The Soldier's Tale – He Narrates the Whole of this Harrowing Modern Fairy Tale Himself. 26. Oktober 2018, abgerufen am 17. Mai 2021.
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