Die Hofsynagoge ist ein Fachwerk-Traufenbau in der Bruchmauerstraße in Detmold. Sie steht seit dem 15. November 1988 unter Denkmalschutz. Bei Untersuchungen im Jahr 2010 wurde festgestellt, dass es sich bei dem Gebäude, das ursprünglich als um 1700 erbautes Gartenhaus klassifiziert wurde, um eine Synagoge aus dem Jahr 1633 und damit das älteste erhaltene Synagogenbauwerk in Detmold sowie die älteste freistehende Hofsynagoge Nordwestdeutschlands handelt.

Geschichte

Bereits im Vorfeld der Untersuchungen gab es Überlieferungen, dass es im 18. Jahrhundert jüdisches Leben im Bereich der Krummen Straße in Detmold gegeben hat: Im Haus des Musikanten Spangenberg in der Krummen Straße 28 befand sich von 1712 bis 1742 eine Synagoge.

Im Nachbarhaus, Krumme Straße 30, unterhielt der Hofagent Raphael Levi in einem Anbau eine Privatsynagoge. Hier stand auch das Geburtshaus von Leopold Zunz und es wurde in einer Grabungskampagne im Vorfeld von Straßenarbeiten im Jahr 2006 eine Mikwe freigelegt.

Die Besitzerin des seit Ende der 1980er-Jahre leerstehenden, denkmalgeschützten Gebäudes beantragte im Jahr 2010 eine Abbruchgenehmigung. Das bis dahin nicht näher untersuchte „Gartenhaus“ wurde daraufhin durch den LWL begutachtet. Dendrochronologische Untersuchungen datierten die verwendeten Bauhölzer auf das Jahr 1632 und damit das Baujahr auf 1633. Die ungewöhnliche Struktur des Hauses und Hinweise, dass sich im 18. Jahrhundert an der Gegend ein Versammlungsort Detmolder Juden befunden haben soll, führten zu genaueren archivalischen Studien. Dabei stieß man auf Quellen, die eindeutig belegten, dass in den Jahren um 1720 das Gebäude im Hinterhof der Krummen Straße 28 als Versammlungsraum genutzt wurde.

Im Jahr 1723 hatte die jüdische Gemeinde das Gebäude nachweislich vom Stadtmusikanten Julis Hardewig Spangenberg, dem Erben des Vorbesitzers Vollmer, angemietet. Es war ihnen bis ins 18. Jahrhundert in der Regel nicht erlaubt, eigene Immobilien zu besitzen. Auch ist bekannt, dass zu dieser Zeit im Inneren die Bereiche für Männer und Frauen durch ein Gitter getrennt waren und im Bereich der Frauen zwei Sitzbänke mit jeweils fünf bis sechs Plätzen standen, die im November 1723 durch Stühle ersetzt worden sind.

Aus Katasterdaten ist bekannt, dass im März 1742 der Schuster Johann Adolph Grote das Grundstück in der Krummen Straße kaufte und die Synagoge zu diesem Zeitpunkt in die Exterstraße verlegt wurde. In den Jahren 1835/36 bauten seine Nachfahren das Hinterhaus um. 1866 veräußerten sie es an den Besitzer des Grundstückes Krumme Straße 26, den Tischlermeister Müller. 1966 erwarb der Buchhändler Ernst Schnelle das Haus Krumme Straße 26 und damit auch das Hinterhaus.

Bundesweite Bekanntheit erlangte die Synagoge, als im Jahr 2022 der aktuelle Besitzer, ein Detmolder Rechtsanwalt und Sohn der Vorbesitzerin, erneut auf Abbruch drängte, um auf dem Grundstück Parkplätze einzurichten.

Architektur

Der zweigeschossige Fachwerkbau steht auf einer Grundfläche von 8,50 × 5,55 m. Das Dach beginnt in etwa 5 Metern Höhe. Es weist seit dem Umbau im Jahr 1835/36 eine deutlich geringere Neigung auf. Im ursprünglichen Bau gab es nur Türen zur Nordseite, also in Richtung des Vorderhauses in der Krummen Straße. Eine dieser Türen ist heutzutage zugemauert. Räumliche Aufteilungen oder Feuerstellen, die auf eine wohnbauliche Nutzung hindeuten könnten, sind nicht nachweisbar. Am Nordeingang befand sich vermutlich ein Vorbau, der möglicherweise als Vorraum diente. Das Obergeschoss lief anscheinend nicht über die gesamte Gebäudefläche, sondern wies eine Öffnung mit einer schmalen Galerie an der Ostseite auf. Das lässt vermuten, dass es sich bei dem Obergeschoss um die Frauenempore handelte, die über die westliche Tür an der Nordwand und eine dort befindliche Treppe erreicht werden konnte.

Bei späteren Umbauten wurde die Innenaufteilung mehrfach verändert, beim großen Umbau 1835/36 wurde das Gebäude in zwei Mietwohnungen mit Flurküche unterteilt und die Innenwände wurden mit Lehm- und Kalkfeinputz geglättet. Die äußere Nadelholz-Bretterverkleidung erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Literatur

  • Fred Kaspar, Peter Barthold: Eine „vergessene“ Synagoge von 1633. Das Gebäude Bruchmauerstraße 37 in Detmold. In: Westfalen, 96. Band. Aschendorff, 2018, ISSN 0043-4337, S. 95–124.
  • Fred Kaspar, Peter Barthold: Eine Gebäude macht Geschichte. Das vergessene jüdische Bethaus von 1633 in Detmold, Bruchmauerstraße 37. In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 86. Band. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-7395-1096-5, S. 155–172.
Commons: Bruchmauerstraße 37 (Detmold) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bruchmauerstraße 37, Fachwerktraufenhaus: Begründung. (pdf; 12 kB) In: detmold.de. 10. Oktober 2011, S. 1, abgerufen am 30. Juli 2023.
    Robert W. Fischmann: Hofsynagoge Detmold – Wenn Rechte Synagogen abreißen wollen. (mp3-Audio; 7,7 MB; 8:22 Minuten) In: Deutschlandfunk-Kultur-Sendung „Aus der jüdischen Welt“. 28. Juli 2023, abgerufen am 30. Juli 2023.
  2. 1 2 Peter Wagner: Die Jüdische Gemeinde baut sich eine Synagoge. In: Detmold um 1900: Dokumentation eines stadtgeschichtlichen Projekts. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2004, ISBN 3-89528-435-1.
  3. 1 2 Gudrun Mitschke-Buchholz: Auf jüdischen Spuren – Zwei Stadtrundgänge durch Detmold. 2. Auflage. Lippe-Verlag, Lage 2001, ISBN 3-9808082-8-9.
  4. Melanie Delker-Hornemann, Antje Köllner: Erste Mikwe in Detmold entdeckt. Ausgrabungen in der Freiligrathstraße in Detmold. In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 75. Band. Delbstverlag des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe e.V., 2006, ISSN 0342-0876, S. 125–133 (Digitalisat).
  5. Hartmut Nolte: Jüdischer Betsaal bleibt umstritten / Detmolder Hauseigentümerin darf eigenes Gutachten in Auftrag geben. 21. Februar 2015, abgerufen am 24. Juli 2022.
  6. Peter Cohrs: Abriss früherer Synagoge: Beck fordert Einschreiten von Wüst. In: wdr.de. 14. Juli 2022, abgerufen am 20. Juli 2022.
  7. Philipp Lenhard: Jüdische Spuren in Detmold: Wenn eine Synagoge zerfällt. In: taz.de. 9. Juli 2022, abgerufen am 20. Juli 2022.

Koordinaten: 51° 56′ 3,3″ N,  52′ 35,7″ O

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