Horst Bernhard Kurt von Petersdorff (* 30. Dezember 1892 in Posen; † 12. Juli 1962 in Prien am Chiemsee) war ein deutscher Offizier und SA-Führer.

Leben

Jugend und Ausbildung

Horst war der Sohn des Premierleutnants und Regimentsadjutanten im Grenadier-Regiment „Graf Kleist von Nollendorf“ (1. Westpreußisches) Nr. 6 Axel von Petersdorff und seiner Ehefrau Elisabeth, geborene Fehlan. Der Vater war später General und Träger des Ordens Pour le Mérite. In seiner Kindheit besuchte er die Vorschule in Koburg und das humanistische Gymnasium in Steglitz bei Berlin, Celle, Hannover und dann wieder in Steglitz.

Im Juni 1911 trat Petersdorff als Fahnenjunker in das 2. Garde-Regiment zu Fuß der Preußischen Armee ein. Nach dem Besuch der Kriegsschule Danzig wurde er im November 1912 zum Leutnant in seinem Stammregiment befördert.

Erster Weltkrieg und Revolutionszeit

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Petersdorff zunächst mit demselben Regiment an der Westfront eingesetzt, an der als Zugführer der 8. Kompanie und später als Adjutant des II. Bataillons zum Einsatz kam. Am 3. Oktober 1914 wurde er bei Cambrai schwer verwundet, als er einen Querschläger im rechten Oberarm erlitt. Nach längerer Karenzzeit kam er im Mai 1915 wieder an die Front. Im Winter 1917/1918 wurde Peterdorf als Offizier des Gardekorps in Flandern bei schweren Kämpfen an der Küste verwundet. Nach einer kurzen Behandlung in Wiesbaden ging er mit dem Asien-Korps nach Syrien, wo er als Detachmentsführer deutscher Truppenteile eingesetzt wurde. Dabei wurde er in der 2. Jordan-Schlacht leicht verwundet, bevor er im September 1918, wenige Wochen vor Kriegsende, wieder zum 2. Garde-Regiment zu Fuß an die Westfront kam.

Im Krieg wurde Petersdorff mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse (1914), dem Ehrenkreuz III. Klasse des Fürstlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern (1915), dem Eisernen Kreuz I. Klasse (1916 an der Somme) und dem Eisernen Halbmond ausgezeichnet. Für die Erstürmung der Hurtebise Ferme erhielt er im April 1917 das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern.

Nach dem Ende des Krieges schloss Petersdorff sich der als Reaktion auf die Novemberrevolution entstandenen Freikorps-Bewegung an: Im Dezember 1918 stellte er aus den MG-Kompanien des 2. Garde-Regiments zu Fuß sowie Freiwilligen des Gardekorps das nach ihm benannte Freikorps Petersdorff auf, das zunächst in Berlin zur Bekämpfung sozialistischer Revolutionäre zum Einsatz kam und später an den Grenzgefechten in Oberschlesien und im Baltikum beteiligt war.

Im Baltikum gehörte Petersdorffs Freikorps zur Eisernen Division, mit der es unter anderem an der Befreiung von Mitau und Riga beteiligt war. Im Sommer 1919 trat er zur Baltischen Landeswehr über. Im Herbst 1919 war das Freikorps Teil der Deutschen Legion.

Weimarer Republik

1922 nahm Petersdorff seinen Abschied aus der Armee im Rang eines Hauptmanns. Anschließend verdiente er seinen Lebensunterhalt als Kaufmann.

Zu Beginn der 1920er Jahre ließ Petersdorff sich in Berchtesgaden nieder, wo er mit Dietrich Eckart zusammenkam, auf dessen Vermittlung hin er im Oktober 1922 in die NSDAP seines Heimatgaues Pommern eintrat. In der SA wurde er erstmals im Juni 1923 Mitglied, als er sich der SA in Berchtesgaden anschloss.

Nach dem vorübergehenden Verbot der NSDAP trat Petersdorff ihr mit Eintrittsdatum zum 1. Oktober 1925 erneut bei (Mitgliedsnummer 20.736). Außerdem wurde er Mitglied der Sturmabteilung (SA). Privat ließ er sich in Berchtesgaden nieder, wo er einen Besitz (das Dürrecklehen) bei Vorband hatte, den er zu einem Jugendheim für die werktätige Jugend ausbaute.

1927 trat Petersdorff in den Johanniterorden ein, war Mitglied der Provinzialgenossenschaft Bayern, wurde nach dem Krieg 1954 Rechtsritter.

1931 ist Petersdorff als Mitarbeiter in der Obersten SA-Führung nachweisbar, in der er zu dieser Zeit den Rang eines Oberführers innehatte. Anfang des Jahres war er an der Niederschlagung der Stennes-Revolte in Berlin beteiligt. Im Mai 1931 wurde Petersdorff dann als Nachfolger von Edmund Heines im Rang eines SA-Oberführers zum Führer des Berliner Gausturms ernannt. Schon im Vorfeld schien die Bestallung nicht durchgehend sicher, die endgültige Ernennung des Hauptmann a. D. erfolgte zeitversetzt. Diese Stellung verlor er bereits nach wenigen Wochen – offenbar infolge von Intrigen in der SA-Führung gegen ihn – wieder: An seiner Stelle wurde im August 1931 Wolf-Heinrich von Helldorff zum neuen Chef der Berliner SA ernannt. Petersdorff wurde in der Obersten SA-Führung zur Verfügung gestellt, was wenig bedeutete und einer Ausbootung glich.

Zeit des Nationalsozialismus

In den ersten NS-Jahren trat Petersdorff wenig hervor: Nachdem er um 1932 aus der NSDAP und der SA ausgetreten war, betrieb er ab 1936 seine Wiederaufnahme in die beide Organisationen. 1934 emigrierte er kurzzeitig nach Österreich, um dann spätestens seit 1936 wieder in Berlin-Halensee und Berchtesgaden zu leben. Seit dem 29. Juni 1935 war er mit Irene Gräfin von Bismarck (1888–1982) verheiratet, sein Stiefsohn wurde auf diese Weise der spätere PDS-Bundestagsabgeordnete Heinrich Graf von Einsiedel (1921–2007). Die Ehe wurde am 7. September 1944 wieder geschieden.

Anlässlich des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs wurde Petersdorff 1939 als Hauptmann z.V. zum Wehrdienst einberufen: Er wurde zunächst als Kommandeur des III. Bataillons im Infanterieregiment 189 eingesetzt, mit dem er am Frankreichfeldzug teilnahm. Aufgrund seiner Leistungen bei diesem Unternehmen – als Kommandeur einer Vorausabteilung einer Division soll er entscheidend zum Erfolg seines Armeekorps beigetragen haben – wurde er auf Vorschlag von Walther von Brauchitsch von Hitler am 29. Juni 1940 mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Dadurch findet er im August 1940 in der SA-Zeitschrift auch wieder eine öffentliche Erwähnung, als Hauptmann und Oberführer der Gruppe berlin-Brandenburg.

1942 wurde Petersdorff zum Oberstleutnant befördert und mit der Führung des Reserve-Gebirgsjägerregiments 1 beauftragt. Eine von Alfred Rosenberg nach Beginn des Russlandfeldzuges von 1941 angeregte führende Tätigkeit Petersdorffs in seinem Ostministerium lehnten Adolf Hitler und Hermann Göring mit der Begründung ab, Petersdorff wäre „zweifellos geisteskrank“, eine Behauptung für die es Herbert Michaelis zufolge „keine Anhaltspunkte“ gibt.

Nach mehreren Verwundungen im Osten wurde er zum Rüstungsministerium abkommandiert. 1943 schickte man ihn als Chef der deutschen Industriekommission in der Slowakei und Ungarn in diese Länder.

Im Juli 1944 wurde Petersdorff im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet. Am 15. September 1944 wurde er im Rang eines Oberstleutnants aus der Wehrmacht entlassen, was die Voraussetzung bildete, um ihn vor dem Volksgerichtshof anklagen zu können. Petersdorffs Ausschluss aus der Partei erfolgte am 3. Oktober 1944. Der Volksgerichtshof sprach ihn im Dezember 1944 frei. Dennoch kam er in Schutzhaft und anschließend als Sonderhäftling in das KZ Buchenwald. Am 30. April 1945 wurde er zusammen mit über 140 Sippen- und Sonderhäftlingen in Südtirol befreit.

Petersdorff lebte zuletzt in Berchtesgaden, Haus Petersdorff, seine geschiedene Frau in Canada und Frankfurt am Main.

Archivalien

Literatur

  • Christian Hartmann (Hrsg.): Adolf Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen. Februar 1925 bis Januar 1933, Saur, München, 1992, S. 46.

Einzelnachweise

  1. Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Otto Reichert, Friedrich Wilhelm Freiherr v. Lyncker u. Ehrenkrook: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A (Uradel) 1955. In: Dt. Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA. Band II, Nr. 11. C. A. Starke, 1955, ISSN 0435-2408, S. 277–278 (d-nb.info [abgerufen am 12. November 2021]).
  2. XIX. Jahresbericht des Gymnasiums zu Steglitz über das Schuljahr 904/1905. Schulnachrichten. 1905. Programm. No. 97. Druck von Emil Werner, Steglitz bei Berlin 1905, S. 26 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 12. November 2021]).
  3. Gymnasium zu Berlin-Steglitz. 29. Jahresbericht über das Schuljahr 1914/15. Schulnachrichten. 1915. Programm. No. 85. Druck von Leonhard Simion, Steglitz bei Berlin 1915, S. 37 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 12. November 2021]).
  4. Balley Brandenburg des Ritterlichen Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem (Hrsg.): Gesamtliste der Mitglieder des Johanniter-Ordens nach dem Stand vom September 1957. Eigenverlag, Berlin 1957, S. 85 (kit.edu [abgerufen am 12. November 2021]).
  5. Goebbels-Tagebücher Eintrag vom 29. April 1931.
  6. J. K. von Engelbrechten: Eine braune Armee entsteht. Die Geschichte der Berlin-Brandenburger SA. Hrsg.: Im Auftrage des Führers der SA.-Gruppe Berlin-Brandenburg SA-Obergruppenführer Dietrich von Jagow. 1. Auflage. 28. April 1931 f. Franz Eher Nachfolger, München, Berlin 1937, S. 166 (d-nb.info [abgerufen am 12. November 2021]).
  7. Von der Reichstagswahl bis zur Reichspräsidentenwahl, Oktober 1930-März 1932. In: Lothar Gruchmann, Christian Hartmann (Hrsg.): Hitler. Schriften, Reden, Anordnungen. 1. Auflage. Band IV. K. G. Saur, München 1996, ISBN 978-3-598-22001-2, S. 46 (google.de [abgerufen am 12. November 2021]).
  8. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. Teil A. 1942. Teil A, Gräfliche Häuser des spätestens um 1400 nachgewiesenen ritterbürtigen deutschen Landadels und ihm gleichartiger Geschlechter (Deutscher Uradel). In: "Der Gotha", erschienen bis 1942; Vorgänger d. GHdA ab 1951. 115. Auflage. Justus Perthes, Gotha 22. November 1941, S. 194 (google.de [abgerufen am 12. November 2021]).
  9. Veit Scherzer: Ritterkreuzträger 1939–1945. Die Inhaber des Eisernen Kreuzes von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündete Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchivs. 2. Auflage. Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 589.
  10. Schriftleitung: Oberste SA-Führung (Hrsg.): Die SA. Zeitschrift der Sturmabteilung der NSDAP. 1. Auflage. Aus Dienst und Leben der SA, Nr. 28. Frz. Eher Nachf., München 2. August 1940, S. 14 (google.de [abgerufen am 12. November 2021]).
  11. Herbert Michaelis: Ursachen und Folge. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart. Eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte, Bd. 17, 1979, S. 315.
  12. Peter Koblank: Die Befreiung der Sonder- und Sippenhäftlinge in Südtirol, Online-Edition Mythos Elser 2006
  13. Walter v. Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A. 1966. In: Dt. Adelsarchiv e. V. (Hrsg.): GHdA, von 1951 bis 2014; Vorgänger des heutigen GGH. Band VIII, Nr. 38. C. A. Starke, 1966, ISSN 0435-2408, S. 315–316 (d-nb.info [abgerufen am 12. November 2021]).
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