Operndaten
Titel: Der Bürgermeister von Saardam
Originaltitel: Il borgomastro di Saardam

Titelblatt des Librettos, Neapel 1827

Form: „Melodramma giocoso“ in zwei Akten
Originalsprache: Italienisch
Musik: Gaetano Donizetti
Libretto: Domenico Gilardoni
Literarische Vorlage: Mélesville, Jean-Toussaint Merle und Eugène Cantiran de Boirie: Le bourgmestre de Saardam ou Les deux Pierre
Uraufführung: 19. August 1827
Ort der Uraufführung: Teatro del Fondo, Neapel
Spieldauer: ca. 1 ¾ Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Niederlande, Ende des 17. Jahrhunderts
Personen
  • Lo Czar (Zar Peter der Große), verkleidet als Pietro Mikailoff (Bariton)
  • Pietro Flimann, ein russischer Zimmermann (Tenor)
  • Timoteo Spaccafronna (in der Mailänder Fassung von 1828 Wambett), Bürgermeister von Saardam (Bass)
  • Marietta, seine Tochter (in der Mailänder Fassung von 1828 Mündel) (Sopran)
  • Carlotta, Pflegetochter des Bürgermeisters (in der Mailänder Fassung von 1828 Tochter) (Mezzosopran)
  • Leforte, verkleidet als Filiberto, Vertrauter des Zaren (Bass)
  • Ali Mahmed, Hausmeister (Tenor)
  • Ein Beamter (Bass)
  • Tischler, Bauern, holländische und türkische Soldaten (Chor)

Il borgomastro di Saardam (deutsch: Der Bürgermeister von Saardam) ist eine Opera buffa (Originalbezeichnung: „melodramma giocoso“) in zwei Akten mit Musik von Gaetano Donizetti auf ein Textbuch von Domenico Gilardoni nach dem Schauspiel Le bourgmestre de Saardam ou Les deux Pierre von Mélesville, Jean-Toussaint Merle und Eugène Cantiran de Boirie (1818). Sie wurde am 19. August 1827 im Teatro del Fondo in Neapel uraufgeführt.

Handlung

Historische Grundlage

Im Jahr 1697 reiste Zar Peter der Große inkognito nach Zaandam (Saardam), um dort den niederländischen Schiffsbau in Augenschein zu nehmen. Er mietete ein kleines Haus, aber seine Pseudonymität wurde bald entdeckt und er musste nach Amsterdam übersiedeln. Im Jahr 1703 gründete er die Stadt Sankt Petersburg. 1717 reiste er neuerlich nach Holland und besuchte auch Zaandam wieder.

Inhalt der Oper

Verkleidet als Pietro Mikailoff arbeitet Peter als einfacher Zimmermann auf der Werft in Saardam. Er ist ein Freund von Pietro Flimann geworden, der auch Russe ist, aber aus der Armee geflohen ist, um stattdessen als Tischler zu arbeiten. Flimann hat sich in die Tochter Marietta des Saardamer Bürgermeisters verliebt, aber sein niedriger Status nimmt ihm die Hoffnung, sie heiraten zu dürfen, obwohl Mikailoff ihm versprochen hat, zu helfen. Dem Bürgermeister wird mitgeteilt, dass der russische Zar inkognito auf der Werft arbeite und er will ihn dort antreffen. Als er von den beiden Russen, die Pietro heißen, verschiedene Antworten erhält, fragt er sich, ob er zwei Zaren am Hals hat. Ein Beamter aus Russland kommt an und ruft den Zaren zu seinen Diensten zurück. Bevor er geht, befördert er Flimann und beseitigt damit alle Hindernisse für dessen bevorstehende Hochzeit mit Marietta.

Gestaltung

Die Oper besteht aus einer „mäandernden“ Ouvertüre und einer Abfolge von durch Secco-Rezitative getrennten Musiknummern, die größtenteils konventionell gehalten sind. Charles Osborne bezeichnete insbesondere Mariettas Cavatine („Lungi da te, mio bene“) und Cabaletta („In seno al contento“) im ersten Akt als „attraktiv“. Die Auftrittsarie des Bürgermeisters („Fate largo al Borgomastro“) verwende „Routine-Buffo-Material“, das Trio von Timoteo Spaccafronna (Wambett), dem Zaren und Pietro sei „ziemlich lebhaft“ und das Finale des ersten Akts „kompensiere zumindest im Tempo, was ihm an melodischer Frische fehle“. Das Orchestervorspiel des zweiten Akts sei ein Plagiat der Auftrittsszene Almavivas aus Rossinis Il barbiere di Siviglia. Weiters sei die Arie des Zaren („Va, e la nave“) „etwas individueller“ und das Duett Marietta/Borgomastro sei der Situation „erfreulich angemessen“.

Werkgeschichte

Donizetti komponierte seine Opera buffa Il borgomastro di Saardam im Sommer 1827. Das Libretto stammt von Domenico Gilardoni. Es basiert auf dem Schauspiel Le bourgmestre de Saardam ou Les deux Pierre von Mélesville, Jean-Toussaint Merle und Eugène Cantiran de Boirie (1818), das später auch zur Grundlage von Albert Lortzings Oper Zar und Zimmermann (1837) wurde. Mit der Figur des Zaren hatte sich Donizetti bereits 1819 in seiner Oper Il falegname di Livonia, ossia Pietro il grande beschäftigt.

Die Uraufführung fand nur drei Monate nach Donizettis Vorgängeroper Otto mesi in due ore statt. Die Handschrift der Partitur weist deutliche Zeichen der Hast, mit der sie komponiert wurde, auf. Diese Eile ist auch in den häufig vorhersehbaren und auf Sequenzen basierenden Melodien erkennbar.:301f

Die Uraufführung fand am 19. August 1827 im Teatro del Fondo in Neapel statt. Die Rolle der Marietta konzipierte Donizetti für die Wiener Sopranistin Caroline Unger. Die weiteren Sänger waren Celestino Salvatori (Lo Czar), Berardo Calvari Winter (Pietro Flimann), Carlo oder Raffaele Casaccia (Timoteo Spaccafronna), Almerinda Manzocchi (Carlotta), Giovanni Pace (Leforte), Gaetano Chizzola (Ali Mahmed) und Signor Capranica (Beamter).:542 Die Oper wurde vom Publikum zunächst nur mäßig aufgenommen. Der Zuspruch steigerte sich jedoch im Laufe des Jahres stetig. Im Februar 1828 schrieb Donizetti seinem Lehrer Johann Simon Mayr, dass sich das Werk nach mehr als 35 Aufführungen immer noch im Repertoire befinde.

Im Januar 1828 wurde die Oper im Teatro alla Scala in Mailand gespielt – erneut mit Caroline Unger als Marietta, aber ansonsten mit einer mittelmäßigen Besetzung. Diese Produktion war ein so großer Misserfolg, dass sie nach nur einer Aufführung abgesetzt wurde. Vincenzo Bellini schrieb nach der Generalprobe (der er selbst nicht beigewohnt hatte) dem befreundeten Musikhistoriker und Komponisten Francesco Florimo, dass im ersten Akt nichts und im zweiten allenfalls ein Duett gefallen möge, aber das Werk als Ganzes ein Fiasko sein werde.:44 Das Gleiche wiederholte sich fünf Monate später in Rom. Weitere Produktionen gab es 1829 im Teatre de la Santa Creu in Barcelona, im Herbst 1833 im Teatro Carignano in Turin, 1836 in Wien, 1837 in Berlin und 1839 in Budapest. Anschließend geriet das Werk in Vergessenheit.

In neuerer Zeit wurde es erst im Mai 1973 in Zaandam wieder gespielt. Es gab insgesamt neun Aufführungen unter der Leitung von Jan Schaap. Ein Mitschnitt wurde auf Tonträger veröffentlicht.

Im Februar 2003 gab es an der Hamburger Kammeroper im Allee-Theater eine Neuproduktion in einer Inszenierung von Michael Leinert.

2017 wurde Il borgomastro di Saardam beim Donizetti-Festival in Bergamo gespielt. Hierfür erstellte Alberto Sonzogni eine kritische Ausgabe der Partitur auf Basis des Mailänder Manuskripts.

Aufnahmen

  • 1973 – Jan Schaap (Dirigent), Orchester und Chor der Orchester der Zaandam Opera.
    Pieter van den Berg (Lo Czar), Philip Langridge (Pietro Flimann), Renato Capecchi (Bürgermeister), Ans Philippo (Marietta), Let Kiel (Carlotta), Peter Lehmann Bedford (Leforte), Nico Boer (Ali Mahmed).
    Live aus Zaanstad.
    Raritas LP: (2 LP), IOR CD: LO 7721-22, MYTO CD: MCD 991.202
  • November 2017 – Roberto Rizzi Brignoli (Dirigent), Davide Ferrario (Regie), Orchester und Chor der Donizetti Opera.
    Giorgio Caoduro (Lo Czar), Juan Francisco Gatell (Pietro Flimann), Andrea Concetti (Bürgermeister), Irina Dubrovskaya (Marietta), Aya Wakizono (Carlotta), Pietro Di Bianco (Leforte), Pasquale Scircoli (Ali Mahmed), Alessandro Ravasio (Beamter).
    Auch Video; live vom Festival Donizetti Opera aus dem Teatro Sociale in Bergamo.
    Dynamic CDS 781202, DVD 37812, BR 57812.
Commons: Il borgomastro di Saardam – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Vollständiges Zitat im Original (datiert vom 2. Januar 1828): „Lunedí si fece la pruova generale dell’opera di Donizetti il Borgomastro, e questa sera và in scena: io non ho inteso nessuna pruova, ma chi fú alla pruova generale mi disse che nel primero atto non v’è niente, che nel 2do vi è un duetto che forse forse piacerà: nel complesso farà fiasco; ma questa sear si vedrà e in ventura di dirò.“ In: Luisa Cambi (Hrsg.): Vincenzo Bellini, epistolario. Mailand 1943, Nr. 1, S. 31 (online bei Gallica).

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 Charles Osborne: The Bel Canto Operas of Rossini, Donizetti, and Bellini. Amadeus Press, Portland, Oregon, 1994, ISBN 978-0-931340-71-0, S. 170–171.
  2. 1 2 Bergamo – Festival Donizetti 2017 – Teatro Sociale: Il borgomastro di Saardam auf operaclick.com, abgerufen am 22. Juni 2018.
  3. 1 2 3 William Ashbrook: Donizetti and his Operas. Cambridge University Press, Cambridge 1982, ISBN 0-521-23526-X.
  4. Datensatz der Aufführung am 19. August 1827 im Teatro al Fonde Neapel im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  5. Il borgomastro di Saardam (Gaetano Donizetti) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  6. Biografie des Regisseurs Michael Leinert auf owen-leinert.com, abgerufen am 24. Juni 2018.
  7. Gaetano Donizetti. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen (= Zeno.org. Band 20). Directmedia, Berlin 2005, S. 3689.
  8. Donizetti: Il Borgomastro di Saardam – Giorgio Caoduro, Juan Francisco Gatell, Roberto Rizzi Brignoli. CD-Informationen bei Allmusic, abgerufen am 22. Juni 2018.
  9. Donizetti: Il Borgomastro di Saardam. DVD-Informationen bei Prestoclassical, abgerufen am 22. Juni 2018.
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