Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) wird von der Imam-Ali-Moschee Hamburg getragen. Es befindet sich an der Außenalster. Das IZH ist Gründungsmitglied der Schura Hamburg, des Zentralrats der Muslime in Deutschland und der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands und stellt das Zentrum des schiitischen Islam in Deutschland dar. Das Zentrum wird auch „Blaue Moschee“ genannt. Es steht unter Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes und wurde 2017 von diesem als „Instrument der iranischen Staatsführung“ eingeschätzt.
Leitung
Das IZH ist den größten Mardschaʿ-e Taghlid der schiitischen Welt unterstellt. Die Leiter waren bisher:
Zeit | Religiöser Titel | Name |
---|---|---|
1955–1965 | Hodschatoleslam | Mohammad Mohagheghi |
1965–1970 | Ajatollah | Mohammad Beheschti |
1970–1978 | Hodschatoleslam | Mohammad Modschtahed Schabestari |
1978–1980 | Hodschatoleslam | Mohammad Chātami |
1980–1992 | Hodschatoleslam | Mohammad Reza Moghaddam |
1992–1998 | Hodschatoleslam | Mohammad Bagher Ansari |
1999–2003 | Hodschatoleslam | Hosseini Nassab |
2004–2008 | Ajatollah | Abbas Hosseini Ghaemmaghami |
2009–2018 | Ajatollah | Reza Ramezani |
2018– | Hodschatoleslam | Mohammed Hadi Mofatteh |
Imam-Ali-Moschee
Die Imam-Ali-Moschee wurde in der Tradition des gleichnamigen Bauwerks im Irak als viertälteste Moschee Deutschlands 1960–1965 in Hamburg an der Außenalster (Uhlenhorst) erbaut. Die Grundsteinlegung erfolgte am 13. Februar 1960, die Einweihung 1963 und 1965. Der Bau wurde in der Anfangsphase von iranischen Kaufleuten in Hamburg finanziert. Die Grundstückskosten beliefen sich auf 250.000 DM (1958), während die Baukosten zwei Millionen Mark betrugen (1960/65). Dabei war das Fundament aufgrund des notwendigen Aufwandes wegen des feuchten Baugrundes an der Alster sehr kostenintensiv. Die Moschee mit Kuppel und zwei Minaretten ist im Typ einer „Iwan-Moschee“ ausgeführt. Bauherr und Träger der schiitischen Moschee ist das „Islamische Zentrum Hamburg e. V.“ (IZH). Der Gebetssaal fasst (bei Nutzung aller Flächen) bis zu 1.500 Personen. Die Frauen beten normalerweise im inneren Kreis des Gebetsraumes (hinter den Männern) und weichen nur bei großem Andrang auf die Galerie aus.
Baugeschichte des IZH
Im Juni 1953 gründeten in Hamburg ansässige iranische Kaufleute nach Rücksprache mit ihrem geistlichen Oberhaupt Groß-Ajatollah Hossein Borudscherdi in Qom (Iran) einen Verein zum Bau einer Moschee. Zusammen mit Hodschatoleslam Mohammad Mohagheghi, der zwei Jahre später nach Hamburg entsandt wurde, leiteten sie den Moscheebau ein. Auf Anregung von Borudscherdi taten sich gleichzeitig Geschäftsleute zu einem Förderverein zur Mitfinanzierung zusammen. Im Oktober 1957 wurde ein Grundstück im Stadtteil Uhlenhorst an der Alster erworben.
Aus mehreren Entwürfen wurde ein Bauplan ausgewählt, der dann von den Architekten Gottfried Schramm und Jürgen Elingius in Zusammenarbeit mit dem iranischen Architekten Zargarpoor ausgeführt wurde. Im Beisein vieler Muslime, Vertretern der Stadt Hamburg sowie von Hodschatoleslam Mohagheghi wurde am 13. Februar 1960 der Grundstein gelegt.
Im Mai 1963 wurde der Rohbau fertiggestellt. Schon eine Million DM war für das Projekt ausgegeben worden. Nach Ajatollah Boroudjerdis Tod und der Rückkehr Hodschatoleslam Mohagheghis in den Iran ruhten die Bauarbeiten vorläufig, bis unter dem nachfolgenden Leiter des Zentrums, Ajatollah Beheshti, und mit Hilfe von Spendengeldern von Geschäftsleuten aus Teheran und Hamburg in den Jahren 1966/67 die Büroräume im Obergeschoss und ein Teil der Fassade fertiggestellt werden konnte.
Obwohl die iranische Botschaft in Bonn (damals unter dem Schah Mohammad Reza Pahlavi) die Bankkonten der Moschee hatte sperren lassen, gelang es der Gemeinde, mit Hilfe großzügiger privater Spenden in den Jahren 1969 bis 1979 den Vortragsraum zu errichten, die Fassade fertigzustellen und mit dem Ausbau des unteren Stockwerks zu beginnen.
In der Amtszeit von Hodschatoleslam Moghaddam zwischen 1980 und 1992 wurden im Untergeschoss die Waschräume sowie eine Küche und ein Speisesaal eingerichtet. Darüber hinaus begannen die Künstler A. Meshkat und A. Sadeghian aus Maschhad mit der Ausschmückung des Gebetsraums mit Kachelmosaik, und eine Simultandolmetschanlage wurde im Vortragsraum installiert.
Im Sommer 1992 wurden unter der Leitung von Hodschatoleslam Mohammad Bagher Ansari die Kachelarbeiten abgeschlossen, einschließlich des Mihrab (Gebetsnische), einem Geschenk der Goharschad-Moschee in Maschhad. Da sich die Büro- und Studierräume bald als unzureichend erwiesen, wurde 1996 das Fundament für einen Anbau hinter der ursprünglichen Moschee gelegt, der eine Bibliothek mit einer Kuppel enthalten soll sowie Büroräume und eine Tiefgarage.
Geschichte und Kontroversen
Das IZH steht unter Beobachtung des Landesamtes für Verfassungsschutz der Freien und Hansestadt Hamburg. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2004 heißt es: „Das IZH verfolgt als verlängerter Arm der Teheraner Revolutionsführung konsequent das Ziel, islamistisches Gedankengut nach heimatlichem Vorbild in Deutschland zu verbreiten und seinen Einfluss auf die schiitische Gemeinde zu intensivieren, u. a. durch die Gründung neuer Islamischer Zentren bzw. die Unterstützung entsprechender Vorhaben sowie durch vielfältige Formen der Kooperation mit anderen Gruppierungen und Einrichtungen in Deutschland und im europäischen Ausland. […] Bezeichnend für die politische Ausrichtung des IZH ist zudem seine Unterstützung der in Hamburg lebenden Hisbollah-Anhänger, denen u. a. Versammlungsräume zur Verfügung gestellt werden.“
Das IZH trat bis 2004 regelmäßig als Mitorganisator des „Al-Quds-Tages“ auf. Zum „Al-Quds-Tag“ im September 2010 gab das IZH seine Zurückhaltung wieder auf und forderte öffentlich zur Beteiligung auf und unterstützte die Veranstaltung logistisch mit Transportmöglichkeiten und Verpflegung. Auch 2016 war das IZH laut Verfassungsschutz mit 200 Personen an der jährlichen Al Quds Demonstration in Berlin beteiligt.
Gleichzeitig wird jedoch durch öffentliche Veranstaltungen wie dem jährlichen Tag der offenen Moschee, dem Fest der Liebe zu Weihnachten und in Seminaren und Vorträgen, zu denen auch westliche Wissenschaftler eingeladen werden, ein wohlwollender, auf Kooperation setzender Islam vermittelt.
Am 24. Juli 2021 wurde die Moschee durch einen Farbanschlag mit roter Farbe beschädigt. Die unbekannten Täter schrieben dabei Parolen in persischer Sprache, die sich gegen das Regime der Islamischen Republik Iran richteten und Bezug auf die Proteste in Chuzestan 2021 nahmen. Dem Anschlag waren zahlreiche Medienberichte über neue Kenntnisse des Verfassungsschutzes vorausgegangen, wonach das Institut gegenüber der iranischen Regierung weisungsgebunden sei.
Im Juni 2022 wurde bekannt, dass der stellvertretende IZH-Leiter Seyed Soliman Mousavifar eine Ausweisungsverfügung der Innenbehörde erhalten hat. Ihm konnten enge Beziehungen zu Spendenvereinen nachgewiesen werden, die der Hisbollah zugerechnet werden. Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Omid Nouripour nannte im September 2022 das IZH „das wichtigste Spionagenest des Regimes in Deutschland“ und meinte, es sei „an der Zeit, das Treiben des IZH zu beenden“.
Am 25. September 2022 wurde die Moschee wieder mit einem Farbanschlag beschädigt und ein Mitarbeiter wurde verletzt.
Die politischen Parteien CDU, AfD und FDP fordern wegen der Rolle des Islamischen Zentrums seit Langem, dass der Vertrag mit dem Bundesland Hamburg gekündigt wird. Auch der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende in Eimsbüttel, Danial Ilkhanipour, und die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal kritisieren mittlerweile die Situation beim Islamischen Zentrum Hamburg. Vor dem Hintergrund der Proteste im Iran und der versuchten Unterdrückung der Proteste durch das theokratische Regime des Iran erwägt die deutsche Bundesregierung unter Olaf Scholz (Stand November 2022) eine Schließung des Zentrums. Ein entsprechender Antrag der Regierungsfraktionen wurde am 9. November 2022 vom Bundestag verabschiedet.
Im November 2022 trat das IZH aus der Schura Hamburg aus. Der Schura-Rat teilte mit, dass dies wegen der Kontroversen um das IZH geschehe. Die Entscheidung des Schurrates wurde auch vor dem Hintergrund, dass der Staatsvertrag mit der Stadt Hamburg vor einer möglichen Verlängerung steht und es die politische Forderung gab, dass das IZH bei Verträgen mit der Stadt Hamburg keine Rolle mehr spielen dürfe, getroffen.
Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied 2023, dass es rechtens war, den Verein als extremistisch zu bezeichnen.
Publikationen
- Islamisches Echo in Europa
- Muslime im Dialog (Faltblattserie)
- Salam Kinder (deutschsprachige Kinderhefte)
- al-Fadschr (Die Morgendämmerung, Moschee-Magazin)
Audio
- Überwachen und überzeugen: Wie Hamburg gegen Islamisten vorgeht, von Axel Schröder, Deutschlandfunk Hintergrund, 8. Juli 2020, Audio-Version, 18.45 Minuten
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Mark Spörrle: Ist das Islamische Zentrum israelfeindlich? Zeit.de vom 13. Januar 2017.
- ↑ Proteste in Iran: Ampelfraktionen nehmen Islamisches Zentrum Hamburg ins Visier. In: Der Spiegel. 8. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. November 2022]).
- ↑ Islamismus. Führungswechsel im „Islamischen Zentrum Hamburg“, Landesamt für Verfassungsschutz, 20. Januar 2004.
- ↑ Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (Bündnis 90/Die Grünen) vom 6. Oktober 2005 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Oktober 2005) und Antwort: Al-Quds-Demonstration (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven.) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., 4. November 2005
- ↑ Verfassungsschutzbericht 2009 (PDF; 3,8 MB) Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg
- ↑ Verfassungsschutzbericht 2010 (PDF; 9,3 MB) Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg
- ↑ Islamisches Zentrum: Was geht in der Blauen Moschee mit Islamisten vor? Hamburger Abendblatt 12. Juli 2016
- ↑ Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg: Verfassungsschutzbericht 2021, S. 51, abgerufen am 12. August 2022.
- ↑ Gernot Knödler: Farbanschlag auf Blaue Moschee In: taz hamburg, 26. Juli 2021, S. 24, abgerufen am 12. August 2022.
- ↑ Rüdiger Gaertner: Farbanschlag: Bedrohliche Zeichen auf Hamburger Moschee In: Hamburger Morgenpost, 25. Juli 2021, abgerufen am 12. August 2022.
- ↑ Verfassungsschutz sieht IHZ als Außenposten Teherans In: Welt Online, 16. Juli 2021.
- ↑ Verfassungsschutz hat neue Erkenntnisse zur Blauen Moschee In: NDR.de, 16. Juli 2021.
- ↑ Philipp Woldin: Vizechef des Islamischen Zentrums wird ausgewiesen In: Welt Online, 21. Juni 2022, abgerufen am 12. August 2022.
- ↑ „‚Islamischem Zentrum‘ Handwerk legen“ – Grünen-Chef fordert neue Sanktionen gegen Iran In: Welt Online, 28. September 2022, abgerufen am 29. September 2022.
- ↑ Hamburger Abendblatt - Hamburg: Polizei Hamburg: Farbanschlag auf Islamisches Zentrum – 71-Jähriger verletzt. 26. September 2022, abgerufen am 6. Oktober 2022 (deutsch).
- ↑ NDR.de:Iranproteste: Kritik am Islamischen Zentrum in Hamburg wächst, 9. Oktober 2022
- ↑ Proteste in Iran: Ampelfraktionen nehmen Islamisches Zentrum Hamburg ins Visier. In: Der Spiegel. 8. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. November 2022]).
- ↑ Bundestag fordert Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg. In: Der Spiegel. 9. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 10. Oktober 2023]).
- ↑ Vom Verfassungsschutz beobachtet: Islamisches Zentrum Hamburg tritt aus Schura aus. In: Der Spiegel. 21. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 21. November 2022]).
- ↑ LTO: VG: Islamischer Verein als 'extremistisch' bezeichnet. Abgerufen am 7. Juli 2023.
Koordinaten: 53° 34′ 28,4″ N, 10° 0′ 30,3″ O