Industrial Citizenship (deutsch: industrielle Bürgerrechte) ist ein auf den englischen Soziologen Thomas H. Marshall zurückgehender, auch im deutschen Sprachraum etablierter Fachterminus.

Marshall hat in seinem Essay „Citizenship and Social Class“ (1953) neben den bürgerlichen (zivilen), politischen und sozialen Bürgerrechten als vierte Kategorie die industriellen Bürgerrechte eingeführt. Sie umfassen „alle mit dem Gewerkschafts-und Kollektivvertragswesen zusammenhängenden Rechte“. Sie garantieren weniger individuelle als kollektive Rechte der Arbeitnehmer in der Marktwirtschaft.

In seiner frühen Schrift „Industrie- und Betriebssoziologie“ (1956) hat Ralf Dahrendorf diesen Begriff aufgenommen: „So hat das Gewerkschaftswesen ein sekundäres System industrieller Bürgerrechte parallel und ergänzend zu dem System politischer Bürgerrechte geschaffen“. Vier Jahrzehnte später hat der Industriesoziologe Walther Müller-Jentsch den Terminus erneut in die sozialwissenschaftliche Diskussion eingeführt.

Literatur

Hauptquelle

  • Thomas H. Marshall: Citizenship and Social Class. In: Ders.:Sociology at the Creossroad and other essays, Cambridge 1953, S. 67–127.
    • deutsch: Thomas H. Marshall: Staatsbürgerrechte und soziale Klassen. In: Ders.: Bürgerrechte und soziale Klassen. Zur Soziologie des Wohlfahrtsstaates. Campus, Frankfurt am Main 1992, S. 3–94.

Sonstige Literatur

  • Ulrich Brinkmann / Oliver Nachtwey: Postdemokratie und Industrial Citizenship. Juventus, Weinheim 2017.
  • Jürgen Daub: Industrial Citizenship und das demokratische Unternehmen. In: Gustav Bergmann / Jürgen Daub / Feriha Özdemir (Hrsg.): Wirtschaft demokratisch. V&R unipress. (Online veröffentlicht Dezember 2018: https://doi.org/10.14220/9783737009270.front).
  • Walther Müller-Jentsch: Über Produktivkräfte und Bürgerrechte. In: Niels Beckenbach und Werner van Treeck (Hrsg.): Umbrüche gesellschaftlicher Arbeit. Soziale Welt, Sonderband 9 (1994), S. 643–661 – Wieder abgedruckt in: Ders.: Arbeit und Bürgerstatus. Studien zur sozialen und industriellen Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, S. 11–35.
  • Walther Müller-Jentsch: Strukturwandel der industriellen Beziehungen. „Industrial Citizenship“ zwischen Markt und Regulierung. 2. Auflage. Springer VS, Wies baden 2017.
  • Tim Strangleman: Industrial Citizenship: the role and meaning of work in an age of austerity In: British Journal of Industrial Relations. 66. Jg., 2015, Heft 4, S. 673–690.
  • Wolfgang Streeck: Industrial Citizenship Under Regime Competition: The Case of the European Works Councils. In: Journal of European Public Policy. 4. Jg., 1997, Heft 4, S. 643–664.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Thomas H. Marshall: Citizenship and Social Class. In: Ders.:Siciology at the Creossroad and other essays, Cambridge 1953, S. 67–127-
  2. In der deutschen Ausgabe wurden sie mit wirtschaftlichen Bürgerrechten übersetzt.
  3. Walther Müller-Jentsch: Über Produktivkräfte und Bürgerrechte: In: Ders.: Arbeit und Bürgerstatus. Studien zur sozialen und industriellen Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, S. 11–35, hier: S. 18.
  4. Walther Müller-Jentsch: Strukturwandel der industriellen Beziehungen. „Industrial Citizenship“ zwischen Markt und Regulierung. 2. Auflage. Springer VS, Wiesbaden 2017, S. 12.
  5. Ralf Dahrendorf: Industrie- und Betriebssoziologie. Sammlung Göschen Band 103. Gruyter, Berlin 1956, S. 83.
  6. Walther Müller-Jentsch: Über Produktivkräfte und Bürgerrechte: In: Niels Beckenbach, Werner van Treeck (Hrsg.): Umbrüche gesellschaftlicher Arbeit. Soziale Welt, Sonderband 9 (1994), S. 643–661.
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