Der Injektivitätsradius ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Differentialgeometrie, genauer eine Invariante riemannscher Mannigfaltigkeiten. Seine Bedeutung liegt darin, dass sich Punkte, deren Abstand geringer als der Injektivitätsradius ist, stets durch eine eindeutige kürzeste Verbindung verbinden lassen.

Definition

Sei eine riemannsche Mannigfaltigkeit. Mit werde der Schnittort von bezeichnet. Dann wird der Injektivätsradius am Punkt durch

definiert, wobei den riemannschen Abstand auf bezeichnet.

Der Injektivätsradius der riemannschen Mannigfaltigkeit ist dann durch

definiert. Der Name Injektivätsradius erklärt sich dadurch, dass die Exponentialabbildung genau dann injektiv auf dem geodätischen Ball ist, wenn gilt.

Äquivalent kann man den Injektivätsradius am Punkt also auch definieren als das größte , für das

ein Diffeomorphismus ist. (Es genügt auch nur zu verlangen, dass auf definiert und injektiv ist.)

Beispiele

  • Sei die Einheitssphäre. Der Injektivitätsradius an jedem Punkt ist , denn die Exponentialabbildung bildet die offene Kreisscheibe vom Radius diffeomorph auf das Komplement des zu antipodalen Punktes ab.
  • Sei der flache Torus, den man aus einem Einheitsquadrat durch Identifikation gegenüberliegender Seiten erhält. Dann ist der Injektivitätsradius an jedem Punkt gleich , denn die Exponentialabbildung ist injektiv auf dem Inneren eines Quadrates mit Mittelpunkt und Kantenlänge .

Abschätzungen des Injektivitätsradius

  • Abschätzung bei -gepinchter positiver Krümmung (Klingenberg-Sakai): Sei eine vollständige, einfach zusammenhängende riemannsche Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung , dann ist .
  • Verbesserungen im gerade-dimensionalen Fall: Falls eine gerade-dimensionale, vollständige riemannsche Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung ist, dann gilt und falls zusätzlich orientierbar ist, sogar .

Beschränkte Geometrie

Riemannsche Mannigfaltigkeiten mit positivem Injektivitätsradius und beschränkter Schnittkrümmung werden als Mannigfaltigkeiten beschränkter Geometrie bezeichnet.

Auf vollständigen riemannschen Mannigfaltigkeiten hängt der Injektivitätsradius am Punkt stetig von ab. Insbesondere haben alle kompakten riemannschen Mannigfaltigkeiten beschränkte Geometrie.

Literatur

  • Wilhelm Klingenberg: Riemannian geometry. Second edition. de Gruyter Studies in Mathematics, 1. Walter de Gruyter & Co., Berlin, 1995. ISBN 3-11-014593-6
  • Jürgen Jost: Riemannian geometry and geometric analysis. Sixth edition. Universitext. Springer, Heidelberg, 2011. ISBN 978-3-642-21297-0

Einzelnachweise

  1. Peter Petersen: Riemannian geometry. Second edition. Graduate Texts in Mathematics, 171. Springer, New York, 2006. ISBN 978-0387-29246-5 (Section 9.2)
  2. Klingenberg, W.; Sakai, T.: Injectivity radius estimate for 1/4-pinched manifolds. Arch. Math. (Basel) 34 (1980), no. 4, 371–376.
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