Die Spiegelung am Kreis oder Kreisspiegelung ist eine Abbildung der ebenen Geometrie, die das Innere und das Äußere eines gegebenen Kreises miteinander vertauscht.

Die Abbildung ist winkeltreu und zählt zu den speziellen konformen Transformationen.

Eine Kreisspiegelung ist der ebene Fall einer (geometrischen) Inversion. Eine Inversion im Raum ist die Spiegelung an einer Kugel, kurz Kugelspiegelung, mit ähnlichen Eigenschaften wie die der Kreisspiegelung.

Definition

Für die Kreisspiegelung an einem Kreis mit Mittelpunkt und Radius ist der Bildpunkt eines Punktes dadurch festgelegt, dass auf einer Strecke bzw. auf einer Halbgeraden liegen und die Bedingung

erfüllen muss. Dabei darf der ursprüngliche Punkt nicht mit dem Mittelpunkt übereinstimmen. Gelegentlich umgeht man dieses Problem, indem man einen neuen Punkt zur Ebene hinzufügt und diesen als Bildpunkt von definiert. Der Bildpunkt dieses neuen Punktes ist der Mittelpunkt des Inversionskreises. Häufig ist nur der Mittelpunkt nicht jedoch der Radius wichtig, sodass man einen Kreis mit beliebigem Radius (z. B. 1) zeichnen kann.

Analytische Beschreibung

Ist in einem kartesischen Koordinatensystem der Ursprung, so lässt sich die Spiegelung an dem Kreis durch

beschreiben.

In ebenen Polarkoordinaten besitzt eine Kreisspiegelung eine besonders einfache Darstellung:

.

Die Spiegelung am Einheitskreis ist dann

und rechtfertigt die Bezeichnung Inversion.

In der Funktionentheorie behandelt man die Inversionen und die von ihnen erzeugten Kreisverwandtschaften am besten in der komplexen („Gaußschen“) Zahlenebene. Eine Inversion am Einheitskreis wird dabei durch die Abbildung beschrieben. Darin bezeichnet eine komplexe Zahl und die zugehörige konjugiert komplexe Zahl.

Konstruktion

Mit Zirkel und Lineal

  • Liegt auf dem gegebenen Kreis, so ist gleich .
  • Falls der Punkt im Kreisinneren liegt (Bild 1), zeichnet man die zur Halbgeraden senkrechte Kreissehne durch und die beiden Kreistangenten in den Endpunkten dieser Sehne. ergibt sich dann als Schnittpunkt dieser Tangenten.
  • Liegt der Punkt dagegen außerhalb des Kreises, so beginnt man mit den beiden Kreistangenten durch mithilfe des Thaleskreises. Anschließend bringt man die Verbindungsstrecke der beiden Berührpunkte mit der Halbgeraden zum Schnitt. Der Schnittpunkt ist der gesuchte Bildpunkt .

Der Beweis, dass man so den Bildpunkt erhält, folgt direkt aus dem Kathetensatz.

Mit Zirkel allein

Liegt der Punkt außerhalb des Inversionskreises (Bild 2), so zeichnet man um einen Kreis durch den Mittelpunkt des Inversionskreises. Dieser schneidet den Inversionskreis in zwei Punkten. Zeichne auch um diese Punkte Kreise durch den Mittelpunkt. Diese beiden Kreise schneiden sich nun im Bildpunkt .

Liegt auf dem Inversionskreis, so ist keine Konstruktion notwendig, es gilt

Liegt innerhalb des Inversionskreises, kann z. B. mithilfe einer Einteilung der möglichen Lagen des Punktes in drei Bereiche (Bild 3–5), eine deutliche Vereinfachung des Konstruktionsaufwandes für zwei Bereiche erreicht werden. Hierfür stellt man sich, quasi gedanklich, eine Kreisfläche (hellgrau) vor, deren Radius gleich ist dem halben Radius des Inversionskreises. Für die eigentliche Konstruktion ist die Kreisfläche (hellgrau) nicht erforderlich. Die drei Bereiche der möglichen Lage des Punktes , meist gegeben als Abstand zum Mittelpunkt des Inverskreises, und die dafür möglichen Konstruktionsmethoden sind:

  1. Der Abstand des Punktes zu (Bild 3) ist größer als der halbe Radius des Inversionskreises, d. h.
Zuerst wird um den Punkt ein Kreis mit Radius gezogen. Dieser schneidet den Inversionskreis in den Punkten und Die abschließenden Kreise um und mit den Radien bzw. liefern den Bildpunkt
  1. Der Abstand des Punktes zu (Bild 4) ist gleich dem halben Radius des Inversionskreises, d. h.
Zuerst wird um den Punkt ein Kreis mit Radius gezogen und anschließend, mittels dreimaligem Abtragen dieses Radius ab dem Punkt , sein Durchmesser bestimmt. Als Nächstes wird der letzte Kreis mit dem Radius um den Punkt gezogen. Abschließend bedarf es noch eines zweimaligen Abtragens dieses Radius, ab den soeben erzeugten Schnittpunkt um den Bildpunkt zu erhalten.
  1. Der Abstand des Punktes zu (Bild 5) ist kleiner als die Hälfte, aber größer als ein Achtel des Radius des Inversionskreises, d. h.
Im nebenstehenden Bild 5, veranschaulicht die kleine Kreisfläche (rosa) ein Achtel des Radius des Inversionskreises. Für die eigentliche Konstruktion ist die Kreisfläche (rosa) nicht erforderlich. Dies gilt ebenso für die eingezeichneten gepunkteten Linien; sie sollen lediglich einen Vergleich mit der Konstruktion Mit Zirkel und Lineal verdeutlichen.
Zuerst wird um den Punkt ein Kreis mit Radius gezogen und anschließend, durch ein dreimaliges Abtragen dieses Radius, sein Durchmesser bestimmt. Es folgt ein Kreisbogen um mit Radius auf dem, analog zuvor, der Durchmesser erzeugt wird. Nun wird ein Kreisbogen um mit Radius gezogen, der den Inversionskreis in und schneidet. Je ein Kreisbogen um und mit den Radien bzw. schließen sich an und schneiden sich in Um wird ein Kreisbogen mit Radius gezogen auf dem, analog zuvor, der Durchmesser erzeugt wird. Als Nächstes wird der letzte Kreis mit dem Radius um den Punkt gezogen. Abschließend bedarf es noch eines dreimaligen Abtragens dieses Radius, ab dem Punkt um den Bildpunkt zu erhalten.
  • Universelle Methode für Liegt innerhalb des Inversionskreises:
Zunächst halbiert man den Radius des Inversionskreises so oft, bis man einen neuen Kreis erhält, der den Punkt nicht mehr enthält. (Dies ist mit Zirkel allein möglich.) Anschließend konstruiert man wie oben (Bild 2) den Bildpunkt von , wobei die Inversion am neuen Kreis durchgeführt wird. Zuletzt verdoppelt man den Abstand des Bildpunktes doppelt so oft wie man den Radius halbiert hat. (Auch dies ist mit Zirkel allein möglich.) Dieser Punkt ist der gesuchte Bildpunkt.
Auf Grund der Komplexität dieses Verfahrens wird man die Konstruktion wohl kaum durchführen, sie bietet aber eine Möglichkeit den Satz von Mohr-Mascheroni zu beweisen, der besagt, dass man mit Zirkel allein alle Konstruktionen durchführen kann, die mit Zirkel und Lineal möglich sind.

Mit anderen Hilfsmitteln

Es gibt mechanische Geräte, die speziell für die Inversion am Kreis konstruiert wurden, zum Beispiel den Inversor von Peaucellier.

Eigenschaften

  • Die Abbildung vertauscht Inneres und Äußeres des Inversionskreises, die Punkte auf dem Rand sind Fixpunkte.
  • Wendet man die Inversion zweimal an, so erhält man wieder die Ausgangssituation, die Inversion ist also eine Involution.
  • Die Inversion ist eine konforme Abbildung, d. h., sie ist winkeltreu. Insbesondere werden Objekte, die einander berühren, auch wieder auf solche abgebildet.
  • Geraden, die durch den Mittelpunkt des Inversionskreises verlaufen, werden auf sich selbst abgebildet.
  • Geraden, die nicht durch den Mittelpunkt verlaufen, werden auf Kreise abgebildet, die durch den Mittelpunkt gehen.
  • Kreise, die durch den Mittelpunkt verlaufen, werden auf Geraden abgebildet, die nicht durch den Mittelpunkt gehen.
  • Kreise, die nicht durch den Mittelpunkt des Inversionskreises verlaufen, werden wieder auf solche Kreise abgebildet. Allerdings wird der Mittelpunkt des ursprünglichen Kreises durch die Inversion nicht auf den Mittelpunkt des Bildkreises abgebildet.
  • Insbesondere werden Kreise, die den Inversionskreis rechtwinklig schneiden, auf sich selbst abgebildet.

Da die Inversion also nicht geradentreu ist, ist sie im Gegensatz zur Punkt-, Achsen- oder Ebenenspiegelung keine Kongruenzabbildung.

Literatur

  • Coxeter, H. S. M., und S. L. Greitzer: Zeitlose Geometrie, Klett Stuttgart 1983
  • Roger A. Johnson: Advanced Euclidean Geometry. Dover 2007, ISBN 978-0-486-46237-0, S. 121–127 (Erstveröffentlichung 1929 bei der Houghton Mifflin Company (Boston) unter dem Titel Modern Geometry), S. 43–57

Einzelnachweise

  1. Coxeter, H. S. M.; Greitzer, S. L.:Geometry Revisited. Washington, DC: Math. Assoc. Amer. 1967, S. 108 5.3 Inversion (Auszug (Google)) – englische Originalausgabe von Zeitlose Geometrie.
  2. David A. Brannan, Matthew F. Esplen, Jeremy J. Gray: Geometry. Cambridge University Press 1999, 2. Auflage 2011, ISBN 978-1-107-64783-1, S. 281–283 (Auszug (Google))
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