Jürgen Kieser (* 20. August 1921 in Erkner; † 20. Mai 2019 in Neu Zittau) war ein deutscher Comiczeichner, Werbegrafiker und Karikaturist. Bekannt ist er vor allem für seine DDR-Comic-Helden Fix und Fax in den Jahren 1958 bis 1987 in der Zeitschrift Atze.

Leben

Kieser studierte von 1938 bis 1940 an der Ingenieurhochschule Beuth in Berlin. Ab 1940 nahm er als Fluglehrer der Luftwaffe am Zweiten Weltkrieg teil. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete er als Landarbeiter in Gifhorn. In Wernigerode lernte er seine spätere Frau Martha kennen. Die beiden heirateten im dortigen Rathaus. Von 1949 bis 1952 arbeitete Kieser als Dekorationszeichner und Dekorateur in der Filiale der Handelskette HO in der Wollankstraße in Berlin-Pankow und wurde bald darauf Atelierleiter in der HO-Zentrale in der Köpenicker Straße. Gemeinsam mit seinem Kollegen Hans Betcke bewarb er sich 1952 als freischaffender Pressezeichner beim neu gegründeten Verlag Junge Welt. Mit dem Arbeitswechsel stieg auch sein Verdienst von monatlich 400 auf 600 Mark.

Erste Bildgeschichten entstanden für die Pionierzeitung Die Trommel. Er nutzte von nun an sein Kürzel „Jük“, bis er es gegen Mitte der 80er Jahre in „Kieser“ änderte. Die ersten Ausgaben der Kinderzeitschrift Fröhlich sein und Singen (später FRÖSI) gestaltete er mit seinem Kollegen Karl Fischer, der einen realistischen Zeichenstil pflegte, größtenteils allein. Später wurde FRÖSI mit acht festen Mitarbeitern eine der am kostenintensivsten hergestellten DDR-Kinderzeitschriften. Neben anderen Figuren entwickelte Kieser auch den Reporter-Raben Droll, der als FRÖSI-Redaktionsmaskottchen eingesetzt werden sollte, jedoch nicht konsequent genug genutzt wurde. Zudem zeichnete und textete er Bildgeschichten für die Wochenpost und andere Zeitschriften.

Für das Comic-Magazin Atze schuf Kieser 1955 die Figur des Berliner Jungen Atze. Nach verschiedenen Bildgeschichten erschienen zwischen 1958 und 1987 350 Folgen der Mäuseabenteuer von Fix und Fax, die als die langlebigsten Comic-Helden der DDR gelten. Die gewünschte „Vermittlung naturwissenschaftlicher, touristischer und anderer Kenntnisse“ und die „Anerziehung solcher Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Unterstützung Schwächerer“ entsprachen auch Kiesers Vorstellungen, sodass er frei von inhaltlichen Auflagen arbeiten durfte. Die Mäuse wurden außerhalb der Zeitschrift Atze auch für die Gesundheits- und Verkehrserziehung und für die Brandschutzaufklärung eingesetzt. So entstand zum Beispiel 1969 im Auftrag des Deutschen Hygiene-Museums der DEFA-Puppentrickfilm Dem Täter auf der Spur zur Impfaufklärung. 1999 wurde auf der Grundlage der Mäuseabenteuer 50 bis 56 von 1962 der Pilot-Trickfilm Abenteuer mit Fix und Fax – Das fliegende Geschenk produziert. Die dazu ursprünglich geplante Serie konnte aufgrund fehlender Mittel nicht hergestellt werden.

Kieser lebte in Neu Zittau. Er war ab 1952 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR und u.a. 1977/1978, 1982/1983 und 1987/1988 an der VII. bis X. Kunstausstellung der DDR in Dresden beteiligt. Zwischen 1978 und 1990 gehörte er neben Gerhard Vontra, Manfred Bofinger, Heinz Jankofsky u.a. zu den regelmäßigen Mitarbeitern der Humorseite der Neuen Berliner Illustrierten. Mitte der 1970er Jahre prägte er mit einigen Kollegen den Begriff „Plastikatur“, womit plastisch dargestellte Karikaturen bezeichnet wurden. So baute Kieser zum Beispiel eine elektrische Sanduhr, die ununterbrochen Sand über ein Förderband transportierte oder die „Partnerflasche“, eine zweifach abschließbare Wodkaflasche für misstrauische Trinkkumpane. Er war mit seinen Arbeiten auf den Ausstellungen Satiricon und Karigrafie vertreten. Das Greizer Karikatur-Museum Satiricum erwarb Kiesers Exquisit-Schwäne für seine Sammlung. Weitere Arbeiten Kiesers befinden sich u.a. in der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.

Bildgeschichten

  • Mausefips, erschienen 1953 in der ersten Ausgabe der FRÖSI
  • Bulli prüfte mich, eine Erzählung von Heinz Fiedler, erschienen in Die Schulpost Nr. 2 / 1954
  • Quambo macht eine Reise, erschienen in Atze Heft 3 / 1955
  • Hasenkinder Nuck und Nick, erschienen in Atze Heft 4 / 1955
  • Füchslein Gernegroß, erschienen in Atze Heft 5 / 1955
  • Wie der Maulwurf vor dem Schaden klug wurde, erschienen in Atze Heft 6 / 1955
  • Bimbos Heldentat, erschienen in Atze Heft 10 / 1955, Bimbos Abenteuer in Atze Heft 10 / 1959
  • Das überhebliche Häslein, erschienen in FRÖSI Heft 3 / 1956
  • Nimmerklug, der Zauberer, erschienen in FRÖSI Heft 5 / 1960, nach Nimmerklug in Sonnenstadt von Nikolai Nossow
  • Im Tierpark, in Zusammenarbeit mit Willy Moese erschienen in FRÖSI Heft 9 / 1974

Bildgeschichtenserien

  • Balduins Abenteuer, erschienen 1954 bis 1956 in Unser Robinson. Kleines Blatt für junge Bücherfreunde, einer Werbezeitschrift für die Neuerscheinungen des Kinderbuchverlages
  • Meisterdetektiv Ulrich, erschienen in den Heften 9–12 / 1954 in Die Schulpost
  • Jürgen Naseweis, erschienen in 9 Folgen mit Texten von Heinrich Gage 1954 in der Wochenpost
  • Mausefips, erschienen 1955 in Atze
  • Mops und Ede, erschienen von 1955 bis 1956 in Die Schulpost
  • Atze, erschienen ab 1955 bis 1963 von Jürgen Kieser in Atze, später von Hans Betcke und Irmtraut Wittig gezeichnet
  • Lobos lustige Streiche, erschienen in 12 Folgen mit Texten von Heinrich Gage 1955 in der Wochenpost
  • Klaus und Inges Reise, erschienen 1956 in der Jungen Welt
  • Geschichten um Olaf, erschienen in FRÖSI
  • Kater Riko, erschienen 1957 in Atze
  • Fix und Fax, erschienen von 1958 bis 1987 in Atze, von 1987 bis 1990 wurden sie von Eugen Gliege (Zeichnungen) und Hartmut Seefeld (Verse) fortgeführt
  • Die geheimnisvolle Truhe, erschienen 1958 in der Wochenpost
  • Auh Backe, Macke, erschienen 1960 in der Wochenpost
  • Macke im Tierpark, erschienen 1961 in der Wochenpost
  • Trix und Droll, erschienen in Zusammenarbeit mit Willy Moese in FRÖSI 1973 bis 1975

Ehrungen

Literatur

  • Jürgen Kieser: Der Wettlauf zwischen Hase und Swinegel; Kunstverlag Heinz Kade, Potsdam 1946
  • Jürgen Kieser: Malbuch für kleine Leute, 16-seitige Publikation der HO in Farbe 1951
  • Dieter Wilkendorf, Peter Haunschild: Spiel mit; Verlag Neues Leben, Berlin 1956 (Illustrationen: J. Kieser)
  • Dieter Wilkendorf, Peter Haunschild: Rate mit; Verlag Neues Leben, Berlin 1957 (Illustrationen: J. Kieser)
  • Hannes Hüttner: Die seltsamen Abenteuer des Reisenden Cäsar Punkt, Bunte Reihe von A–Z, Verlag Junge Welt, Berlin 1957 (Illustrationen: J. Kieser)
  • Jürgen Kieser: Lustige Mäuseabenteuer; Verlag Junge Welt, Berlin 1964
  • Jürgen Kieser: Lustige Mäuseabenteuer – Neue Folge; Verlag Junge Welt, Berlin 1965
  • Axel Zorn: Axel und die Autos: Ein vielseitiges Bildkartenspiel für Kinder von 6 Jahren an; Verlag Neubert, Karl-Marx-Stadt 1965 (Illustrationen: J. Kieser)
  • Jürgen Kieser: Lustige Mäuseabenteuer – 3. Folge; Verlag Junge Welt, Berlin 1966
  • Jürgen Kieser: Boot in Not; 16-seitige Kinderfibel für das Deutsche Hygiene-Museum, 1968
  • Jürgen Kieser: Fix und Fax Bilderbuch zum 25. Jahrestag der Deutschen Volkspolizei, 1970
  • Jürgen Kieser: Kinderkalender 1974; Deutsches Hygiene-Museum, 1974
  • Jürgen Kieser: Macht alle mit! Material für die Arbeit mit Kindern; Verlag Junge Welt, Berlin 1974
  • Willy Moese: Macke, Prospektserie zum Thema Ordnung und Sicherheit, 1977 (Text: J. Kieser)
  • Jürgen Kieser: Der Wunschring – Mäusegeschichten mit Fix und Fax; Verlag Junge Welt, Berlin 1982
  • Jürgen Kieser: Zeitvertreib mit Fix und Fax; Spiel- und Malheft, Verlag Junge Welt, Berlin 1988
  • Michael F. Scholz: Besuch bei Jürgen Kieser. In: Die Sprechblase. Das deutsche Comic-Magazin, 1993 (18. Jg.), Nr. 134, S. 16–20.
  • Michael F. Scholz (Hrsg.): Das Jürgen-Kieser-Buch. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag, Berlin 2001, ISBN 978-3-932667-29-9.
  • Klassiker der DDR-Bildgeschichte / Ausg. 9. Fix und Fax und ihre Freunde 2007, Limitierte Erstaufl.
  • Fix und Fax. Lustige Mäuseabenteuer. Bilder und Verse von Jürgen Kieser. (Sammleredition hrsg. von Michael F. Scholz), Berlin 1994–2001, (25 Bd.).
  • Kieser, Jürgen. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010. ISBN 978-3-355-01761-9, S. 434
  • Michael F. Scholz: Kieser, Jürgen. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Möller, Thomas (Hrsg.): Die Maus in uns ... Eine Hommage an Jürgen Kieser. Comicmuseum Neubrandenburg, Neubrandenburg 2019, Limited Edition, ohne ISBN.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Michael F. Scholz: Wer ist Jürgen Kieser? In: Lustige Mäuseabenteuer. Band 1. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag GmbH, Berlin 1994, S. 41 ff.
  2. Michael F. Scholz: „Fröhlich sein und Singen“ (Teil I). In: „Fix und Fax“ Band 22. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag GmbH, Berlin 2000, ISBN 3-932667-12-3, S. 45 ff.
  3. Michael F. Scholz: Fix und Fax auf der Leinwand. In: „Fix und Fax“ Band 18. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag GmbH, Berlin 1999, ISBN 3-932667-08-5, S. 45 ff.
  4. Michael F. Scholz: Karikaturen. In: „Fix und Fax“ Band 21. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag GmbH, Berlin 2000, ISBN 3-932667-11-5, S. 47 ff.
  5. 1 2 Michael F. Scholz: Plastikaturen von Jürgen Kieser. In: „Fix und Fax“ Band 6. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag GmbH, Berlin 1996, ISBN 3-9803882-6-3, S. 45 ff.
  6. Hanno Moritz Kunow: "Fix und Fax"-Schöpfer Jürgen Kieser ist tot. In: Rundfunk Berlin-Brandenburg. rbb24.de, 21. Mai 2019, archiviert vom Original am 23. Mai 2019; abgerufen am 21. Mai 2019.
  7. Michael F. Scholz: Über Jürgen Kieser. In: Das Jürgen-Kieser-Buch. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag GmbH, Berlin 2001, ISBN 3-932667-29-8, S. 3 ff.
  8. Axel Frohn: „Eddie“-Preis an Jürgen Kieser. In: Karigrafie 84 (Ausstellungskatalog). Berlin (Ost) 1984.
  9. Plastikatur: Gabelvariante. In: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Abgerufen am 25. September 2023.
  10. Distel erhält Preis!, Die Distel vom 3. Oktober 2010
  11. F.-B. Habel, "Ah, Ossis!", in: junge Welt, 22. August 2019.
  12. Möller, Thomas (Hrsg.): Die Maus in uns ... Eine Hommage an Jürgen Kieser. Comicmuseum Neubrandenburg, Neubrandenburg 2019, Limited Edition, ohne ISBN. (Das Buch zur Ausstellung)
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