Die JS B 3/4 ist ein Dampflokomotivtyp der Jura-Simplon-Bahn, welcher ab 1896 in der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur gebaut wurde. Die jungen Schweizerischen Bundesbahnen bauten nahtlos an die JS-Serie weitere Exemplare diesen Loktyps nach, sodass diese Baureihe insgesamt 147 Dampflokomotiven umfasste. Das Haupteinsatzgebiet dieser Lokomotiven waren Schnell-, Personen- und leichte Güterzüge, wobei die Schnellzugsleistungen mit Aufkommen der JS A 3/5, respektive der späteren SBB A 3/5 701 ab 1902, abnahmen. Dabei wurden die B 3/4 auf dem ganzen Netz der JS, respektive in allen SBB-Kreisen, eingesetzt.

Die Lokomotiven B 3/4, welche bei der JS die Nummern 301–375 und bei den SBB 1601–1675 sowie 1676–1747 belegten, wurden ab 1923 sukzessive ausrangiert. Ein Exemplar fand Verwendung als Motorspritzwagen. Mit dem Verkauf von fünf Einheiten in die Niederlande im Jahre 1945 verschwanden die letzten Lokomotiven dieses Typs von den Schweizer Schienen. Von den Dampflokomotiven B 3/4 1601–1747 existiert heute kein Exemplar mehr.

Dieser Loktyp diente als Grundlage für den Bau der SBB Baureihe B 3/4, Serie 1301–1369.

Die Lokomotiven mit derselben Bezeichnung B 3/4 oder A3T der JS-Vorgängerbahnen SOS (Nrn. 201–204) und JBL (Nrn. 205–222) sowie der SBB (Nrn. 1301–1369) und deren anderen Vorgängerbahnen NOB (Nrn. 171–192), SCB (Nrn. 111–117, 201...225) und VSB (Nrn. 101–115) sind nicht Teil dieses Artikels.

Bauart B 3/4 Typ JS

JS B 3/4 (A3T)
1. Lokomotive der Serie, noch als Nr. 231 bezeichnet, abgeliefert als 1000. Lokomotive der SLM Winterthur
Nummerierung: JS 301–375
SBB 1601–1675
Anzahl: 75
Hersteller: SLM Winterthur
Baujahr(e): 1896–1902
Ausmusterung: 1923–1945
Bauart: 1C' n3v
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 16 m
Kuppelachsradstand: 3900 mm
Gesamtradstand: 6310 mm
Radstand mit Tender: 12360 mm
Leermasse: 49,5 t
Dienstmasse: 54,8 t
Dienstmasse mit Tender: 83,8 t
Reibungsmasse: 44,5 t
Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h
Anfahrzugkraft: 6750 kg
Treibraddurchmesser: 1520 mm
Laufraddurchmesser: 301: 1030 mm
302–375: 850 mm
Zylinderanzahl: 3
HD-Zylinderdurchmesser: 500 mm
ND-Zylinderdurchmesser: 2x 540 mm
Kolbenhub: 600 mm
Kessel: Ø 1450 mm
Kesselüberdruck: 14 Atm
Anzahl der Heizrohre: 238
Heizrohrlänge: 3800 mm
Rostfläche: 2,3 m2
Strahlungsheizfläche: 12,3 m2
Rohrheizfläche: 116,2 m2
Tender: JS dreiachsig
Dienstmasse des Tenders: 29 t
Wasservorrat: 11,7 m3
Brennstoffvorrat: 5 t
Antrieb: De Glehn
Bremse: Klotzbremse Westinghouse
Zugheizung: Dampf
Geschwindigkeitsmesser: Hausshälter
Steuerung: Heusinger

Geschichte

Dank dem bereits 1875 und 1886 bei der Nordostbahn und Nationalbahn erfolgreich angewendeten Lokomotivtyp Mogul, profitierten 1887 unter anderem auch die Suisse-Occidentale-Simplon Bahn von diesen Erfahrungen und bestellten vier Lokomotiven diesen Typs: A3T Nrn. 91–94, später JS A3T Nrn. 201–204 und ab 1903 SBB B 3/4 Nrn. 1421–1424. Als Ersatz der in die Jahre gekommenen und dem gesteigerten Verkehr nicht mehr gewachsene Lokomotiven des Typs Stephenson und Bourbonnais wurde der Loktyp A3T von der JS als Standard festgelegt. Es galt, weitere Loks diesen Typs zu bestellen und gleichzeitig deren Leistung zu erhöhen. Die Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur SLM entwarf und baute ab 1896 in einer Stückzahl von 75 Exemplaren die 45 t schwere vielseitig einsetzbare Schlepptenderlokomotive A3T, Serie 301–375.

Konstruktion

Für den Entwurf dieses Loktyps waren folgende Punkte massgebend:

  • Erhöhung des Adhäsionsgewichts der drei Kuppelachsen auf das Maximum von 45 t
  • Vergrösserung des Kessels, der Feuerbüchse und der Rostfläche. Erhöhung des Kesseldrucks auf 14 Atm
  • Möglichst ruhiger und sicherer Lauf bis zur Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h
  • Beseitigen der Anfahrschwierigkeiten, wie sie vor allem bei Zweizylindermaschinen vorkommen
  • Reduktion der Zylindergrösse durch Vermehrung derselben
  • Verbundwirkung, die ohne Anfahrvorrichtungen auskommt und einer Zwillingsmaschine in keiner Weise nachsteht
  • Erhöhte Kohlen- und Wasservorräte des Tenders
  • Es wird verlangt, ein Zugsgewicht von 200 t auf einer Strecke mit 20 ‰ Neigung mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h zu befördern.

Die Lokomotiven JS B 3/4 standen auf einem Innenrahmen. Die Tragfedern der Kuppelachsen waren unterhalb der Achslager aufgehängt und diejenigen der Laufachse über der Achslager. Die Laufachse war nach System Adams mit einer Spiralfederabstützung ausgebildet. Die Rückstellung in die Mittellage der Laufachse erfolgte durch Keil-Auflageflächen. Während bei Lok Nr. 301 der Laufraddurchmesser 1030 mm betrug, wiesen die übrigen Lokomotiven Nrn. 302–375 einen Laufraddurchmesser von 850 mm auf. Alle Lokomotiven waren mit der Westinghousebremse ausgerüstet, welche ebenfalls auf den Schlepptender wirkte. Die Triebradbremse wurde bei den ersten Maschinen der Serie über ein äusseres Gestänge angesteuert. Dieses Gestänge wurde später innenliegend angebracht.

Bei dieser Baureihe wurde schweizweit erstmals serienmässig eine Weyermanns'sche Dreizylinder-Verbundmaschine (Rudolf Weyermann war Maschinenmeister der JS) angewendet. Vorreiter dieser Ausführung spielte dabei die GB A 3/5 Nr. 201, welche versuchsweise mit einer Maschinenanordnung ähnlich der JS B 3/4 ausgerüstet wurde.

Die Nassdampf-Dreizylinder-Verbundmaschine wurde mittels der Steuerung des Typs Heusinger angesteuert. Die Umsteuerung geschah unverändert auf alle drei Zylinder gemeinsam. Der Antrieb war nach Bauart de Glehn ausgebildet. Das heisst, die erste und zweite Achse wurden von Kolbenstangen angetrieben. Dabei trieb der zwischen dem Rahmen gelagerte und im Verhältnis 1:20 geneigte Hockdruck-Innenzylinder die erste und die beiden waagrechten Niederdruck-Aussenzylinder die zweite Achse an. Die Hoch- und Niederdruckzylinder wiesen annähernd den gleichen Durchmesser und eine Kurbelversetzung von 120 Grad auf. Der Hochdruckzylinder hatte 60 % und die beiden Niederdruckzylinder 40 % der Leistung zu bewältigen. Gegenüber den Aussenzylindern wies der Innenzylinder infolge der bis zum Stossbalken vorgezogenen Position, der Wirkung auf die erste Kuppelachse (welche als Kropfachse ausgebildet war) und der entsprechend kurzen Baulänge keine durchgeführte Kolbenstange auf. Ein Ricour-Saugventil, angeordnet auf dem Kesselscheitel vor dem Kamin, belüftete alle drei Zylinder gemeinsam und sorgte einerseits für einen ruhigeren Leerlauf und vermied andererseits einen Überdruck.

Der Kessel trug den Dampfdom, dessen Schieberregulator wie bei den JS Ec 3/4 über einen äusseren Zug, mit einem langen, seitlich und über die Feuerbüchse angeordneten Hebel betätigt wurde. Die Dampfableitung wurde zu Beginn mit einem einzelnen und später mit einem doppelten Rohr ausgerüstet. Die Lokomotiven arbeiteten mit einem Dampfdruck von 14 Atm Druck. Das direkt belastete Sicherheitsventil des Typs Ramsbottom befand sich direkt über der Feuerbüchse. Die Feuerbüchse kam hinter den beiden hinteren gekuppelten Achsen zu stehen. Diese war mit einem Kipprost ausgestattet, was das Entschlacken erleichterte. Die Ein- und Überstromrohre befanden sich in der Rauchkammer. Die Rauchkammer konnte über die Rauchkammertür erreicht werden. Die Rauchkammertür konnte mittels mittig angebrachtem Verschluss geöffnet werden. Der Sanddom war ebenfalls auf dem Kessel angebracht. Die Betätigung der Streuvorrichtung erfolgte einerseits mittels Handzug und bei Loks 301–360 zudem mittels Dampf nach System Gresham. Die Loks 361–375 und später auch die vorherigen Exemplare erhielten eine Druckluftbetätigung nach System Leach. Auffallend am Kessel war die stahlblaue Kesselverkleidung ohne Anstrich, welche damals Regel an allen Dampflokomotiven war.

Dem Lokführer stand zum Ablesen der Fahrgeschwindigkeit ein Hausshälter'scher Geschwindigkeitsmesser zur Verfügung. Die Loklaternen waren vor der Rauchkammertür auf dem Umlaufblech (untere Laternen) und auf dem Kesselscheitel (obere Spitzenlaterne) angebracht. Das Umlaufblech wurde durch den Zylinderblock unterbrochen, wobei der vordere Bereich des Umlaufblechs tiefer als der unter dem Kessel befindliche Bereich ausgerichtet wurde. Im vorderen Bereich des Umlaufblechs waren beidseitig Aufstiegstritte angebracht. Typisches Merkmal der JS-Maschinen waren die Radkappenbleche.

Jede Lok trug ihre Nummer mit verchromten Ziffern seitlich aussen am Führerhaus und seitlich am Tender. Später wurden die Loknummern am Tender auch hinten angebracht. Zudem war ein gegossenes Nummernschild am Kamin vorhanden. Die ebenfalls gegossenen SLM-Werkschilder waren jeweils unter der Loknummer am Führerhaus angebracht.

Der Schlepptender war bei der Lok Nr. 301 zuerst zwei-, bei den übrigen Maschinen Nrn. 302–375 ab Werk dreiachsig aufgebaut. Letztere fassten einen Wasservorrat von 11,7 m3 und einen Kohlenvorrat von 5 t. Die Wasserkasten waren seitwärts platziert, der Kohlekasten hinter dem Führerstand. Ferner war eine 12-klötzige Spindelbremse vorhanden.

Die Belastungsnorm dieser Loks lag auf ebener Bahn zwischen 360 und 900 t und 140 bis 160 t auf 25 ‰ Steigung. Die A3T 301–375 besassen eine Zugkraft von 6750 kg und eine Leistung von 875 PS bei einer Geschwindigkeit von 35 km/h.

Einsatz

Die erste Lok dieser Serie, Nr. 231 – die spätere Nr. 301, wurde im Oktober 1896 abgeliefert und gelangte zu Versuchs- und Probefahrten in die Depots Luzern und Delémont. Ab dem 1. Juni 1897 stand sie im Depot Fribourg im Einsatz. Diese Lok ist zeitgleich die 1000. von der SLM gebaute Lokomotive. Einer anderen Ehre kam die Lok Nr. 336. Dieses Exemplar wurde 1900 an der Weltausstellung in Paris gezeigt.

Bis zur Ablieferung der 3/5-gekuppelten Schnellzugslokomotiven, führten die JS B 3/4 die Schnell-, Personen- und leichte Güterzüge auf dem Netz der Jura-Simplon Bahn. Mit Übernahme der JS durch die SBB erweiterte sich das Einsatzgebiet der JS B 3/4 auf das ganze SBB-Netz. Auch noch unter SBB-Hoheit konnten die B 3/4 vor Fern- und Nachtzügen gesichtet werden, da diese Kompositionen je nach Verbindung kurz ausfielen. Lokomotiven Die JS B 3/4, respektive A3T, Serie 301–375 bewährte sich in Sachen Leistung und Wirtschaftlichkeit insofern, dass der Loktyp in insgesamt 147 Stück gebaut wurde (JS und Nachbau der SBB), was der grössten Dampflokserie der SBB entsprach. Die Dreizylinder-Verbundmaschine sorgte für einen ruhigen Lauf und eine ausgeglichene Masse. Starke Längszuckungen wie bei Zwillingsmaschinen oder einen unruhigen Lauf im oberen Geschwindigkeitsbereich wie bei Vierzylinder-Verbundmaschinen wurden vermieden.

Mit Eingliederung der Loks 301–375 in die Schweizerischen Bundesbahnen, wurden die JS-Maschinen neu mit den Nummern 1601–1675 versehen. Die Kreiszuteilung der Loks sah zusammen mit den von den SBB nachbestellten B 3/4 1676–1747, folgendermassen aus:

  • 1635–1663, 1684–1690, 1701–1707, 1723–1725, 1740–1747: Kreis I (Lausanne)
  • 1603–1634, 1691–1700, 1726–1731: Kreis II (Basel)
  • 1708–1719, 1732–1739: Kreis III (Zürich)
  • 1664–1683, 1720–1722: Kreis IV (St. Gallen)
  • 1601–1602: Kreis V (Luzern)

Die Kreiszugehörigkeit wurde am Führerhaus jeder Lok mit einem runden Schild gekennzeichnet. Der Unterhalt der Lokomotiven wurde in den Werkstätten Yverdon, Biel sowie Olten und Rorschach getätigt.

Verbleib

Mit der einsetzenden Elektrifizierung des SBB-Netzes ab 1919 wurden den B 3/4 die Existenzgrundlage fortlaufend entzogen. Der Grossteil aller Lokomotiven wurde ab 1923 nach ca. 25 bis 30 Betriebsjahren bereits ausrangiert und anschliessend abgebrochen. Die Lokomotiven Nrn. 1608 (JS 308) und 1617 (JS 617) gelangten zusammen mit den SBB-Maschinen Nrn. 1695, 1721 sowie 1729 und verschiedenen anderen SBB-Dampflokomotiven nach Auflösen der Dampflok-Kriegsreserven im Jahre 1945 in die Niederlande. Dort wurden die Lokomotiven als NS 3001–3005 eingesetzt.

JS-NummerSBB-NummerSLM-FabriknummerBaujahrAusrangierungVerbleibBemerkungen
3011601100018961925Abbruch
  • 1000. Lok der SLM
  • Vor der Übergabe an die JS mit der Nummer 231 versehen
  • Zu Beginn vollständig olivgrüner Anstrich und rote Filets
  • Tender zu Beginn zweiachsig
3021602109018981929Abbruch
  • Erhielt als Lok 1602 als Einzige aller B 3/4 einen zweiten Kessel,
    kein Überhitzer
3031603109118981925Abbruch
3041604109218981928Abbruch
3051605109318981924Abbruch
3061606109418981925Abbruch
3071607109518981936Abbruch
3081608109618981945Verkauf in die Niederlande, dort NS 3001
  • Kriegsreserve der SBB bis Ende des Zweiten Weltkrieges
3091609109718981928Abbruch
3101610109818981925Abbruch
3111611109918981928Abbruch
3121612110018981926Abbruch
3131613110118981928Abbruch
3141614110218981928Abbruch
3151615110318981925Abbruch
3161616117118991929Abbruch
3171617117218991945Verkauf in die Niederlande, dort NS 3002
  • Kriegsreserve der SBB bis Ende des Zweiten Weltkrieges
3181618117318991928Abbruch
3191619117418991925Abbruch
3201620117518991936Abbruch
3211621117618991926Abbruch
3221622117718991925Abbruch
3231623117818991925Abbruch
3241624117918991936Abbruch
3251625118018991926Abbruch
3261626118118991925Abbruch
3271627123619001925Abbruch
3281628123719001937Abbruch
3291629123819001931Abbruch
3301630123919001925Abbruch
3311631124019001928Abbruch
3321632124119001925Abbruch
3331633124219001925Abbruch
3341634124319001923Abbruch
3351635124419001928Abbruch
3361636127119001925Abbruch
  • 1900 ausgestellt an der Pariser Weltausstellung,
    Führerhaus und Tender olivgrün gestrichen
3371637127219001933Abbruch
3381638127319001925Abbruch
3391639127419001925Abbruch
3401640127519001936Abbruch
3411641127619001931Abbruch
3421642127719001925Abbruch
3431643132019001925Abbruch
3441644132119001925Abbruch
3451645132219001935Abbruch
3461646132319001926Abbruch
3471647132419001933Abbruch
3481648132519001925Abbruch
3491649134319011926Abbruch
3501650134419011925Abbruch
3511651134519011925Abbruch
3521652134619011925Abbruch
3531653134719011935Abbruch
3541654134819011925Abbruch
3551655134919011925Abbruch
3561656135019011925Abbruch
3571657135119011926Abbruch
3581658135219011926Abbruch
3591659135319011926Abbruch
3601660135419011932Abbruch
3611661141619021928Abbruch
3621662141719021925Abbruch
3631663141819021925Abbruch
3641664141919021926Abbruch
3651665142019021925Abbruch
  • Nachträglicher Einbau einer Regulierbremse
3661666144619021928Abbruch
3671667144719021925Abbruch
3681668144819021935Abbruch
3691669144919021928Abbruch
3701670145019021928Abbruch
3711671145119021926Abbruch
3721672145219021926Abbruch
3731673145319021928Abbruch
3741674145419021926Abbruch
3751675145519021925Abbruch

Nachbaulokomotiven B 3/4 der SBB

SBB B 3/4
SBB B 3/4 1730
Nummerierung: 1676–1747
Anzahl: 72
Hersteller: SLM Winterthur
Baujahr(e): 1902–1907
Ausmusterung: 1925–1945
Bauart: 1C' n3v
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 16235 m
Kuppelachsradstand: 3900 mm
Gesamtradstand: 6310 mm
Radstand mit Tender: 12645 mm
Leermasse: 50,4 t
Dienstmasse: 56,4 t
Dienstmasse mit Tender: 90,2 t
Reibungsmasse: 44,8 t
Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h
Anfahrzugkraft: 6750 kg
Treibraddurchmesser: 1520 mm
Laufraddurchmesser: 850 mm
Zylinderanzahl: 3
HD-Zylinderdurchmesser: 500 mm
ND-Zylinderdurchmesser: 2x 540 mm
Kolbenhub: 600 mm
Kessel: Ø 1450 mm
Kesselüberdruck: 14 Atm
Anzahl der Heizrohre: 230
Heizrohrlänge: 3800 mm
Rostfläche: 2,3 m2
Strahlungsheizfläche: 12,3 m2
Rohrheizfläche: 116,2 m2
Verdampfungsheizfläche: 135,8 2
Tender: JS dreiachsig, ab Nr. 1691 SBB dreiachsig
Dienstmasse des Tenders: 29 t
Wasservorrat: 16 m3
Brennstoffvorrat: 5 t
Antrieb: De Glehn
Bremse: Klotzbremse Westinghouse
Zugheizung: Dampf
Geschwindigkeitsmesser: Hausshälter
Steuerung: Heusinger

Geschichte

Zur Betriebsübernahme 1902/1903 sahen sich die Schweizerischen Bundesbahnen gezwungen, den Lokomotivbestand tiefgreifend zu erneuern und zu ergänzen. Zu den leistungsfähigsten Lokomotiven gehörten die gut 170 Stück 3/4 gekuppelten Lokomotiven des Typs Mogul. Nur etwa die Hälfte dieser Loks wies ein Adhäsionsgewicht von 45 t auf – mit unter die 75 Exemplare der JS B 3/4. Um den Rückstand an Lokomotiven generell aufzuholen, gaben die SBB bei der SLM Nachlieferungen der von den SCB, NOB und JS letztgebauten und leistungsstärksten Lokomotiven in Auftrag. Bei der JS waren dies Lokomotiven des Typs Ec 3/4, sowie B 3/4 (hiervon handelt dieser Artikel) und A 3/5. Die 72 nachgebauten B 3/4 erhielten bei den SBB die fortlaufende Nummerierung 1676–1747 und wurden zwischen 1902 und 1907 gebaut.

Des Weiteren beauftragten die SBB die SLM zur Ausarbeitung leistungsfähigerer Lokomotiven unter Einbezug des erhöhten Achsdrucks, der Vermehrung der Kuppelachsen und der Anwendung des drei- und vierzylindrigen Verbundsystems, sowie ab 1905 Heissdampflokomotiven in Zwillings- und Verbundmaschinen. Die B 3/4 1601–1675, respektive die 1675–1747 dienten so gleichzeitig als Vorlage für die späteren Schlepptenderloks B 3/4 1301–1369 mit Heissdampf-Zwillingsmaschinen.

Konstruktion

Grundsätzlich sind die Lokomotiven der Serie 1676–1747 identisch mit der JS-Version. Im Verlauf der Bestellung, respektive des Lokbaus an sich, kam es laufend zu leichten Modifizierungen. Die Maschinen 1726–1747 erhielten ab Werk ein Hilfsregulatorventil, welches das Schleudern der Maschine beim Anfahren verminderte. Das Ventil leitete Frischdampf auf die beiden Niederdruck-Aussenzylinder, welches die Leistung derer erhöhte und durch Gegendruck auf den Hockdruck-Innenzylinder hemmte. Ab die Lokomotiven 1691-1747 erhielten ab Werk einen SBB-Schlepptender mit 16 m3 Wasservorrat und einer seitlich angebrachten Wasserstandsanzeige. Selbige Lokomotiven erhielten ab Anfang eine Regulierbremse, die ebenfalls bei der Lok Nr. 1665 eingebaut wurde.

Ab der Lok Nr. 1718 (SLM-Fabriknummer 1626) kam ein zum Tender hin verlängertes Kabinendach zur Anwendung. Die Frontfenster wurden neu oval statt rechteckig ausgeführt. Dies verlieh der Lokomotive ein SBB-typisches Aussehen. Ab der Lok Nr. 1726 (SLM-Fabriknummer 1764) gelangte ein erhöhtes und markant bombiertes Dach mit einer geänderten Dachlüftung zur Ausführung. Die bereits zuvor angewendete Dachverlängerung und die oval geformten Frontfenster wurde beibehalten. Diese Version der Führerkabine mit starker Dachwölbung, jedoch ohne Dachverlängerung, wurde bereits 1905 bei den Prototyplokomotiven B 3/4 1301–1302 (SLM-Fabriknummern 1634 und 1635) angewendet und kam anschliessend bei deren Serienausführung zur Anwendung.

Gegenüber den JS-Maschinen, trugen alle SBB-Maschinen die obere Spitzenlaterne mittig auf der Rauchkammertür. Die Loknummer wurde am Tender neu hinten statt seitlich am Tender angebracht.

Einsatz

Die Lokomotiven B 3/4 1676–1747 kamen zusammen mit den JS-Vorläufern B 3/4 1601–1675 in allen SBB-Kreisen zum Einsatz. Siehe auch JS B 3/4#Bauart B 3/4 Typ JS.

Verbleib

Die nachbestellten Lokomotiven 1676–1747 erlitten dasselbe Schicksal wie ihre JS-Vorläufer. Nach einer identischen Laufzeit wurden die Loks aus dem Betrieb genommen und ausrangiert. Die Lokomotiven 1695, 1721 und 1729, welche zusammen mit den JS-Maschinen 1608 und 1617 bis 1945 bei den SBB als Kriegsreserve verblieben, gelangten nach Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen in die Niederlande.

Wie viele andere Lokomotiven derselben Serie, wurde die Nr. 1736 im Jahre 1928 aus dem Betrieb gezogen. Sie wurde zur Reinigung der Fahrleitungstragwerke hergerichtet und erhielt als Xdm4 99658 bis 1930 ein letztes Betätigungsfeld. Anschliessend erfolgte der Abbruch dieser Lok. Zu diesem Spritzzug gehörten nebst dem bereits erwähnten Motorspritzwagen die ehemaligen Tender der Loks 1736 und 731, immatrikuliert als X3 99659 und X4 99660. Dass eine Ausrangierung nicht definitiv ist, zeigt das Beispiel der 1929 ausrangierten B 3/4 Nr. 1689. Diese Lok wurde im Jahr darauf noch einmal revidiert und ersetzte bis 1935 eine andere Maschine aus dem Bestand der B 3/4. Eine nicht weiter erfasste Zahl an Tender der B 3/4 1601–1747 wurden als Unkrautvertilgungswagen, Tankwagen oder Schlackenwagen weiterverwendet. Alle übrigen Lokomotiven wurden nach ihrer Ausrangierung verschrottet.

SBB-NummerSLM-FabriknummerBaujahrAusrangierungVerbleibBemerkungen
1676149719031928Abbruch
1677149819031935Abbruch
1678149919031925Abbruch
1679150019031932Abbruch
1680150119031938Abbruch
1681150219031925Abbruch
1682150319031931Abbruch
1683150419031925Abbruch
1684151719031929Abbruch
1685151819031933Abbruch
1686151919031926Abbruch
1687152019031925Abbruch
1688152119031925Abbruch
1689152219031929/35Abbruch
  • Erste Ausrangierung 1929, 1930 revidiert
  • 1935 definitive Ausrangierung
1690152319031925Abbruch
1691152619031929Abbruch
  • Ab Nr. 1691 wird der grössere SBB-Tender mitgeliefert
1692152719031926Abbruch
1693152819031933Abbruch
1694152919031935Abbruch
1695153019031945Verkauf in die Niederlande, dort NS 3003
  • Kriegsreserve der SBB bis Ende des Zweiten Weltkrieges
1696154119031928Abbruch
1697154219031928Abbruch
1698154319031927Abbruch
1699154419031928Abbruch
1700154519031928Abbruch
1701157519041928Abbruch
1702157619041932Abbruch
1703157719041928Abbruch
1704157819041935Abbruch
1705157919041928Abbruch
1706158019041931Abbruch
1707158119041929Abbruch
1708158919041938Abbruch
1709159019041932Abbruch
1710159119041929Abbruch
1711159219041929Abbruch
1712159319041926Abbruch
1713159719041925Abbruch
1714159819041928Abbruch
1715159919041928Abbruch
1716160019041928Abbruch
1717160119041926Abbruch
1718162619051927Abbruch
  • Ab Nr. 1718 wird ein verlängertes Dach gebaut
  • Neu sind die Frontfenster oval ausgebildet
1719162719051929Abbruch
1720162819051935Abbruch
1721162919051945Verkauf in die Niederlande, dort NS 3004
  • Kriegsreserve der SBB bis Ende des Zweiten Weltkrieges
1722163019051928Abbruch
1723163119051926Abbruch
1724163219051932Abbruch
1725163319051928Abbruch
1726176419061933Abbruch
  • Ab Nr. 1726 serienmässiger Einbau eines Hilfsregulatorventils,
  • Erhöhtes und stark gewölbtes Führerhausdach,
  • Geänderte Dachbelüftung
1727176519061928Abbruch
1728176619061928Abbruch
1729176719061945Verkauf in die Niederlande, dort NS 3005
  • Kriegsreserve der SBB bis Ende des Zweiten Weltkrieges
1730176819061928Abbruch
1731176919061929Abbruch
1732177019061930Abbruch
1733177119061926Abbruch
1734177219061930Abbruch
1735177319061928Abbruch
1736177619061928Weiterverwendung als Xdm4 99658
  • Motorspritzwagen zur Reinigung der Fahrleitungstragwerke
  • 1930 Ausrangierung und Abbruch
1737177719061925Abbruch
1738177819061928Abbruch
1739177919061926Abbruch
1740178019061932Abbruch
1741178119061928Abbruch
1742178219071929Abbruch
1743178319071928Abbruch
1744178419071933Abbruch
1745178519071928Abbruch
1746178619071928Abbruch
1747178719071926Abbruch

Umbauten an den B 3/4 1601–1747

Im Laufe der Zeit erfuhren die Lokomotiven der JS- und der SBB-Serie kleinere Anpassungen.

Insgesamt erhielten 45 Lokomotiven einen Langer'schen Rauchverbrenner und 8 Lokomotiven einen vereinfachten SBB-Rauchverbrenner. Die Lokomotiven mit dem Langer'schen Rauchverbrenner wurden am Kamin mit einem doppelten und die Lokomotiven mit dem SBB-Rauchverbrenner mit einem Messingring gekennzeichnet. Die JS-Lok 1665 erhielt, zusammen mit den SBB-Loks 1691–1747, zusätzlich zur Westinghousebremse eine Regulierbremse eingebaut. Die stahlblaue Kesselverkleidung verschwand bis ca. 1920 und die Lokomotiven wurden einheitlich in schwarz gehalten. Die Lok 1729 erhielt 1924 versuchsweise einen Abdampf-Injektor. Am Führerhaus kam es zu kleineren Modifikationen. So wurden Windschutzgläser für das Lokpersonal zwischen den seitlichen Fenstern des Führerhauses angebracht und das Dach teilweise zum Schlepptender hin verlängert. Die seitlich am Führerhaus angebrachte Ziffer der Kreiszugehörigkeit verschwand mit dem Zusammenlegen der SBB Kreise II und V sowie III und IV. Das am Kamin angebrachte Nummernschild wurde, wie bei allen anderen SBB-Lokomotiven ausser der Brünigbahn, um 1917/1918 an die Rauchkammertür herabgesetzt. Mit der einsetzenden Elektrifikation des SBB-Netzes wurde auf dem Tender ab 1919 ein Schutzbügel gegen die Gefahren des elektrischen Betriebs aufgebaut.

Alle 147 Lokomotiven blieben zeitlebens Nassdampflokomotiven. Der Heissdampf kam erstmals mit den beiden SBB-Protoyplokomotiven B 3/4 1301–1302 in Verbindung. Die B 3/4 Serie 1601–1747 diente hierfür als Vorbild in Sachen Abmessungen.

Bekannt sind die Bilder aus den Jahren 1916 bis 1920. Während dieser Zeit herrschte kriegsbedingte Kohlennot. Deshalb wurden die Lokomotiven B 3/4 für Holzfeuerung umgebaut. Dazu gehörte unter anderem ein Funkenschutzaufsatz am Kamin und eine Holzladebegrenzung auf dem Tender.

NS Baureihe 3000

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs profitierte die stark gebeutelte Niederländische Staatsbahn NS vom Kauf Schweizer Occationslokomotiven. Die Lokomotiven 1608, 1617, 1695 sowie 1721 und 1729 gelangten zusammen mit 22 Lokomotiven des Typs A 3/5, acht JS Ec 3/4, fünf Rangierlokomotiven des Typs E 3/3 vormals SCB und zwei vormals JS zwischen 1945 und 1946 in die Niederlande. Die Überstellung von der Schweiz in die Niederlande erfolgte mit mehreren Konvois. Insgesamt bezahlte die NS für die 22 grossen Schnellzugslokomotiven A 3/5 CHF 1'650'000.- und für die 20 kleineren Personenzug- und Rangierlokomotiven CHF 985'000.-; ein stattlicher Preis für die 20 bis 40 Jahre alten Triebfahrzeuge.

Bei den NS erhielten die fünf B 3/4 die Nummern 3001–3005 in 2. Besetzung. Ihr neues Einsatzgebiet war das Führen von Güterzügen ab den Depots Hengelo, Amersfoort sowie Arnheim und Nimwegen. Die Maschinen Nrn. 3002 und 3005 wurden bereits nach nur zwei Dienstjahren ausrangiert, die übrigen drei Maschinen 3001, 3003 und 3004 folgten nach insgesamt drei, respektive vier Dienstjahren. Im Anschluss an die Ausrangierung erfolgte der Abbruch der fünf ehemaligen B 3/4. Die sehr kurze Einsatzzeit ist darauf zurückzuführen, dass das Lokpersonal mit Verbundtriebwerken zu wenig vertraut war. Verbundtriebwerke sind und waren im NS-Lokomotivbestand mit Ausnahme der verkauften Schweizer Kriegsreservelokomotiven nie vorhanden. Vor allem die Dreizylinder-Verbundmaschinen lösten keinerlei Freude beim niederländischen Personal aus.

SLM-FabriknummerBaujahrJS-NummerSBB-NummerNS-NummerInbetriebnahme bei NSAusrangierung bei NSVerbleib
109618983081608300119461949Abbruch
117218993171617300219461948Abbruch
153019031695300319451948Abbruch
162919051721300419451949Abbruch
176719061729300519451947Abbruch

Literatur

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