Jadranko Prlić (jâdraːŋko př̩ːlit͡ɕ; * 10. Juni 1959 in Đakovo, SR Kroatien, SFRJ Jugoslawien) ist ein ehemaliger bosnisch-kroatischer Politiker. Prlić war von 1993 bis 1994 Premierminister der Kroatischen Republik Herceg-Bosna. Von 1994 bis 1996 war er Verteidigungsminister der Föderation Bosnien und Herzegowina und von 1996 bis 2001 der erste Außenminister von Bosnien und Herzegowina.
Im Mai 2013 wurde er vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wegen Kriegsverbrechen während des Kroatisch-bosniakischen Krieges an Bosniaken (Bosnische Muslime) zu einer 25-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die ICTY-Berufungskammer bestätigte am 29. November 2017 fast alle Verurteilungen gegen Petković und seine Mitangeklagten sowie deren ursprüngliche Haftdauer.
Leben
Um 1975 trat er dem Bund der Kommunisten Jugoslawiens bei, 1987 promovierte er an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften in Sarajevo. Er absolvierte alle Professuren, bevor er ordentlicher Professor wurde. 1988 wurde er Bürgermeister von Mostar und 1989 Vizepräsident des staatlichen Exekutivrates von Bosnien und Herzegowina, nach den Wahlen von 1990 war er amtierender Präsident der Regierung von Bosnien und Herzegowina. Anfang März 1992 reiste er in die USA, um den US-amerikanischen Ansatz zur Marktwirtschaft zu studieren. Nach seiner Rückkehr nach Mostar wurde die Stadt belagert und Prlić trat dem kroatischen Verteidigungsrat bei und nahm aktiv am Krieg teil.
Anklage
Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien beschuldigte Prlić, dass er als führender Politiker des kroatischen Verteidigungsrates (HVO) Anfang der neunziger Jahre fast die vollständige Macht und Kontrolle über die Regierung der Kroatischen Republik Herceg-Bosna hatte. Daher hatte er als Führer der HVO-Regierung die Macht, militärische zivile Kommandeure zu suspendieren, die an Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilgenommen hatten. Er hatte die Macht, die Internierungslager der HVO zu schließen.
Die Anklagepunkte waren:
- neun Fälle von schwerwiegenden Verstößen gegen die Genfer Konventionen (vorsätzliches Töten, unmenschliche Behandlung (sexuelle Übergriffe), rechtswidrige Deportation von Zivilisten, rechtswidrige Überstellung von Zivilisten, rechtswidrige Inhaftierung von Zivilisten, unmenschliche Behandlung (Haftbedingungen), unmenschliche Behandlung, mutwillige Zerstörung von Eigentum, das nicht durch militärische Notwendigkeit gerechtfertigt war, mutwilliges Aneignen von Eigentum, welches nicht durch militärische Notwendigkeit gerechtfertigt war).
- neun Fälle von Verstößen gegen die Gesetze oder Gepflogenheiten des Krieges (grausame Behandlung (Haftbedingungen), rechtswidrige Arbeit, mutwillige Zerstörung von Städten oder Dörfern, die nicht durch militärische Notwendigkeit gerechtfertigt war, Zerstörung oder vorsätzlicher Schaden an Institutionen der Religion oder der Bildung, Plünderung von öffentlichem oder privatem Eigentum, rechtswidriger Angriff auf Zivilisten, rechtswidrige Verursachung von Terror gegen Zivilisten, grausame Behandlung).
- acht Fälle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Verfolgung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen, Mord, Vergewaltigung, Deportation, unmenschliche Handlungen (Zwangsumsiedlung), Inhaftierung, unmenschliche Handlungen (Haftbedingungen)).
Am 29. Mai 2013 verurteilte der ICTY Prlić in einem erstinstanzlichen Urteil zu 25 Jahren Freiheitsstrafe. Das Tribunal verurteilte außerdem fünf weitere Kriegsverbrecher des gemeinsamen Prozesses: Den Verteidigungsminister von Herzcg-Bosnia Bruno Stojić (20 Jahre), die Militäroffiziere Slobodan Praljak (20 Jahre) und Milivoj Petković (20 Jahre), den Militärpolizeikommandant Valentin Ćorić (16 Jahre) und den Leiter der Gefangenenaustausch- und Hafteinrichtungen Berislav Pušić (10 Jahre). Das Gericht kam zu dem Schluss, dass „in den meisten Fällen“ die begangenen Verbrechen nicht die zufälligen Handlungen einiger weniger widerspenstiger Soldaten waren. Im Gegenteil, diese Verbrechen waren das Ergebnis eines Plans, dessen Ziel es war, die muslimische Bevölkerung aus Bosnien und Herzegowina zu beseitigen.
Die ICTY-Berufungskammer bestätigte am 29. November 2017 fast alle Verurteilungen gegen Prlic und seine Mitangeklagten sowie deren Haftdauer.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ The ICTY renders its final judgement in the Prlić et al. appeal case. In: International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia. 29. November 2017, abgerufen am 3. Dezember 2017 (englisch).
- ↑ Jadranko Prlic profile. Abgerufen am 2. Juni 2013 (englisch).
- ↑ ICTY Initial Indictment Prlic et al. – THE JOINT CRIMINAL ENTERPRISE. Icty.org, abgerufen am 2. Juni 2013 (englisch).
- ↑ Taken from the UN press release
- ↑ Six Senior Herceg-Bosna Officials Convicted. In: icty.org. 29. Mai 2013 (englisch).
- ↑ The ICTY renders its final judgement in the Prlić et al. appeal case. In: International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia. 21. November 2017, abgerufen am 29. November 2017 (englisch).