Jakob Geis, genannt Papa Geis (* 27. Dezember 1840 in Athen; † 3. März 1908 in München), war ein bayerischer Volkssänger und Singspieldirektor. Er galt als Meister des bayerischen Couplets. Der Dramaturg und Regisseur Jacob Geis war sein Enkel.
Leben
Geis wurde als Sohn des Nikolaus Geis, eines Hofoffizianten am griechischen Königshof, in Athen geboren. Im Alter von sechs Jahren kam er mit seinen Eltern nach München. Dort trat er im Alter von 26 Jahren erstmals auf eine Bühne. Ab 1869 war er regelmäßig als Humorist im Café des vornehmen Hotels Oberpollinger zu sehen, gehörte einige Zeit auch Anderl Welschs Ensemble an und wurde im November 1875 Direktor einer eigenen Singspielgruppe.
In Geis’ Singspielgesellschaft traten auch andere bekannte Volkssänger auf, so zum Beispiel Christian Seidenbusch, der vor ihm Leiter der Truppe gewesen war und selbst viele Couplets verfasst hat, und Willy Schäffer, beide geschätzte Damenimitatoren; ferner die Komiker Anderl Mayerhofer, M. Königshöfer und Franz Haibl.
Musik zu den Couplets von Geis schrieb der Pianist Paul Damas (auch: Dammas); nach ihm war Georg Huber, der ebenfalls als Humorist in Erscheinung trat, der Hauskomponist der Truppe.
Geis zeichnete sich vor allem durch seine Soloszenen aus, bei denen “es galt, den Character einer imaginären Persönlichkeit durch die Erzählung der Lebensschicksale schnurrigster Art herauszubringen”. Typen im Geis’schen Repertoire waren 'kleine Leute' wie Hausknechte, Dienstmänner oder Droschkenkutscher. Den größten und nachhaltigsten Erfolg aber hatte seine Karikatur eines verbummelten Corpsstudenten im Kostümvortrag “Das bemooste Haupt”, bei dem er mit Schärpe, Schnauzbart und Schmissen im Gesicht auftrat.
Um 1900 war er als Repräsentant des Gutbürgerlich-Münchnerischen der beliebteste Volkssänger dieser Stadt. Seine Couplets waren in aller Munde. Zu seinen bekanntesten gehörten Schimpfen tut a jeder, Verlassen bin i, Drah di Madl, drah di, morgen kommt der Mahdi.
"Geis und seine Gesellschaft setzten für die nachfolgende Volkssängergeneration Leitlinien. Niveau und Gestaltung des Programms, Struktur von Szenen und Vorträgen wurden weitgehend von ihm geprägt". Noch heute sind seine Lebenserinnerungen, die er 1905 verfasst hat, willkommene Zeugnisse für die alte Münchner Volkssängerkultur.
Der aus Nürnberg gebürtige Jakob Peuppus (1859–1905), Königlich Bayrischer Musikmeister beim Kgl. Bayr. Infanterie-Leibgrenadier-Regiment Nr. 1 und Gründer der beliebten ‘Kapelle Peuppus’, komponierte 1901 ihm zu Ehren und unter Verwendung verschiedener Couplet-Melodien den “Papa-Geis-Marsch”.
1884 heiratete Geis Theres, geb. Lechl (* 1841), Tochter des Maurers Franz Lechl. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, der spätere Schauspieler und Sänger Josef Geis (1867–1940). Der Drehbuchautor Jacob Geis und der Grafiker Josef Nikolaus Geis waren Jakob Geis' Enkel.
Geis starb im Alter von 67 Jahren und wurde auf dem Westfriedhof in München beigesetzt.
Tondokumente
Bei der "Gramophone Co." hat Geis 1902 fünf Titel aufgenommen:
- G&T 42 230 (mx. 594) Kalauer-Couplet (Musik: Julius Einödshofer)
- G&T 42 231 (mx. 596) Daradl-Dadl (Text: Krakauer)
- G&T 42 232 (mx. 593) Travestie über das "Bachstelzenlied" (Tit-willow) (Musik: W.S.Gilbert)
- G&T 42 233 (mx. 592) Couplet mit Opern-Refrain
- G&T 42 234 (mx. 594) Durchs Schlüsselloch (Text: Verney)
Wiederveröffentlichungen
- CD "Rare Schellacks – München: Volkssänger", Trikont (Best.Nr. US 0199); enthält als track 2 das "Bachstelzenlied" von 'Papa' Geis.
Literatur
- Jakob Geis: Selbstbiographie. Typoskript München 1905.
- Jakob Geis – Münchner Volkssänger und Wirt vom „Oberpollinger“ zum 150. Geburtstag. Aus dem historischen Kalender. In: Charivari 16, 1990, 12, ISSN 0343-2548, S. 75.
- Susanne von Goessel: Münchener Volkssänger – Unterhaltung für Alle. In: Till, Wolfgang (Hrsg.): Karl Valentin – Volkssänger? Dadaist? [Katalog zur] Ausstellung zum 100. Geburtstag Karl Valentins. München, Schirmer/Mosel 1982, S. 26 ff.
- Berthold Leimbach: Tondokumente der Kleinkunst und ihre Interpreten 1898 - 1945, Göttingen, im Selbstverlag, 1991, unpaginiert.
- Joseph Maria Lutz: Die Münchner Volkssänger. Ein Erinnerungsbuch an die gute alte Zeit. Nach einer Sammlung von Erwin Münz. München 1956
- Claudia Preis: Der Unterhaltungskünstler Jakob „Papa“ Geis im Umfeld der Münchner Volkssängerszene. München 2005, (München, Univ., Magisterarbeit).
- Claudia Preis: Volkssängerei in München 1870-1930. Zur Produktion von Unterhaltungskultur in der Stadt. Diss. München 2010, online (PDF; 869 kB)
- Ludwig M. Schneider: Die populäre Kritik an Staat und Gesellschaft in München (1886-1914). Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Münchner Revolution von 1918/19. Kommissionsbuchhandlung Wölfle, München 1975 (= Miscellanea Bavarica Monacensia, Heft 61).
- Wolfgang Till (Hrsg.): Karl Valentin – Volkssänger? Dadaist?. [Katalog zur] Ausstellung zum 100. Geburtstag Karl Valentins. München, Schirmer/Mosel 1982.
- Hanns Vogel: Geis, Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 153 (Digitalisat).
Weblinks
- Jakob Geis im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
Einzelnachweise
- ↑ ein Programm der Gesellschaft aus dem “Hotel und Restaurant Ober-Pollinger”[sic] der Saison 1891/92 ist wiedergegeben bei Von Goessel S. 34
- ↑ Christian Seidenbusch im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
- ↑ erhalten in seiner mehrbändigen Sammlung "Ein Sträußchen komischer Vorträge", vgl. Von Goessel S. 35, Preis, Volkssängerei S. 150
- ↑ vgl. Preis, Volkssängerei S. 40, 80; Lutz S. 22
- ↑ vgl. Preis, Volkssängerei S. 55 und Anm. 185; ein Photo mit Geis, Seidenbusch und Haibl vom Jahre 1885 ist wiedergegeben bei Von Goessel S. 32
- ↑ vgl. Wiedergabe von Notentiteln Hubers bei Till S. 306–307
- ↑ vgl. Von Goessel S. 35
- ↑ so Schneider 1975, S. 92.
- ↑ vgl. Preis, Volkssängerei S. 116 und Anmm. 441 bis 447; der Vortrag liegt leider nicht mehr als Druck vor.
- ↑ vgl. volkssaengerei.de : Jakob Geis
- ↑ vgl. Vogel in der NDB
- ↑ so Von Goessel S. 35
- ↑ Peuppus, Jakob : Papa-Geis-Marsch : mit Benutzung verschiedener Couplets. Ausgabe f. Klavier. München, Dennerlein, 1901. Exemplar vorhanden in: BSB München, Signatur: 2 Mus.pr. 5189
- ↑ Hanns Vogel: Geis, Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 153 (Digitalisat).
- ↑ knerger.de: Das Grab von Jakob Geis
- ↑ Tracklist