Bei der japanischen Managementkultur handelt es sich um einen Führungsstil, der vor allem in wirtschaftlich unstabilen Zeiten mit der hohen Wertschätzung zu Mitarbeitern und Produktionstechniken, abgeleitet von japanischen Lebens- und Arbeitsphilosophien beziehungsweise Methoden, in Japan gängig Anwendung findet. Dieser japanische Führungsstil im Management weist starke Parallelen zur japanischen Menschenführung auf, die auch als Leadership bekannt ist.
Japanische Managementkultur als Führungsstil
Zunächst soll geklärt sein, dass sich die japanische Managementkultur und damit der Führungsstil auf der Basis der Theorie Z bewegt, somit ist davon auszugehen, dass Faktoren wie Identifikation mit dem Unternehmen und Motivation der Mitarbeiter grundsätzlich im Stil behandelt werden. Die japanischen Führungsmethoden sind im Gegensatz zu den US-amerikanischen Methoden, die auf Individualität und Selbstständigkeit ausgelegt sind, eher auf Gruppenarbeit und den Austausch von Ideen bezogen. Die Kommunikation zwischen Management und Arbeitnehmern ist in Japan ein wichtiger Faktor, der mit einem berühmten Zitat von Morita Akio erklärt werden soll:
„Eine Firma wird nirgendwo hinkommen, wenn alles Denken dem Management überlassen wird.“
Japanische Unternehmen gehen davon aus, dass der Mensch die Fähigkeit besitzt, große Entwicklungen mit persönlicher Entfaltung zu erreichen, und wollen sich damit ihren Nutzen für das eigene Unternehmen schaffen. Matsushita Kōnosuke, der für die Gründung des Unternehmens Matsushita Electric Industrial, das später in Panasonic Corporation umbenannt wurde, bekannt ist, schuf während der Great Depression in den 30ern, die auch Japan betraf, 1933 fünf der später (1937) sieben Kernprinzipien, die als „Seven Principles“ (dt. sieben Kernprinzipien) bekannt geworden sind.
Diese Kernprinzipien prägen den japanischen Führungsstil bis heute:
- Beitrag zur Gesellschaft
- Fairness und Ehrlichkeit
- Zusammenarbeit und Teamgeist
- Erbarmungslose Anstrengungen zur Verbesserung
- Höflichkeit und Demut
- Anpassungsfähigkeit
- Dankbarkeit
Methoden
Orientiert an den Kernprinzipien finden folgende Methoden in japanischen Unternehmen ausgehend vom Management ihre Anwendung:
Hōrensō
Der japanische Begriff Hōrensō (報・連・相 in anderer Umschrift Hourensou) steht für einen Führungsstil, bei dem Mitarbeiter, im Falle eines Problems im Unternehmen, das Problem den Vorgesetzten oder der Organisationsabteilung melden und nicht untereinander für sich behalten sollen. Dies soll die Mitarbeiter dazu führen, Probleme zu besprechen und nicht zu glauben, diese alleine bewältigen zu müssen. Um Verwechslungen mit dem japanischen Wort für Spinat zu vermeiden, nutzt man auch die Schreibweise Ho–Ren–So; hierbei steht das Hō für „Hōkoku“ (報告; dt. Bericht), Ren für „Renraku“ (連絡; dt. Kontakt) und Sō für „Sōdan“ (相談; dt. Beratung). Somit würde man das Akronym Ho–Ren–So theoretisch als Bericht–Kontakt–Beratung ins Deutsche übersetzen und hiermit auch den Vorgang mit der Berichterstattung des Problems, der Kontaktaufnahme zum Vorgesetzten und der anschließend entstehenden Diskussion beziehungsweise Hilfestellung beschreiben. Diese drei Attribute charakterisieren die hierbei entstehende Kollaboration und den Informationsfluss in der effektiven Organisationskultur. Als geeignet gilt dieser Führungsstil bei Fabrikarbeitern, die mit komplexen Maschinen arbeiten, Ingenieuren und Managern.
Genchi Genbutsu
Unter Genchi Genbutsu (現地現物) versteht man den Stil von Führung, bei dem man selbst (das Management / der Vorgesetzte) an die Wurzel eines Anliegens oder Problems geht, um notwendige Informationen für richtige Entscheidungen abzuleiten, und anschließend die Ziele in optimaler Geschwindigkeit erreicht werden. Kurzgefasst wird Genchi Genbutsu beispielsweise „Selbst vor Ort Erkenntnisse gewinnen“ übersetzt. Dieser Führungsstil basiert auf einem der fünf Leitsätze von Toyota, die als The Toyota Way populär sind.
Ringi Seido bzw. Ringisei
Mit Ringi Seido (稟議制度) oder Ringisei (稟議制) bezeichnet man einen japanischen Entscheidungsfindungsprozess, der auf Gruppenentscheidungen, ausgehend von einem Individuum, basiert.
Kriterien mit Vergleich zum US-amerikanischen Führungsstil
Um einen Überblick über die Systematik des japanischen Führungsstils zu geben, sind folgend die grundlegenden Kriterien in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Der Ursprung wird definiert, um die Einflussfaktoren auf die geschaffene Managementkultur zu verdeutlichen. Zusätzlich wird für eine bessere Darstellung im Bezuge auf andere Stile ein Vergleich zum US-amerikanischen Führungsstil vorgeführt.
Kriterien |
Japanischer Stil | US-amerikanischer Stil |
---|---|---|
Beschäf- tigungs- system |
Diese ganzen Punkte sollen eine Harmonie für die Arbeitnehmer in Zusammenarbeit unter sich und zum Management schaffen, indem versucht wird, die Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden und gegebenenfalls das ganze Berufsleben lang zu beschäftigen. |
|
Business- to- Business |
Ableitend lässt sich sagen, dass das japanische Business-to-Business auf dem Aktienmarkt, über Gruppenarbeit mit Zusammenhalt im Sinne der Überkreuzbeteiligung, als Teil der japanischen Managementkultur wirkt. |
Im Gegensatz zur japanischen Gruppenarbeit und dem dadurch entstehenden Zusammenhalt an der Börse, geht es in den Vereinigten Staaten eher stark konkurrierend vor. Einige Konzerne haben sogar Anteile an Unternehmen, die gegenseitig konkurrieren. |
Der Markt |
Anhand dieser Punkte lässt sich sagen, dass das Management in ihren Aktivitäten weitgehend flexibel sein darf, aber abhängig von den staatlichen Eingriffen beschränkt sein kann. |
Der Staat handelt kaum mit Eingriffen in den Markt und überlässt den Unternehmen damit einen enormen Handelsspielraum, mit dem Vertrauen, dass sich das Individuum in Krisenzeiten beispielsweise über Ersparnisse zum größten Teil selbst schützt. Das Management kann somit unternehmerische Interessen zentralisieren, die die Regierung mit Eingriffen auf den Gesamtmarkt nicht verhindern könnte, aber auch nur, weil dieser Eingriff selten bis nicht vorhanden ist. |
Entschei- dungs- verfahren |
Hierbei findet die Ringi-seido-Methode ihren Einsatz, die Bottom-up verläuft. Aufgrund der Aufwendigkeit dieses Verfahrens, erfordert diese Methode eine längere Zeit und ist damit strategisch ausgelegt, führt aber zum kollektiven Einbezug der Arbeitnehmer bei den Entscheidungen, die den Konsens ausmachen, womit der Zeitverlust in der späteren Erfüllung ausgeglichen wird. | Im Kontrast zum japanischen Stil, dominiert die Top-down-Methode in US-amerikanischen Unternehmen. |
Familis- mus |
Die hierbei entstandene Form von Paternalismus sorgt dafür, dass die Arbeitnehmer unter der „Bevormundung“ regulär keine eigenen Entscheidungen im Unternehmen für sich treffen und einer Hierarchie untergeordnet sind. |
Der „Amerikaner“ folgt mit seiner Freiheit zur Individualität dem Personalismus. |
Offen- legung von Informa- tionen |
Große japanische Unternehmen orientieren sich zwar an den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auf strategischer Sicht, werden aber stark vom Bankensektor beeinflusst. Die Offenlegung von Informationen erfolgt eher privat zwischen Kreditinstitut und Unternehmen. Die Unternehmen teilen die Buchführungsinformationen aber auch mit den Arbeitnehmern, da diese geschlossenen Gewerkschaften angehören und somit die sozusagen private Kommunikation erhalten bleibt.
Zusammenfassend soll erwähnt sein, dass sowohl private als auch öffentliche Kommunikation vom Management betrieben wird. |
In den Vereinigten Staaten läuft dies etwas spezieller, denn dort müssen zusätzlich anhand dieser Bilanzen Gehaltsunterschiede publiziert werden. |
Zusammenfassung des japanischen Stils
Das japanische Management orientiert sich auf Langzeit, also strategisch in seinem Handeln. Kollektive Entscheidungen werden mit Arbeitnehmern zur Konsensbildung vorbereitet und getroffen, gerne auch mit anderen Unternehmen. Damit werden Entscheidungen eher langsam getroffen, beziehen sich aber auf eine Vielfalt von Meinungen, womit der Zusammenhalt über die Gruppenarbeit beschrieben wird. Mit dem Trend der Offenlegung von Informationen über die öffentliche Kommunikation zum japanischen Volk, erhofft sich das Management das Unternehmen mit einem besseren Image vertreten zu können. Trotzdem wird paternalistisch eine Hierarchie im Unternehmen geschaffen.
Kleinere Unternehmen
In kleineren japanischen Unternehmen entwickelte sich ein anderer Führungsstil, der mit der Einteilung von Mitarbeitern zu Aufstiegsmöglichkeiten in Form von Meistertiteln sich am deutschen Vorbild orientiert, aber damit nicht identisch ist. Im japanischen Ausbildungssystem und auf dem japanischen Arbeitsmarkt, wird nicht nach Berufsqualifikationen unterteilt und staatliche Zertifikationen für fachliche Kompetenzen sind nicht gegeben; deswegen existieren auch keine anerkannten Abschlüsse. Diese für den Arbeitsmarkt benötigte Leistung wird daher in Unternehmen intern geschaffen. Hierbei existiert in der Regel keine Festlegung auf einen bestimmten Tätigkeitsbereich, womit die Ausbildung zu einem Generalisten in der Unternehmung erzielt wird. Diese interne Ausbildung führt zu einer individuellen Anpassung bei der Festsetzung der Unternehmung, womit einer anderen Unternehmung diese intern erreichten Qualifikationen als unakzeptabel gelten. Arbeitnehmer sammeln ihre interngeltenden Qualifikationen, indem sie in verschiedene Bereiche oder Tätigkeiten einer Unternehmung eingesetzt werden über das „Training on the job“-Konzept. Die Zeit bis zum theoretischen Abschluss von „Training on the job“ variiert im Gewerbe wie beispielsweise beim „Sushi-Koch“ mit bis zu 15 Jahren bei Männern, womit schließlich auch geschlechtliche Unterschiede gegeben sind.
Es heißt, dass die unternehmungsinterne Ausbildung die Flexibilität im Arbeitseinsatz innerhalb der Unternehmung stärkt, aber die Mobilität der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt nahezu verhindert. In Form von Shūshin Koyō bindet ein Unternehmen somit seine Arbeitnehmer stärker mit einer gewissen Abhängigkeit in die Unternehmung ein.
Kritisiert wird der japanische OJT-Führungsstil der Unternehmen, weil er von älteren Vorgesetzten (mit dem Senior Management zu vergleichen) nicht an die wirtschaftlichen Veränderungen der Zeit angepasst wurde oder gar komplett verwerflich scheint. Die (älteren) Vorgesetzten scheinen keine neuen Ideen zu entwickeln und hängen an ihrer alten Führungskultur, die sich einer neuen Generation von Wissensgesellschaft stellen muss.
Frauen im japanischen Management
Über 30 % der 500 größten Unternehmen nach Marktkapitalisierung haben mindestens eine Frau, die eine Position im Senior Management ausübt – im Jahr 2013 waren es nur 23 % der Unternehmen. 152 Unternehmen haben mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied, insgesamt sind dies 192 Frauen, die einen winzigen Bruchteil von 2,6 % der Positionen ausmachen. (Stand: 2014) Damit haben Frauen in Japan im Vergleich zum internationalen Durchschnitt der Industrieländer eine deutlich (im Verhältnis zu Männern) unterdurchschnittliche Positionierung als Führungskräfte. Shinzō Abe, der 63. Premierminister Japans, kündigte als Teil seiner „Abenomics“-Politik eine soziale Verbesserung der Rolle von Frauen in Japan an, die die Berufsattraktivität mit der verbesserten Kinderbetreuung steigern soll. Zuvor kündigte der damalige Premierminister Jun’ichirō Koizumi 2003 eine flächendeckende Positionierung von 30 % Frauen in Führungspositionen bis 2020 an, die Shinzō Abe in seine „Abenomics“ einbezog, – Problem aber sei die Gesellschaft, in der Frauen in Führungspositionen immer wieder wegen einer sexistischen „Unternehmenskultur“, die vom Familismus der japanischen Gesellschaft geprägt ist, unterdrückt werden. Die Aufgabenverteilung im Management soll auch geschlechtsbezogen unterschiedlich ausfallen. Ein Gleichstellungsamt, das in Japan mit dem Titel Danjo Kyōdō Sankakukyoku (男女共同参画局) besteht und über die Rollen der Geschlechter debattiert beziehungsweise Entscheidungen trifft, kündigte gegen Ende 2015 an, dass eine flächendeckende Positionierung eher mit 7 % bis 2021 realistischer sei.
Siehe auch
Literatur
Da die japanische Managementkultur ein breitfassender Themenbereich ist, werden Literaturangaben zu verschiedenen Themen aufgelistet:
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Weblinks
Einzelnachweise
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Anmerkungen
- ↑ Eine Mischung aus der X-Y-Theorie, gilt aber als Kultur Z.
- ↑ Alle Informationen in den folgenden Spalten beziehen sich auf die Quellen angegeben neben den Überschriften (japanischer und US-amerikanischer Stil), sofern keine weiteren Quellen angehängt wurden.
- ↑ Übersetzt von der englischen Terminologie seniority-wage system.
- ↑ Von der englischen Bezeichnung Environmental Accounting übersetzt.
- ↑ Wie bereits in der Überschrift beschrieben, besteht dieser Abschnitt aus einer Zusammenfassung der oben ermittelten Beschreibungen.
- ↑ Auch OJT; on [the] job training; abgekürzt.
- ↑ Terminologie der globalen „Wirtschaftssprache“, im deutschen wirtschaftlichen Sprachgebrauch eher selten vertreten, auch als Management-Team zu beschreiben, aus traditionell japanischer Sicht sind meistens ältere Menschen inbegriffen.
- ↑ Von der englischen Bezeichnung Gender Equality Bureau übersetzt.