Jean-Claude Brialy (* 30. März 1933 in Aumale, Algerien; † 30. Mai 2007 in Monthyon, Département Seine-et-Marne) war ein französischer Schauspieler und Regisseur.
Leben und Werk
Jean-Claude Brialy wurde als Sohn eines Obersten der französischen Armee in Algerien geboren. Die Familie zog einige Jahre später nach Frankreich. Er besuchte verschiedene höhere Schulen, war Zögling einer Kadettenanstalt und machte in Straßburg Abitur. Entgegen dem Wunsch seines Vaters, der ihn gerne auch als Offizier gesehen hätte, nahm er in Straßburg heimlich Schauspielunterricht. Während seines Militärdienstes in Deutschland bekam er Tuchfühlung mit dem Fernsehen in Baden-Baden und Stuttgart und trat zum ersten Mal im Rahmen der französischen Truppenbetreuung auf der Bühne auf. Später reiste er mit dem Centre Dramatique de l'Est, einer französischen Wanderbühne, und Stücken von Sartre, Cocteau, Shakespeare usw. ein Jahr lang durch Frankreich. Nach seinem Debüt als Schauspieler in Jacques Rivettes Kurzfilm Le coup du berger entwickelte sich Jean-Claude Brialy zu einem der führenden Darsteller der Nouvelle Vague. Pierre Kast besetzte ihn 1957 neben Jean Marais in Un amour de poche. Claude Chabrol machte Jean-Claude Brialy zum Protagonisten seiner Filme Schrei, wenn du kannst und Die Enttäuschten. Mauro Bolognini besetzte ihn in Wir von der Straße. Denys de La Patellière machte ihn – entgegen den Anschauungen der Nouvelle Vague – zum romantischen Helden in dem Drama Mit den Augen der Liebe, als Blinden mit einer älteren Geliebten (Danielle Darrieux).
François Truffaut gab ihm nach einem Kurzfilm (Eine Geschichte des Wassers) und einem Cameo-Auftritt in Sie küßten und sie schlugen ihn eine Hauptrolle in Die Braut trug schwarz. Truffaut und Brialy waren auch privat eng befreundet. So war er als Trauzeuge für die für Juni 1968 geplante Hochzeit Truffauts mit Claude Jade berufen worden, die aber nicht stattfand. Truffaut wollte Brialy auch für die Rolle des homosexuellen Jean-Loup Cottins in Die letzte Metro besetzen, entschied sich in letzter Instanz jedoch für Jean Poiret, da er die Rolle „zu nah“ an Brialy sah. In späteren Jahren spielte der seine Homosexualität nie verbergende Brialy Rollen von schwulen Männern, so die des Max Jacob in der Fernsehfilmbiografie Monsieur Max (2007).
Eine seiner bedeutendsten Rollen spielte er in Eine Frau ist eine Frau von Jean-Luc Godard, gefolgt von Rivettes Paris gehört uns. Es folgten zahlreiche romantische Komödien (Auch Stehlen will gelernt sein und Jagd auf Männer, beide mit Françoise Dorléac) und politisch brisante Filme wie Costa-Gavras’ Ein Mann zuviel. Im Zusammenhang mit dem Autorenkino der 1970er Jahre blieb er vor allem als Jérôme in Éric Rohmers Film Claires Knie in Erinnerung – aber auch durch seine Arbeiten mit Chabrol oder Luis Buñuel (Das Gespenst der Freiheit). In den folgenden Dekaden gehörte Brialy weiterhin zur ersten Garde der französischen Charakterdarsteller.
Der Schauspieler betätigte sich in mehreren Filmen auch als Regisseur. In dieser Funktion arbeitete er unter anderem mit Romy Schneider in Sommerliebelei zusammen, an deren Seite er schon 1958 in Christine gespielt hatte.
Nach Angaben seiner Angehörigen starb Brialy am 30. Mai 2007 nach langer Krankheit auf seinem Anwesen in Monthyon bei Paris, wo er seit langem ein Schloss aus dem 18. Jahrhundert besaß. Er wurde wie François Truffaut auf dem Cimetière de Montmartre (Division 15) in Paris bestattet. Wegen versuchter Diebstähle von Blumen und Kränzen von seinem Grab wurde dieses nach der Beisetzung für einige Tage großräumig abgesperrt.
Filmografie (Auswahl)
Schauspieler (Auswahl)
- 1958: Christine
- 1958: Die Enttäuschten (Le beau Serge)
- 1959: Alle Jungen heißen Patrick (Tous les garçons s’appellent Patrick)
- 1959: Schrei, wenn du kannst (Les cousins)
- 1961: Eine Frau ist eine Frau (Une femme est une femme)
- 1961: Eine Geschichte des Wassers (Une histoire d’eau)
- 1962: Auch Stehlen will gelernt sein (Arsène Lupin contre Arsène Lupin)
- 1962: Das brennende Gericht (La Chambre ardente)
- 1962: Der Teufel und die Zehn Gebote (Le diable et les dix commandements)
- 1962: Wir bitten zu Bett (Les petits matins)
- 1963: Karambolage (Carambolages)
- 1964: Ich war eine männliche Sexbombe (Un monsieur de compagnie)
- 1964: Jagd auf Männer (La chasse à l’homme)
- 1964: Der Reigen (La ronde)
- 1964: Tonio Kröger
- 1965: Ich habe sie gut gekannt (Io la conoscevo bene)
- 1965: 100 Millionen im Eimer (Cent briques et des tuiles)
- 1965: Mandragola (La mandragola)
- 1966: Herzkönig (Le roi de cœur)
- 1967: Das älteste Gewerbe der Welt (Le plus vieux métier du monde)
- 1967: Die Abenteuer des Kardinal Braun
- 1967: Lamiel – ich liebe die Liebe (Lamiel)
- 1967: Ein Mann zuviel (Un homme de trop)
- 1968: Die Braut trug schwarz (La mariée était en noir)
- 1968: Hemmungslose Manon (Manon 70)
- 1968: Caroline Chérie (Schön wie die Sünde) (Caroline Chérie)
- 1970: Claires Knie (Le genou de Claire)
- 1974: Das Gespenst der Freiheit (Le fantôme de la liberté)
- 1976: Zwei scheinheilige Brüder (L’année sainte)
- 1976: Der Richter und der Mörder (Le juge et l’assassin)
- 1976: Barocco
- 1978: Ein Mann sucht eine Frau (Robert et Robert)
- 1980: Die Bankiersfrau (La banquière)
- 1981: Ein jeglicher wird seinen Lohn empfangen… (Les uns et les autres)
- 1982: Flucht nach Varennes (La nuit de Varennes)
- 1982: Das Mädchen von Triest (La ragazza di Trieste)
- 1983: Das Auge (Mortelle randonnée)
- 1985: Das freche Mädchen (L’effrontée)
- 1987: Die Unschuldigen (Les innocents)
- 1990: Spatzi, Fratzi & Co. (C’era un castello con 40 cani)
- 1990: Gauner gegen Gauner (Ripoux contre ripoux)
- 1992: Lucas
- 1994: Die Bartholomäusnacht (La reine Margot)
- 1995: Eine französische Frau (Une femme française)
- 1996: Launen eines Flusses (Les caprices d’un fleuve)
- 1996: Beaumarchais – Der Unverschämte (Beaumarchais, l’insolent)
- 1998: Der Graf von Monte Christo (Le comte de Monte-Cristo)
- 2003: Les clefs de bagnole
- 2006: Einmal Polizist, immer Polizist (Vous êtes de la police?)
- 2006: Monsieur Max
Regisseur
- 1974: Sommerliebelei (Un amour de pluie)
Auszeichnungen
- 1988: César in der Kategorie Bester Nebendarsteller für Die Unschuldigen
Weblinks
- Jean-Claude Brialy in der Internet Movie Database (englisch)
- Jean-Claude Brialy bei prisma
- Französischer Kino-Star: Jean-Claude Brialy ist tot, Spiegel Online, 31. Mai 2007
Einzelnachweise
- ↑ Munzinger-Archiv GmbH, Ravensburg: Jean-Claude Brialy - Munzinger Biographie. Abgerufen am 6. November 2017.
- ↑ Der Spiegel, Register, Heft 23/2007, S. 198.
- ↑ Le Parisien, 1. Juni 2007
- ↑ knerger.de: Das Grab von Jean-Claude Brialy