Johann Wilhelm Häßler (* 29. März 1747 in Erfurt; † 29. März 1822 in Moskau) war ein deutscher Komponist und Organist.
Leben
Erfurter Zeit
Häßler war der Sohn eines Mützenfabrikanten und Strumpfwirkers. Er erlernte zunächst den letztgenannten Beruf, erhielt aber daneben eine musikalische Ausbildung bei seinem Onkel Johann Christian Kittel, einem Schüler Johann Sebastian Bachs. Bereits im Alter von 15 Jahren wirkte er erstmals als Organist an der Erfurter Barfüßerkirche und trat damit die Nachfolge seines Onkels in dieser Funktion an. Es folgten Konzertreisen, auf denen er sich als Klaviervirtuose einen Namen machte. Zu Häßlers Schülern in Erfurt zählte die Juwelierstochter Sophia Barbara Kiel (1761–1844), die seine Ehefrau wurde.
Im Jahre 1780 führte er mit Unterstützung des Statthalters zu Erfurt, Karl Theodor von Dalberg, die sogenannten Winterkonzerte als ständige Einrichtung ein. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe machte er auch die Bekanntschaft mit Goethe. Später wurden die Konzerte von Häßlers Frau organisiert.
Wolfgang Amadé Mozart beurteilte Häßlers Orgelspiel nicht positiv. In einem Brief vom 16. April 1789 an seine Frau Constanze, als er an der Silbermann-Orgel in der Dresdner Hofkirche auf Johann Wilhelm Häßler traf, meinte er: [...] Nun glauben die Leute hier, weil ich von Wien komme, daß ich diesen Geschmack und diese Art zu spielen gar nicht kenne. – ich setzte mich also zur Orgel und spielte. – der fürst Lichnowskÿ (weil er Häßler gut kennt) beredet ihn mit vieler Mühe auch zu spielen; – die force von diesem Häßler besteht auf der Orgel in füssen, welches, weil hier die Pedale stuffenweise gehen, aber keine so große Kunst ist; übrigens hat er nur Harmonie und Modulationen vom alten Sebastian Bach aus- wendig gelernt, und ist nicht im Stande eine fuge ordentlich auszuführen – und hat kein solides Spiel – ist folglich noch lange kein Albrechtsberger. [...]
1790 begab Häßler sich nach London, wo er gemeinsam mit Joseph Haydn konzertierte.
Russland
Nach einem Konzert in Riga im September 1792 reiste er nach St. Petersburg weiter, wo ihn die Zarin Katharina der Großen zum Kaiserlich-Russischen Hofkapellmeister ernannte. Hier gab er Konzerte und wirkte bei der Gründung eines Musikverlages mit, der es sich zum Ziel setzte, die Werke deutscher Klassiker zu veröffentlichen und gleichzeitig zeitgenössische russische Komponisten zu animieren, ihre Werke ebenfalls auf diesem Wege der breiten Öffentlichkeit bekanntzumachen.
1794 siedelte er mit seiner Familie nach Moskau um. Dort erwarb er mit seinen Orgel- und Klavierkonzerten große Anerkennung und rief Begeisterung hervor. Der Dichter Iwan Iwanowitsch Dmitrijew pries ihn in einem Gedicht: O Hässler, woher nahmst du deine zauberhafte Kunst? Du gibst dem Sterblichen welch ein Gefühl. (...) Hässler machte Johann Sebastian Bach in Russland populär und beeinflusste den Musikgeschmack von Musikern und Zuhörern. Seine musikpädagogische und didaktische Tätigkeit als Klavierlehrer war von großer Bedeutung. Nach dreißigjähriger Wirksamkeit starb er in Russland.
Seine kompositorisches Werk umfasst Sonaten, Kantaten, Etüden und Instrumentalkompositionen, insbesondere für Klavier.
Seine Tochter war die Opernsängerin Henriette Eberwein, sein Schwiegersohn Franz Carl Adelbert Eberwein.
Werke
- Charakterstück op. 27 Nr. 2
- „50 Stücke für Anfänger“ op. 38
- 360 Präludien in allen Tonarten op. 47 (1817)
- „Etudes en Vingt-quatre Valses“ op. 49
- „Grand concerto“ op. 50
- „Sechs leichte Sonaten“
- Kantate „Erfurt“
- Sonate für Cembalo Nr. 3 d-Moll
Literatur
- Steffen Raßloff: Von Erfurt nach Moskau. Der Erfurter Musiker und Komponist Johann Wilhelm Häßler wirkte in den großen Metropolen Europas. In: Thüringer Allgemeine vom 17. Mai 2014.
- Helga Brück: Johann Wilhelm und Sophia Häßler. Eine Erfurter Musikerfamilie (Kleine Schriften des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. Bd. 8). Erfurt 2003.
- Lothar Hoffmann-Erbrecht: Häßler, Johann Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 454 (Digitalisat).
- Heinrich Strobel: Johann Wilhelm Hässlers Leben und Werke. Ein Beitrag zur Geschichte der Klaviermusik der klassischen Periode. München [o. O.] 1924, DNB 571270573 (228 S., Phil. Diss., 9. März 1922. Das Jahr der Veröffentlichung wird mit 1923 oder 1924 angegeben).
- Robert Eitner: Häßler, Johann Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 11, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 20–22.
- Constantin von Wurzbach: Häßler, Johann Wilhelm. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 7. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1861, S. 184 f. (Digitalisat).
- Ernst Ludwig Gerber: Historisch-Biographisches Lexicon der Tonkünstler. Theil 1. Leipzig 1790. Sp. 575–577. (Digitalisat)
- Andreas Rockstroh: Ein Erfurter Musiker wirkte in Russland. In Glaube und Heimat vom 27. März 2022, S. 8.
Weblinks
Anmerkungen und Einzelnachweise
- ↑ Mozart meinte damit chromatisch und nicht wie bei der kurzen Oktav'.
- ↑ Siehe: , aufgerufen am 11. März 2017.
- ↑ Geschichte der Orgelmusik in Russland (russisch)
- ↑ О Гесслер! Где ты взял волшебное искусство? Ты смертному даешь какое хочешь чувство! Иль гений над тобой невидимо парит. И с каждою струной твоею говорит. (...)