Johann Zainer († um 1523) war der zweite Drucker in Ulm, der mit einem ersten Druck 1473 dort belegt ist; er entwickelte den Buchschmuck weiter und gab die erste deutsche Übersetzung eines Werks von Giovanni Boccaccio, De claris mulieribus, heraus.

Leben

Johann Zainer stammte – wie Günther Zainer, Drucker in Augsburg – aus Reutlingen; womöglich waren die beiden Brüder, mit ziemlicher Sicherheit zumindest jedoch verwandt. Ebenso wie der Augsburger erhielt er seine Ausbildung zum Drucker in Straßburg, wo 1465 seine Heirat mit Susanne Zuckwert, der Tochter eines Maurers, ins Bürgerbuch eingetragen wurde.

Sein frühester Druck, die Pestordnung des Ulmer Stadtarztes Heinrich Steinhöwel, datiert aus dem Jahr 1473. Nach einer anfänglich erfolgreichen Tätigkeit ging Zainers Geschäft nach einigen Jahren zurück; er wurde, wohl aufgrund von Schulden, 1493 der Stadt verwiesen, kehrte aber später zurück, druckte, wenn auch nur noch wenig, bis 1515 und wurde 1523 zum letzten Mal erwähnt.

Werk

Bedeutende Drucke aus Johann Zainers Ulmer Offizin sind eine deutsche Chronik, verfasst von Heinrich Steinhöwel, die als eines der ältesten mit beweglichen Lettern gedruckten Zeitbücher gilt, und das von demselben ins Deutsche übersetzte Werk De claris mulieribus von Giovanni Boccaccio: Von etlichen Frowen. Eine weitere Übersetzung Steinhöwels, die der Fabeln des Äsop, sowie Petrarcas Griseldis (1473) kamen ebenfalls aus Zainers Presse. Darüber hinaus druckte er eine Reihe theologischer Schriften, u. a. 1480 eine Bibel und die im Wiegendruckverfahren hergestellte Fridolinsvita. Wie viele seiner Kollegen orientierte sich auch Zainer sowohl an den Interessen der Geistlichkeit als auch an denen der Bürger; geschäftlich erfolgreich war er damit nicht.

Vor allem die Verpflichtung des hernach Boccaccio-Meister genannten Künstlers für die Mehrzahl der Illustrationen in dem Petrarca, dem Boccaccio und dem Äsop hat Johann Zainer den Ruhm eingebracht, den Buchschmuck entscheidend weiter gefördert zu haben; im Gegensatz zu den bisher üblichen, die Kontur betonenden Holzschnitten zeichnen sich die Schnitte des Boccaccio-Meisters durch Hell-Dunkel-Effekte, Räumlichkeit und Plastizität aus, ein Stil, der seit den 1480er Jahren prägend wurde für die Illustration der frühen Drucke und den später zum Beispiel Albrecht Dürer vervollkommnete.

Literatur

  • Karl Steiff: Zainer, Günther und Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 44, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 672–674.
  • Karl Falkenstein: Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung. Teubner, Leipzig 1840, S. 171.
  • Fritz Funke: Buchkunde Ein Überblick über die Geschichte des Buch- und Schriftwesens. 6. Auflage. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11390-0, S. 88 und 235 f. (Nachdr. d. Ausg. München 1969).
  • Claire Bolton: The fifteenth-century printing practices of Johann Zainer, Ulm, 1473-1478. The Oxford Bibliographical Society Printing Historical Society, Oxford / London 2016, ISBN 978-0-901420-59-6.
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Einzelnachweise

  1. Heinrich Steinhöwel: Büchlein der Ordnung der Pestilenz. (Regimen Pestilentiae), Johann Zainer, Ulm 1473 (Digitalisat); Faksimile in: Arnold Carl Klebs, Karl Sudhoff (Hrsg.): Die ersten gedruckten Pestschriften. München 1926, S. 171–177.
  2. Jürgen Martin: Die ›Ulmer Wundarznei‹. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 13.
  3. Bernhard Oeschger: Geschichte des Stifts und der Stadt Säckingen. In: Hugo Ott (Hrsg.): Säckingen. Die Geschichte der Stadt. Theiss, Stuttgart 1978, ISBN 3-8062-0191-9, S. 16.
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