Johanna „Hanka“ Grothendieck (* 21. August 1900 in Hamburg-Blankenese als Frida Elisabeth Johanna Grothendieck; † 30. Mai 1968 in Goslar-Lengde) war eine deutsche Journalistin, Schauspielerin und Schriftstellerin.
Leben
Johanna Grothendieck wurde als drittes von fünf Kindern des Kellners Albert Ernst Grothendieck (* 3. Januar 1871; † 1. März 1945) geboren. Einer außerehelichen Beziehung entstammt die Halbschwester Hedwig Eleonore Frieda (* 1. Dezember 1895; † 25. Oktober 1944), die Schwester Mimi Henriette Johanna (* 23. Juli 1897; † 21. Oktober 1897), Johanna selbst sowie der Bruder Fritz Willy Carl (* 4. Juli 1901; † 27. Juni 1944) sind gemeinsame Kinder mit Anna Luise Lisette Johanne Grothendieck, geb. Demmin (* 1. Juni 1872; † 3. Oktober 1928). Die Ehe der Eltern wurde am 23. Februar 1900 in Recknitz geschlossen. Als weiteres außereheliches Kind wurde der Halbbruder Christian Claus Adolf (* 15. Oktober 1904) geboren.
Nachdem sie infolge finanzieller Schwierigkeiten der Eltern das Lyzeum verlassen musste, trat Johanna Grothendieck mit siebzehn Jahre eine Ausbildung als Kindergärtnerin an, die sie aber bald darauf abbrach. Sie nahm Schauspielunterricht, schrieb Gedichte und Prosa und hatte das Ziel, sich der Künstlerkolonie in Worpswede anzuschließen. Sie kam in Kontakt mit Vertretern der Reformbewegung und der „Freideutschen Jugend“, schließlich wurde sie als Schauspielerin Teil der Hamburger Theatergruppe „Die Kampfbühne“. 1920 trat sie als Redakteurin in den Dienst der von Ketty Guttmann ins Leben gerufenen Zeitung Der Pranger – Organ der Hamburg Altonaer Kontrollmädchen.
Sie lernte Johannes „Alf“ Raddatz kennen, den sie heiratete. 1924 kam die Tochter Frode, genannt „Maidi“ (* 24. Januar 1924; † 1. Mai 1997) zur Welt. Das Paar wechselte nach Berlin, wo es sich in der Künstler- und Anarchistenszene bewegte. 1925 trennte sich das Paar und Johanna ging eine Beziehung mit dem jüdisch-russischen Anarchisten Alexander Schapiro (* 6. August 1890; † 1. August 1942) ein, mit dem sie ein Fotoatelier betrieb. 1928 kam der Sohn Alexander (* 28. März 1928; † 13. November 2014) zur Welt.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 floh Schapiro aus Deutschland nach Paris, zum Jahreswechsel 1933/1934 folgte ihm Johanna. Schapiro schloss sich 1936 den Internationalen Brigaden in Spanien an. Nachdem sich auch Johanna in Spanien aufgehalten hatte, übersiedelte sie 1937 nach Nîmes. Nach dem Sieg der Franquisten kehrte Schapiro nach Frankreich zurück. Im Oktober 1939 wurde er als feindlicher Ausländer verhaftet und im Lager Le Vernet interniert. Von dort wurde er im Sommer 1942 über das Sammellager Drancy nach Auschwitz deportiert und dort am 1. August ermordet.
Johanna Grothendieck und ihr Sohn verließen Nîmes im März 1940, um in Mouriès im Département Bouches-du-Rhône eine Kolonie junger spanischer Flüchtlinge zu leiten, die vom französischen Kinderhilfskomitee gesponsert und von amerikanischen Quäkern finanziert wurde. Zwei Monate später zog die Kolonie nach Marseille in das Château des Caillols.
Dort wurde Hanka Grothendieck am 1. August verhaftet und mit ihrem Sohn in das Camp de Rieucros überstellt. Während Alexander Grothendieck in das Collège Cévenol in Le Chambon-sur-Lignon aufgenommen wurde, wurde die Mutter zunächst im Camp de Gurs und später Internierungslager Brens festgehalten, wo sie aufgrund einer Tuberkuloseerkrankung schwere gesundheitliche Schäden erlitt.
In der Nachkriegszeit lebte sie mit ihrem Sohn zusammen zunächst in Montpellier und Paris. Im Februar 1953 verließen beide Frankreich und reisten nach Rio de Janeiro aus. Sie starb am 30. Mai 1968 in Goslar-Lengde.
Bislang unveröffentlicht geblieben ist Hanka Grothendiecks 1500 Seiten umfassender autobiografischer Roman Eine Frau.
Alexander Grothendieck wurde einer der bedeutendsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts.
Gedenken
Für Johanna „Hanka“ Grothendieck wurde am 22. März 2017 in Berlin-Mitte, Brunnenstr. 165, ein Stolperstein verlegt.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ StAmt Blankenese 1900, 25. August, Nr. 162; StAmt Lengde 1968, 30. Mai, Nr. 3
- ↑ StAmt Hamburg-Fuhlsbüttel 1945, Bd. 01, Nr. 437
- ↑ StAmt Hamburg-Eppendorf 1944, Bd. 03, Nr. 1424
- ↑ StAmt Blankenese 1897, Nr. 105
- ↑ StAmt Hamburg; St. Pauli, 1947, Bd. 02, Nr. 574
- ↑ StAmt Hamburg 21b, 1928, Bd. 03, Nr. 1233
- ↑ https://www.stolpersteine-berlin.de/de/brunnenstrasse/165/johanna-hanka-grothendieck