John Thomson Stonehouse (Pseudonym: James Lund; * 28. Juli 1925; † 14. April 1988) war ein britischer Politiker und Staatssekretär unter Harold Wilson. Allgemein bekannt wurde Stonehouse 1974 durch seinen erfolglosen Versuch, den eigenen Tod vorzutäuschen.

Leben

Ausbildung und frühe Karriere

Stonehouse wurde an der Taunton's Secondary School in Southampton und der London School of Economics and Political Science ausgebildet. Als Ökonom beschäftigte er sich mit Genossenschaften und war von 1952 bis 1962 Manager afrikanischer Kooperativer Gesellschaften in Uganda. Er war Direktor (1956–62) und Präsident (1962–64) der London Co-operative Society.

Stonehouse wird Parlamentsabgeordneter

Stonehouse wurde erstmals 1957 als Labour-Kandidat in der Nachwahl in Wednesbury gewählt, nachdem er zuvor erfolglos 1950 in Twickenham und 1951 in Burton upon Trent kandidiert hatte. Er war in der Folge Unterstaatssekretär für Luftfahrt, danach im Kolonialamt, dann Postminister unter Harold Wilson bis zur Abschaffung des Postens 1969. Als Labour die Wahlen 1970 verlor, wurde Stonehouse nicht in das Schattenkabinett übernommen. Als sein Wahlkreis Wednesbury 1974 gestrichen wurde, kandidierte er im Wahlkreis Walsall North und wurde dort ebenfalls gewählt.

Wirtschaftliche Interessen

Nach 1970 gründete Stonehouse diverse Firmen. Ab 1974 waren diese in finanziellen Schwierigkeiten, und Stonehouse begann, die Bücher zu manipulieren. Als ihm klar wurde, dass das Wirtschaftsministerium seinen Fall untersuchte, entschied er sich zur Flucht. Britische Geheimdokumente, die 2005 freigegeben wurden, legen nahe, dass Stonehouse Monate damit verbrachte, für seine neue Identität zu üben – die von Joseph Markham, dem verstorbenen Gatten einer Frau aus seinem Wahlbezirk.

Vortäuschung des eigenen Todes

Stonehouse täuschte bis zum Termin seines angeblichen Selbstmordes am 10. November 1974 Normalität vor. Er hinterließ an einem Strand in Miami seine Kleider und machte sich auf den Weg nach Australien. Er wurde für tot gehalten, Nachrufe wurden veröffentlicht. Währenddessen wollte Stonehouse mit seiner Sekretärin und Geliebten Sheila Buckley ein neues Leben in Melbourne beginnen. Nur ein paar Wochen nach seinem „Selbstmord“, am 24. Dezember 1974, wurde er von der australischen Polizei nach einem Hinweis eines Postbeamten verhaftet. Ihm war „Joseph Marksman“, der sich laufend nach Briefen aus Großbritannien erkundigte, wegen seiner aristokratischen Erscheinung und seiner guten Manieren aufgefallen. Man hielt ihn daher für den ebenfalls kurz zuvor verschwundenen Lord Lucan. Noch in Australien bewarb er sich um die Chiltern Hundreds (einer der Wege für einen britischen Parlamentsabgeordneten, zurückzutreten), unterzeichnete das Gesuch aber nie.

Die australischen Behörden zögerten zunächst, einen britischen Abgeordneten auszuliefern. Nach sechs Monaten wurde er abgeschoben, obwohl er sich in der Zwischenzeit um Asyl in Schweden und Mauritius beworben hatte. Im Juni 1975 war er wieder in England, wo er bis August im Brixton-Gefängnis festgehalten wurde. Er war weiterhin als Abgeordneter aktiv, da die Labour Partei ihn trotz der Umstände nicht ausschloss. Im April 1976 verkündete er, sich nicht mehr an den Fraktionszwang zu halten, was Labour die parlamentarische Mehrheit kostete und sie zu einer Minderheitsregierung machte. Einige Tage später trat er zur English National Party über.

Vor Gericht

Im folgenden Prozess übernahm Stonehouse seine eigene Verteidigung. Er wurde wegen Betruges schuldig gesprochen und zu sieben Jahren Haft verurteilt. Seine Haft saß er in Wormwood Scrubs ab, wo er sich darüber beschwerte, dass in der Anstaltswerkstatt, in der er arbeiten musste, Radiostationen mit Popmusik gespielt wurden. Am 28. August 1976 konnte er endlich überredet werden, als Abgeordneter und Angehöriger des Privy Councils zurückzutreten – nur drei Personen sind im 20. Jahrhundert freiwillig aus dem Privy Council ausgeschieden. Die Nachwahl um seinen Wahlkreis wurde von Robin Hodgson, einem Angehörigen der Konservativen Partei, gewonnen.

Nach der Entlassung

Er wurde 1979, nach drei Herzinfarkten und einer Herzoperation, vorzeitig aus der Haft entlassen. Er arbeitete danach einige Jahre für die Ost-Londoner Wohltätigkeitsorganisation Community Links.

Er heiratete 1981 seine Geliebte, schrieb einige Bücher und starb nach kurzer Krankheit 1988 an einem Herzinfarkt. Zu Lebzeiten hatte er oft den britischen Komiker Kenneth Williams getroffen und ihm immer wieder seine Wertschätzung versichert.

Stonehouses Sohn ging in Millfield zur Schule, zum damaligen Zeitpunkt die teuerste Privatschule des Landes.

2023 strahlte der britische Fernsehkanal ITV1 eine weitgehend auf Fakten beruhende dreiteilige Serie über John Stonehouse aus.

Einzelnachweise

  1. Der Spiegel 44/1975: Altar des Schwindels
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