John Torcapel (* 18. April 1881 in Genf; † 21. Juli 1965 ebenda) war ein Schweizer Architekt und Maler.

Leben

John Torcapel erlernte den Beruf des Bauzeichners und studierte an der École des Beaux-Arts in Genf Architektur. 1924 eröffnete er sein eigenes Architekturbüro. 1930 wurde er Lehrer an der Kunstgewerbeschule Genf (Section d'architecture de l’École des Beaux-Arts) und war an der Gründung der Sektion für Architektur an der Universität Genf beteiligt. 1942 wurde er Professor an der Universität Genf und lehrte dort bis 1953 (Chef d’atelier des éléments d’architecture à l’École d’architecture).Er unterrichtete zusammen mit Eugène Baudoin und Albert Cingria nach dem Muster der Pariser École des Beaux-Arts.

Er stammt aus einer protestantischen, aus Frankreich eingewanderten Familie und wuchs zusammen mit zwei Schwestern und einem Bruder in Genf auf. Seiner Ehe mit Marthe Aline (geborene Berthoud) entstammte eine Tochter, Anne Torcapel, der er sein Architekturatelier 1960 übergab. Seine Tochter sorgte aber auch dafür, dass der Name John Torcapel in der Malerei nicht verloren ging. Ihr Nachlass erlaubte der Galerie Selano zusammen mit Mme Henri Cauderay das Werk von John Torcapel 1991 in einer Ausstellung zu würdigen.

Er förderte Frauen als Architektinnen. So zählten Colette Oltramare (1904–1980), Marie-Louise Leclerc (1911–2001) und seine Tochter Anne Torcapel zu seinen Schülerinnen.

Architekt und Raumplaner

John Torcapel entwarf verschiedene Einfamilienhäuser in der Umgebung von Genf und nahm an Architekturwettbewerben teil. 1905 erstellte er Konstruktionspläne für das Musée d’Art et d’Histoire. 1912 gewann er zusammen mit Adolphe Guyonnet den Projektwettbewerb für die Stadtrandsiedlung Le Mervelet in Petit-Saconnex. 1918 nahm er zusammen mit Alfred Olivet am Projektwettbewerb für eine neue Schule in Saint-Jean (Genf) teil und gewannen den 2. Preis. Am 1. Februar 1928 gewann John Torcapel zusammen mit Adolphe Guyonnet den Projektwettbewerb zur Errichtung des Gemeindesaals von Chêne-Bougeries. Die Architekten wurden auch mit der Bauausführung betraut.

In den 1930er Jahren befasste sich die Groupe genevois pour la réconstruction de la Rive droite (Adolphe Guyonnet, Arnold Hoechel, Jean-Jacques Honegger, Francis Quétant, Henri Minner, John Torcapel, Louis Vincent, Edmond Wanner) mit der Bebauung des rechten Seeufers. Diese Raumplanung wurde allerdings nicht umgesetzt. Anfang der 1930er Jahre erteilte der Genfer Industrielle Edmond Wanner einer Gruppe von Architekten und Ingenieuren den Auftrag, die von Le Corbusier und Pierre Jeanneret entworfene Maison de Clarté zu realisieren. Im Jahre 1932 leitete John Torcapel die Umsetzung der Entwürfe in Baupläne, die vielfach von Francis Quétant gezeichnet wurden. Die Bauführung besorgte er zusammen mit Boris Nazarieff. 1945 reichte John Torcapel der Museumskommission einen Plan zur Erweiterung des Musée d’ethonographie am Boulevard Carl Vogt in Genf ein, der von der Kommission einstimmig gutgeheissen wurde. Im Jahr 1948 wurde der Erweiterungsbau nach seinen Plänen realisiert.

Maler

In seiner Freizeit widmete sich John Torcapel der Malerei. Er malte Ölbilder und Aquarelle und schuf Holz- und Linolschnitte, Blei- und Kohlestiftzeichnungen und Zeichnungen mit Ölkreide. Neben Landschaftsbildern, die den Hauptteil seines Werks ausmachen, malte er auch Stillleben und Porträts.

Seine ersten Zeichnungen, vor allem Architekturskizzen und exakte Bilder von Gebäuden und Kirchen mit Bleistift, und Aquarelle datieren um 1904. Seine ersten Ölbilder entstanden 1909. Auf der Rückseite seines Bildes "Paysage aux environs de Gruyères" ist dies auch ausdrücklich vermerkt ("première année de peinture à l'huile"). Vorerst waren seine Ölbilder stark von Hodler beeinflusst, so beispielsweise die Bilder „Le faucheur“, „Les rameurs/les bateliers“ (1916?) und „Forêt carrée sur le Salève, Jura et ciel“ (1911). Dies ist auch nicht verwunderlich, gehörte doch zu seinen engsten Freunden Albert Schmidt, dessen Vater Ferdinand Hodler sein Atelier vermietete. (vgl. Anker Valentina, Albert Schmidt, Geneve 1998, S. 7 ff. u. das Ölbild „Un dimanche après-midi“, le peintre A. Schmidt, son Ami John Torcapel et leurs épouses, 1910, 239 × 300 cm; S. 42 f.)

Seit 1920 traf er sich mit einer Schar von Malern, Bildhauern und Schriftstellern im „Café du Levant“. Zu dieser Gruppe gehörten u. a. Maurice und Gustave François Barraud, Alexandre Blanchet, Eugène Martin, Félix Appenzeller, Adrien Bovy und Hans Berger. John Torcapel nahm an den wöchentlichen Treffen teil. Hier kam er mit der Malerei des anderen führenden Kopfes der Genfer Malerei, Otto Vautier, in Kontakt, einer Malerei, die sich nicht "national", sondern weltoffen verstand.

Als Architekt hatte er Kontakt mit anderen Architekten, die sich ebenfalls als Maler betätigten. John Torcapel war auch mit Albert Trachsel eng befreundet. Bilder, wie die Tänzerinnen, könnten aufgrund dieses Kontaktes, aber auch in Anlehnung an Hodler entstanden sein, war doch zu dieser Zeit der Einfluss von Émile Jaques-Dalcroze mit seiner Rhythmik gross auf die Malerei.

Durch die vielen persönlichen Beziehungen konnte John Torcapel seinen eigenen Stil entwickeln. Der Schwerpunkt seines Schaffens war die Darstellung von Landschaften der „Campagne genevoise“. Während seinen Reisen malte er aber auch andere Landschaften, so findet sich eine etliche Zahl von Bildern aus dem Berner Oberland, aber auch Bilder von Paris, Antibes und St. Maxime unter seinen Werken. Und immer wieder malte er seine Tochter Anne und seine Ehefrau Marthe, meist als Mme T. oder Maman bezeichnet.

Ausstellungen

John Torcapel stellte seine Werke im Musée Rath und l’Athénée aus. Er nahm an Nationalen Kunstausstellungen, an Turnus-Ausstellungen des Schweizerischen Kunstvereins und an Ausstellungen der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten sowie der Landesausstellung 1939 teil. 1938 wurde er zu einer Ausstellung des Kunstvereins Winterthur eingeladen. Im gleichen Jahr zeigte er seine Werke im Musée Rath in Genf. Ein besonderer Reiz hatte für ihn die Ausstellung „Schwarz-Weiss“, wo eine Bleistiftzeichnung und zwei Kreidezeichnungen ausgestellt wurden.1947 stellte er gemeinsam mit A. de Siebenthal, R. A. Coppel und A. Nouspikel Werke im Musée Rath aus.

Im Jahr 1978 widmete die Classe des Beaux-Arts und les amis des Beaux-Arts eine Ausstellung John Torcapel. 1984 zeigte Pierre-Yves Gabus, wie John Torcapel zu Beginn seines Schaffens von Ferdinand Hodler beeinflusst wurde. 1991 würdigte Benedetto Selano sein Schaffen, und 1994 zeigte er nochmals ausgewählte Werke von John Torcapel.

Zum 100. Todestag von Ferdinand Hodlers widmet der Musée d'art et d'histoire de Genève den Jüngern Hodlers eine Ausstellung unter dem Titel L'esprit de Hodler dans la peinture genèvoise. Vom 28. September 2018 bis 24. Februar 2019 waren im Maison Tavel drei Werke von John Torcapel (Forêt carrée sur le Saléve, Jura et ciel (1911), jeune pommier aux pommes rouges (1917) et Chemin et rangée d'arbres dans un paysage de collines (1921)) ausgestellt.

Verschiedentlich war Torcapel Jurymitglied von Kunstausstellungen.

Mitgliedschaften

  • A.R.: John Torcapel (Nekrolog). In: Das Werk. Band 52, Nr. 10, 1965, S. 219 (online).
  • N.N.: Torcapel, John. In: Sikart (Stand: 2011)

Einzelnachweise

  1. Bruno Marchand, Philippe Meier, François Maurice, in: Schweizer Architektur, 2-2019, 213, S. 15
  2. Marcelle Cauderay-Weiss († 2. Oktober 2010) war die Witwe von Henri Cauderay, den Anne Torcapel mit Testament als Alleinerbe eingesetzt hatte. Sie hat alle Bilder, Aquarelle, Entwürfe, Skizzen, Tagebücher und Korrespondenz von John Torcapel an Benedetto Selano verkauft.
  3. Musée d’Art et d’Histoire 340.J.1/10.
  4. Private Website der Einwohner von Le Mervelet. (Memento des Originals vom 28. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Bruno Corthèsy: L’École de Sanit-Jean. Etude historique, Ville de Genève, Conservation du patrimoine architectural – juin 200.
  6. N.N.: Première guerre mondiale. Mairie de Chêne-Bougeries, abgerufen am 2. November 2014.
  7. Michael Koch: Leitbilder des modernen Städtebaus in der Schweiz. 1918–1939, Diss. ETH Zürich, S. 291 ff.
  8. L’oeuvre architecturale et urbaine de le Corbusier. Volume II: Les biens de la série. L’habitat collectif: Immeuble Clarté. Genève 1930, S. 383.
  9. Inès Lamunière, Patrick Devanthéry: La „Clarté“, le fer, le verre et l’immeuble d’habitation urbain. In: Massilia – Annuaire d’études corbuséennes. 2003, S. 115.
  10. Compte rendu de l’administration municipale pendant l’année 1945, présenté au Conseil municipal par le Conseil administratif en 1946, S. 91
  11. Compte rendu de l’administration municipale pendant l'année 1948, présenté au Conseil municipal par le Conseil administratif en 1949, S. 81.
  12. Anker Valentina, Otto Vautier, Genf 2005, S. 31 f.
  13. Anker Valentina: Der Schweizer Symbolismus. Bern 2009, S. 187.
  14. Fosca François, in: J. Torcapel: Dessins, aquarelles, huiles. Exposition Athénée Genève 1978 a. E.
  15. Exposition Peinture, Sculpture Art Décoratif au Musée Rath, Genève du 18 octobre au 10 novembre 1912 de Hans Berger, Blondin, Bosshard, Buchet, Paul Carteret, Ed. Castres, Demol, Emile Hornung, Erich Hermes, André Jacques, L. Jagd, Loup, Alex Mairet, Maurice Mathe, Morard, Francis Portier, F. de Ribaupierre, Rouban, Maurice Sarkissoff, Sauter, Albert Schmidt, J. Suppo, John Torcapel, Waschawsky, Wenger
  16. Exposition "J. Torcapel (1881–1965) Dessin – aquarelles -huilles" de la Classe des Beaux-Arts et les Amis des Beaux-Arts du 25 mai au 24 juin 1978 au Musée de l'Athénée
  17. Schweizerische Nationale Kunstausstellungen 1910, 1912, 1922, 1925, 1931, 1936, 1941.
  18. Turnus-Ausstellungen des Schweizerischen Kunstvereins 1915, 1920, 1923, 1926, 1932.
  19. Ausstellungen der Gesellschaft Schweizerischer Bildhauer und Architekten 1913, 1915, 1924, 1927, 1935, 1943.
  20. Kunstverein Winterthur: Alfred Marxer, Albert Reinhardt, Richard Seewald, John Torcapel, Eduard Weinmann, Marcel Wille, Eugen Zeller, Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur vom 21. August bis 25. September 1938
  21. Kunsthaus Zürich, Schwarz-Weiss, Ausstellung vom 27. Juli bis 1. September 1940
  22. J. Torcapel, dessin – aquarelles – huiles, Musée de l’Athénée Genève du 25 mai au 24 juin 1978.
  23. Gabus Pierre-Yves, Hodler et ses épigones, Ausstellung vom 29. März bis 26. April 1984 im Hôtel des Bergues, in Genf, Katalog, S. 56 f.
  24. Galerie Selano, Hommage au peintre John Torcapel, Exposition du 2 octobre au 16 novembre 1991.
  25. Galerie Selano, John Torcapel Exposition du 26 avril au 28 mai 1994.
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