Joseph Grafton Gall (* 14. April 1928 in Washington, D.C.) ist ein US-amerikanischer Zoologe und Zellbiologe.
Leben
Gall erwarb 1949 an der Yale University in New Haven, Connecticut, einen Bachelor und 1952 einen Ph.D. in Zoologie. Erste Lehrverpflichtungen übernahm er bis 1963 an der University of Minnesota, bevor er eine Gastprofessur in Yale übernahm. Später erhielt er eine ordentliche Professur für Biologie und molekulare Biophysik, die er bis 1983 innehatte, bevor an die Abteilung für Embryologie an der Carnegie Institution for Science in Baltimore wechselte. Hier erhielt er 1984 die American-Cancer-Society-Professur für Entwicklungsgenetik.
Wirken
Gall hat sich im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere mit zahlreichen Strukturen des Zellkerns befasst, darunter die Lampenbürstenchromosomen. Er konnte zeigen, dass diese Chromosomen aus einem einzelnen DNA-Doppelstrang bestehen und postulierte, dass dies für alle Chromosomen gelten müsse. Gall wies nach, dass Kernporen eine Struktur mit achtfacher Symmetrie haben. Gemeinsam mit Mary Lou Pardue gelangen ihm entscheidende Arbeiten zur Entwicklung der In-situ-Hybridisierung. Weitere Arbeiten beschäftigten sich mit der Rolle ribosomaler RNA oder der Struktur von Satelliten-DNA und ihrer Lokalisation im centromeren Heterochromatin. Gall konnte wichtige erste Beiträge zur Erforschung der Gen-Amplifikation leisten. Gemeinsam mit seiner Postdoktorandin Elizabeth Blackburn und ihrer Doktorandin Carol W. Greider fand Gall die Telomere bei Tetrahymena; unter anderem für diese Arbeiten wurden Blackburn und Greider 2009 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Neuere Arbeiten Galls befassen sich mit Funktion und Struktur vom Cajal-Körperchen, einer weiteren Struktur des Zellkern.
Gall gehört zu den Gründungsmitgliedern der American Society for Cell Biology (ASCB) und war 1967/1968 ihr Präsident. Drei seiner Schülerinnen, Mary Lou Pardue, Susan Gerbi and Elizabeth Blackburn übernahmen später diese Funktion. Unter Galls Schülern finden sich ungewöhnlich viele Frauen, die gelegentlich Gall’s Gals („Galls Mädchen“) genannt wurden. Viele seiner Schülerinnen erhielten später wichtige Positionen an Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit.
Gall gilt als exzellenter Anwender zahlreicher Formen der Mikroskopie und als Kenner der Geschichte der Mikroskopie.
Auszeichnungen (Auswahl)
- 1968 Mitgliedschaft in der American Academy of Arts and Sciences
- 1972 Mitgliedschaft in der National Academy of Sciences
- 1983 E. B. Wilson Medal der American Society for Cell Biology (ASCB)
- 1989 Mitgliedschaft in der American Philosophical Society
- 1996 Lifetime Mentor Award der American Association for the Advancement of Science
- 2006 Albert Lasker Award for Special Achievement in Medical Science
- 2007 Louisa-Gross-Horwitz-Preis gemeinsam mit Carol W. Greider und Elizabeth Blackburn
- 2008 Keith R. Porter Lecture
Literatur
- Sharyn A. Endow, Susan A. Gerbi: Joseph G. Gall. Journal of Cell Science 116, 3849–3850 (2003) doi:10.1242/jcs.00737
- Who’s Who in America. 66. Ausgabe, Band 1: A–L. Marquis Who’s Who, Berkeley Heights 2011, ISBN 978-0-8379-7031-8 (Band 1), ISBN 978-0-8379-7035-6 (Gesamtwerk), ISSN 0083-9396, S. 1521
Weblinks
- Joseph G. Gall bei der Carnegie Institution for Science (ciwemb.edu); abgerufen am 6. Februar 2011
Einzelnachweise
- ↑ Gall’s gals. In: archives.yalealumnimagazine.com. 26. Oktober 2009, abgerufen am 18. April 2018 (englisch).
- ↑ Book of Members 1780–present, Chapter G. (PDF; 1,1 kB) In: amacad.org. American Academy of Arts and Sciences, abgerufen am 18. April 2018 (englisch).
- ↑ Lasker Foundation: Founder of modern cell biology – The Lasker Foundation. In: laskerfoundation.org. Abgerufen am 18. April 2018 (englisch).
- ↑ Joseph G. Gall – Louisa Gross Horwitz Prize 2007 bei columbia.edu; abgerufen am 6. Februar 2011
- ↑ Keith R. Porter Lecture bei ascb.org; abgerufen am 31. Januar 2012