Karl-Willi „Charly“ Beck (* 26. September 1954; † 30. Oktober 2022) war ein deutscher Kommunalpolitiker (CSU). Sein Engagement gegen Rechtsextremismus als Erster Bürgermeister von Wunsiedel machte ihn überregional bekannt.

Leben

Karl-Willi Becks Großeltern waren Willi und Anna Beck. 1975 übernahm er die familiären Bauernhof und verbundene Ländereien. Im März 2002 wurde Beck zum Ersten Bürgermeister Wunsiedels gewählt und legte dieses Amt 2020 nach mehrfacher Wiederwahl nieder. Der Stadtrat ernannte ihn infolge zum Altbürgermeister. Im Oktober 2022 erlag er einem Krebsleiden, welches noch während seiner Amtszeit bei ihm diagnostiziert wurde.

Wirken

In Becks Amtszeit wurden unter anderem das Theatergebäude der Luisenburg-Festspiele saniert und das Luisenburg-Felsenlabyrinth instand gesetzt. 2015 fand Wunsiedel Eingang in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler, da die hoch verschuldete Stadt Bürgern Verdienstmedaillen aus reinem Gold verlieh.

Strategien gegen Rechtsextremismus

Nachdem ein Rudolf-Heß-Gedenkmarsch 2003 nicht verhindert werden konnte, initiierte Beck mit einem lokalen Bündnis den seit 2004 in Wunsiedel stattfindenden Tag der Demokratie, um jährliche Umzüge von Neonazis und Rechtsextremisten zu unterbinden. Im Zuge dessen nahm Beck an einer Sitzblockade auf der Strecke des Umzuges teil, was zu einer Vorladung beim damaligen bayerischen Innenminister Günther Beckstein führte. Durch die Inanspruchnahme des Vorkaufrechts für eine Immobilie an der Luisenburg durch die Gemeinde verhinderte Beck 2007 das Vorhaben Jürgen Riegers, ein örtliches Schulungs- und NPD-Wahlkampfzentrum sowie eine Rudolf-Heß-Gedenkstätte zu eröffnen. Als der Pachtvertrag der Grabstätte Rudolf Heß’ auslief, erwirkte Beck 2011 die zunächst unbemerkte Auflösung. Die Verschärfung des Straftatbestands der Volksverhetzung bei Störung des öffentlichen Friedens nach § 130 StGB, soll maßgeblich auf die Anhörungen Becks im Innenausschuss des Bundestags zurückzuführen sein.

Mit Vorträgen und öffentlichen Appellen regte Beck Kommunen in ähnlichen Situationen zur Nachahmung des durch Engagement, enge zivilgesellschaftliche Kooperation und Extremismusprävention geprägten „Wunsiedler Wegs“ und zu zivilem Ungehorsam an. Mehrfach sprach sich Beck für ein NPD-Verbot und einen Abzug von V-Leuten aus dem Parteiumfeld aus.

Sonstiges

Becks Menschenführung fand nach Wutausbrüchen im Stadtrat und Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters mehrfach Kritik. Ein Gerichtsverfahren wegen Verdachts der Untreue wurde 2018 eingestellt. Die Anwerbung spanischer Fachkräfte erregte Unmut. Während seiner Amtszeit wurde Wunsiedel der Deutsche Nachhaltigkeitspreis als „Deutschlands nachhaltigste Kleinstadt und Gemeinde“ verliehen. Seine Amtshandlungen und politischen Einstellungen werden medial differenziert eingeordnet:

»Alles juristische Fragen, jeweils eine Geschichte für sich. Und immer spannend, rechtlich und ethisch.«

Olaf Przybilla: Süddeutsche Zeitung, 2018

Privates

1973 heiratete er Ingrid Beck geb. Rogler. Gemeinsam betrieben sie einen Ferienhof.

Siehe auch

Medien (Auswahl)

Sammelbände

  • Holger Kulick/Toralf Staud (Hrsg.): Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus. Was man wissen muss und wie man sich wehren kann. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2009. S. 167 ff. ISBN 978-3-462-04160-6.

Filme

  • Lukas Felix Pohl: Alles auf Grün. Dieser Weg führt ins Morgen. Dokumentation. Siemens, Wunsiedel 2021.

Einzelnachweise

  1. HCS Content GmbH: Wunsiedel trauert: Karl-Willi Beck gestorben - Frankenpost. Abgerufen am 31. Oktober 2022.
  2. 1 2 Hofgeschichte des Beck’schen Fachwerkhauses. In: Beckscher Ferienhof. Abgerufen am 27. Mai 2020.
  3. BR24 Redaktion: Ende einer Ära in Wunsiedel. Bürgermeister Karl-Willi Beck geht. In: BR24. Bayerischer Rundfunk, 26. Februar 2020, abgerufen am 4. Juni 2020.
  4. Matthias Bäumler: Wunsiedel. Karl-Willi Beck ist wieder ein Bürgermeister. In: Frankenpost. HCS Content GmbH, 30. Oktober 2020, abgerufen am 11. Januar 2021.
  5. HCS Content GmbH: Wunsiedel: Beck spricht erstmals über seine Krankheit - Frankenpost. Abgerufen am 31. Oktober 2022.
  6. Altbürgermeister Karl-Willi Beck gestorben in: Nordbayerischer Kurier vom 2. November 2022, S. 3.
  7. Marcus Stölb: Neonazis. Brauner Aufmarsch im Fichtelgebirge. In: Spiegel Online. 15. August 2003, abgerufen am 4. Juni 2020.
  8. APA, dpa: Wunsiedel demonstriert gegen Rechtsextremismus. In: Der Standard. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H., 15. August 2009, abgerufen am 4. Juni 2020.
  9. Welt.de, ddp: Festnahmen bei Heß-Gedenkmarsch. In: Die Welt. Axel Springer SE, 21. August 2004, abgerufen am 4. Juni 2020.
  10. Olaf Przybilla: Gemischte Gefühle. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Mai 2010, abgerufen am 27. Mai 2020.
  11. dpa: Nazi-Zentrum in Wunsiedel verhindert. Stadt übt Vorkausrecht vor Anwalt aus. In: Main-Post. Main-Post GmbH, 25. Februar 2007, abgerufen am 27. Mai 2020.
  12. Judy Dempsey: Hitler Aide’s Grave Is Removed to Stop Neo-Nazi Pilgrimages. In: New York Times. 21. Juli 2011, abgerufen am 27. Mai 2020 (englisch).
  13. Olaf Przybilla: Gemischte Gefühle. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Mai 2010, abgerufen am 27. Mai 2020.
  14. Peter Engelbracht: Kommentar zu Mobbing im Rathaus. In: Nordbayerischer Kurier. Nordbayerischer Kurier Zeitungsverlag GmbH, 30. April 2015, abgerufen am 4. Juni 2020.
  15. Philipp Wittrock: Heß-Demos in Wunsiedel. Bundesrichter bestätigen schärferes Strafrecht für Neonazi-Aufmärsche. In: Spiegel Online. 25. Juni 2008, abgerufen am 4. Juni 2020.
  16. Karl-Willi Beck: Der Wunsiedler Weg. Wunsiedel ist bunt und nicht braun! Präsentation. In: Wunsiedel.de. Stadt Wunsiedel, 14. Februar 2014, abgerufen am 27. Mai 2020.
  17. Ralph Gammanick: Am 3. Oktober "allen Grund zu feiern". Weiden wehrt sich wie Wunsiedel. Stadt will den Nazis einfach keinen Platz lassen. In: Onetz. Der neue Tag - Oberpfälzischer Kurier, Druck- und Verlagshaus GmbH, 2. Oktober 2009, abgerufen am 27. Mai 2020.
  18. Redaktion: "Der Wunsiedeler Weg". Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus. In: Celle Heute. fehlhaber.medien, 3. Februar 2014, abgerufen am 27. Mai 2020.
  19. Ulla Gutmann: Friedlich gegen rechte Aufmärsche. In: Augsburger Allgemeine. Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 13. November 2016, abgerufen am 27. Mai 2020.
  20. Fliege. Die Talkshow. In: Das Erste. 1. März 2005, abgerufen am 4. Juni 2020.
  21. Isabel Fannrich: Braunes Gedankengut verdrängen. Kommunale Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus. In: Deutschlandradio. Deutschlandradio. Körperschaft des öffentlichen Rechts, 28. März 2013, abgerufen am 4. Juni 2020.
  22. Albrecht Kolthoff: Wie kann sich ein kleines Dorf gegen Neonazis wehren? In: Holger Kulick, Toralf Staud (Hrsg.): Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus. Was man wissen muss und wie man sich wehren kann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, ISBN 978-3-462-04160-6, S. 164168.
  23. Peter Engelbracht: Kommentar zu Mobbing im Rathaus. In: Nordbayerischer Kurier. Nordbayerischer Kurier Zeitungsverlag GmbH, 30. April 2015, abgerufen am 4. Juni 2020.
  24. Bernhard Honnigfort: Wunsiedels brüllender Bürgermeister. In: Frankfurter Rundschau. Frankfurter Rundschau GmbH, 26. Mai 2015, abgerufen am 4. Juni 2020.
  25. Verfahren gegen Beck eingestellt. In: Frankenpost. Frankenpost Verlag GmbH, 24. Juli 2018, abgerufen am 4. Juni 2020.
  26. David Böcking, Yasmin El-Sharif: Fachkräfteprojekt in Bayern. Unser Dorf soll spanisch werden. In: Spiegel Online. 30. April 2013, abgerufen am 4. Juni 2020.
  27. Olaf Przybilla: Bürgermeister von Wunsiedel vor Gericht. Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2018, abgerufen am 4. Juni 2020.
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