Karl Graf Chotek von Chotkow und Wognin, tschech.: Karel hrabě Chotek z Chotkova a Vojnína (* 23. Juli 1783 in Wien; † 28. Dezember 1868 ebenda) war Hofkanzler des Kaisertums Österreich, als Gubernialpräsident in Prag Förderer der Infrastruktur in Böhmen, Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies und Ehrenbürger von Innsbruck und Prag.
Herkunft
Karl Graf Chotek entstammte dem alten böhmischen Adelsgeschlecht der Chotek von Chotkow und Wognin vom Stammsitz Chockow bei Radnitz in Westböhmen und war der Sohn des Johann Rudolph Graf Chotek von Chotkow und Wognin (1748–1824), Erbe des Familienfideikommiss Jeniowes (Jenineves) und Weltrus (Veltrusy) in Mittelböhmen, 1802 Gubernialpräsident im Königreich Böhmen sowie k.u.k. Staats- und Konferenzminister, und der Maria Sidonia Gräfin von Clary und Aldringen, einer Tochter des Franz Wenzel Fürst von Clary und Aldringen und der Maria Josepha, geborene Gräfin von Hohenzollern-Hechingen.
Ausbildung und Lebensweg
Karl Graf Chotek studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien und der Karls-Universität Prag, trat 1803 in den administrativen Staatsdienst der Habsburgermonarchie und war 1806/1807 Hofsekretär in der Hofkammer in Wien. 1811 Gubernialrat in Brünn in Mähren, 1812 Kreishauptmann des altmährischen Kreises Prerau, wurde 1813 an das Triester Kreisamt berufen, dort 1816 Hofrat und bis 1818 Gouverneur. 1818 Gubernialvizepräsident des Landes Tirol, von 1819 bis 1825 dort Gouverneur und Ernennung zum Ehrenbürger von Innsbruck, 1825 Hofkanzler und Präsident der Studienhofkommission in Wien, von 1826 bis 1843 Oberstburggraf in Böhmen. Dort vor allem Förderung der Industrie und Infrastruktur, seit 1828 Organisation des Sozial- und Gesundheitswesen der Stadt Prag. Er wurde Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies und Ehrenbürger von Prag.
Karl Graf Chotek als Landesgouverneur von Tirol und Vorarlberg
In den Jahren 1818 bis 1825 wirkte Karl Graf Chotek, von Triest kommend, zunächst als Geheimrat in Tirol, wurde dort Vizepräsident und 1819 Gouverneur der Länder Tirol und Vorarlberg.
Gründung der Tiroler Sparkasse
Gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt Innsbruck Felix Adam von Riccabona gründete Karl Graf Chotek im Jahr 1822 die „Sparkasse in Innsbruck“ (heute Tiroler Sparkasse) als zweite Sparkasse in Österreich (nach der Ersten Österreichischen Spar-Casse). Im Gedenken an Karl Graf Chotek als einen der Gründer vergibt die Tiroler Sparkasse im 2-Jahres-Rhythmus den „Graf Chotek Hochschulpreis“, bei dem sehr gute Diplom- und Masterarbeiten der Verwaltungswissenschaften mit Geldpreisen ausgezeichnet werden.
Gründung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum
Als Landesgouverneur gründete Graf Karl Chotek in Innsbruck ein Komitee zur Errichtung eines „vaterländischen Musäums für Tirol“, dem späteren Landesmuseum Ferdinandeum. Schon um 1800 hatte Erzherzog Johann dieses Vorhaben als „Sammlung aller provinzieller Produkte, die zum Muster für die übrigen Erbstaaten dienen sollte“, geplant, welches durch die Auswirkungen der napoleonischen Kriege erst am 13. Mai 1823 durch die Initiative von Chotek realisiert wurde.
Die Statuten der Neugründung dieses Landesmuseums hatten fortschrittliche Inhalte. „Die fortschreitende Bildung der Nation im Allgemeinen, und im Einzelnen, insbesondere aber die Weckung und Belebung des gemeinschäftlichen Interesses ... an Erzeugnissen der Natur, der Kunst und des Alterthums ...“ sowie die Herausgabe einer wissenschaftlich fundierten Zeitschrift waren ihr Anliegen. Diese Zweckdefinition der Gründung ging über die romantisch-historisierendenen Vorstellungen der damaligen Biedermeierzeit weit hinaus, sollten alle Gegebenheiten des Kronlandes Tirol erfassen, ordnen und für die Zukunft vorzeigbar und dienstbar machen.
Gründung Feuerversicherung
Sozialpolitisch bedeutsam war die Einführung einer Feuerversicherung, die sich unter Kaiser Josef II. noch nicht durchsetzen ließ. Graf Chotek förderte die Bemühungen des Freiherrn Josef von Giovanelli (1784–1845) zur Gründung eines gemeinnützigen Instituts, die am 1. Februar 1825 erfolgte. Danach wurde er 1825 erster Ehrenbürger von Innsbruck.
Verbesserung der Infrastruktur als Statthalter in Böhmen
Choteks Verdienste in der Kulturpolitik führten zunächst im Jahre 1825 zu einer Berufung nach Wien als Hofkanzler und Präsident der Studienhofkommission. Im Oktober 1826 wurde er Oberst-Burggraf und k.k. Gubernialpräsident des Königreichs Böhmen in Prag. Dieses Amt hatte er bis 1843 inne, wurde Förderer der Industrie, des Sozial- und Gesundheitswesen mit Errichtung des allgemeinen Krankenhauses in Prag, Errichtung einer Kinderbewahranstalt. 1832 ließ er den Volksgarten anlegen und veranlasste den Bau der Kettenbrücke über die Moldau.
In Prag lernte Graf Chotek den Historiker und Politiker František Palacký kennen, mit dem ihn bis zu seinem Tod eine enge Freundschaft verband und der seine Kenntnisse der tschechischen Sprache förderte.
Als Prager Oberst-Burggraf arbeitete Chotek energisch und zielbewusst. Seine Schwerpunkte setzte er auf die Verbesserung der Infrastruktur, vor allem in die Errichtung guter Straßen und Brücken. Er setzte sich auch für die erste Pferdebahn in Prag sowie die Dampfschifffahrt auf der Elbe ein, sowie für den Ausbau der Prager Kanalisation und Straßenbeleuchtung. Er unterstützte die Entwicklung der Industrie, der Bildung und der Kunst. 1827 verfasste er einen Erlass, wonach der Kunstexport historisch wertvoller Gegenstände die Zustimmung der Landesverwaltung benötigte.
Ein beliebtes Ziele für Spaziergänger, der Volksgarten, einer der ersten öffentlich zugänglichen Parks in Prag zwischen der Prager Burg und dem Stadtteil Kleinseite, wurde 1832 im Auftrag des Oberstburggraf Karl (Karel) Chotek angelegt und nach ihm „Chotek-Park“ (Chotkovy sady) benannt. Im Jahr 1842 erhielt Karl Chotek für seine Verdienste die Würde eines Ehrenbürger von Prag.
Durch Intrigen und teilweise auch durch Kritik an seinen kostspieligen Projekten wurde er zum Rücktritt gezwungen und Ende Juli 1843 auf sein Ersuchen hin seines Amtes als Oberstburggraf enthoben. Karl Graf Chotek verbrachte seinen Lebensabend auf Schloss Velké Březno (Großpriesen) in Nordböhmen. Er starb am 28. Dezember 1868 in Wien und wurde in der Familiengruft in Valtířov (Waltirsche) bei Leitmeritz an der Elbe, einem zur Herrschaft Großpriesen gehörenden Pfarrort beerdigt.
Familie
Karl Graf Chotek heiratete am 9. Juni 1817 in Wien Marie Gräfin Berchtold, Freiin von Ungarschitz, Pulitz und Fratting (* 21. Januar 1794 in Wien; † 18. Februar 1878 ebenda), eine Tochter des Anton Graf Berchtold Freiherr zu Ungarschitz und der Marie Huszar de Szent-Barath. Im Jahre 1818 und 1821 wurden die Söhne Karl und Franz geboren, die das Säuglingsalter nicht überlebten. Zwei weitere Söhne gründeten Familien und hatten Nachkommen.
- Anton Graf von Chotek, * 1822 in Innsbruck, † 1893 in Großpriesen (Březno), auf Großpriesen und Zahorzan in Nordböhmen, verehelicht mit Olga von Moltke, Tochter des Paul Friedrich von Moltke, kaiserlich russischer Staatsrat und Diplomat und der Natalie von Berkholtz. Anton Graf Chotek war ab 1870 Gesandter der Monarchie Österreich-Ungarn in Sankt Petersburg danach in Brüssel. In Anlehnung an die Baupläne des kaiserlich-russischen Sommersitzes Gatschina bei Sankt Petersburg ließ die Familie Chotek in der Herrschaft Neuhof, heute Nove Dvory in Mittelböhmen in Tschechien, das kunsthistorisch bemerkenswerte Schloss Kacina erbauen, heute ein Museum. Seiner Ehe mit Olga von Moltke entstammen drei Kinder:
- Karl, * 1887, † 23. Januar 1970 in Aichach, k. und k. Kämmerer und Legationssekretär, verehelicht mit Ada Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg,
- Antoinette, * 1888, unverehelicht und
- Ada, * 1890, Klosterfrau.
- Bohuslaw Graf Chotek, * 4. Juli 1829 in Prag, † 11. Oktober 1896 in Görlitz in der Oberlausitz, seit 1867 im diplomatischen Dienst der Monarchie Österreich-Ungarn, von 1869 bis 1871 Gesandter in Sankt Petersburg in Russland, 1871 provisorischer Statthalter in Böhmen, anschließend Gesandter in Madrid, Brüssel und Dresden, verehelicht mit Wilhelmine Gräfin Kinsky zu Wchinitz und Tettau, aus deren Ehe acht Kinder stammen. Ihre Tochter Sophie Chotek von Chotkowa, (Ischl 1. Juli 1900) Fürstin und (Wien 4. Oktober 1909) Herzogin von Hohenberg (* 1868, † 1914 in Sarajewo) war verehelicht (Morganatische Ehe) mit Franz Ferdinand von Österreich-Este, Thronfolger der Monarchie Österreich-Ungarn.
Vorfahren
Wenzel Chotek von Chotkow (1674–1754) | ||||||||||||||||
Johann Karl Chotek von Chotkow (1704–1787) | ||||||||||||||||
Maria Theresia Ludmilla Scheidler von Scheidlern (1684–1709) | ||||||||||||||||
Johann Rudolph Chotek von Chotkow (1748–1824) | ||||||||||||||||
Franz Karl Kottulinsky von Kottulin und Krizkowitz (1674–1748) | ||||||||||||||||
Anna Maria Kottulinsky von Kottulin und Krzizkowitz (1711–1798) | ||||||||||||||||
Maria Antonia Sidonia von Rottal (1689–1761) | ||||||||||||||||
Karl Chotek von Chotkow und Wognin (1783–1868) | ||||||||||||||||
Franz Karl von Clary und Aldringen (1675–1751) | ||||||||||||||||
Fürst Franz Wenzel von Clary und Aldringen (1706–1788) | ||||||||||||||||
Maria Theresia Kunigl zu Ehrenburg und Warth (1673–1745) | ||||||||||||||||
Maria Sidonia von Clary und Aldringen (1748–1824) | ||||||||||||||||
Hermann Friedrich von Hohenzollern-Hechingen (1665–1733) | ||||||||||||||||
Maria Franziska Josepha von Hohenzollern-Hechingen (1728–1801) | ||||||||||||||||
Maria Josepha von Oettingen-Spielberg (1694–1738) | ||||||||||||||||
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Chotek von Chotkowa und Wognin, Karl Graf. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 2. Theil. Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt (L. C. Zamarski, C. Dittmarsch & Comp.), Wien 1857, S. 360 f. (Digitalisat).
- Adam Wolf: Graf Karl Chotek, Graz/Prag 1869.
- Adam Wolf: Chotek. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 138. (Familienartikel).
- Josef Ledr: Hrabata Chotkové z Chotkova a Vojnína, Kutná Hora 1886.
- Friedrich Walter: Chotek, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 214 f. (Digitalisat).
- Chotek Karl Graf. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 146.
- Roman Freiherr von Procházka: Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandsfamilien, Seite 55, Seite 59 mit weiteren umfangreichen Quellenangaben zu den Chotek von Chotkow und Wognin, Verlag Degener & Co, Neustadt (Aisch) 1973, ISBN 3 7686 5002 2.
- Hans-Ulrich Engel: Burgen und Schlösser in Böhmen – Nach alten Vorlagen; Schloß Kacina Seite 78 mit einer Abbildung auf Seite 200, 2. Auflage 1978 Wolfgang Weidlich Frankfurt am Main ISBN 3 8035 8013 7.
- Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder, Band I: A–H, herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum (Institut), Seite 179 R. Oldenbourg Verlag München Wien 1979, ISBN 3-486-49491-0.