Karl „Kuddl“ Finke (* 20. April 1866 in Aschersleben; † 15. Dezember 1935 in Hamburg-Altona; Spitzname: Kuddl) war ein deutscher Tätowierer, Ringkämpfer und Schausteller.

Leben

Karl Finke wurde 1865 in Aschersleben geboren. Soweit bekannt ist, betrieb Finke mit seiner Ehefrau, der „kunstvoll tätowierten Dame“ Marie Finke, von 1907 bis 1913 einen Schaustellerbetrieb mit Ringkampfbude. Ab dem Jahr 1914 findet sich sein Name im Altonaer Adressbuch unter der Adresse Große Marienstraße 8; Betrieb einer „Tätowier-Anstalt“. Im Jahr 1929 heiratete Finke erneut und auch seine zweite Ehefrau soll er am ganzen Körper tätowiert haben.

Finke betätigte sich sowohl als Ringkämpfer im Zirkus wie auch als Tätowierer und befand sich dadurch im Austausch mit US-amerikanischen Kollegen. Ab den 1920er Jahren verkaufte Finke, wie seine amerikanischen Tätowierer-Kollegen, seine selbstgefertigten Vorlagealben zum Preis von 20 Mark. Zu seinem Kundenkreis zählten beispielsweise der Dermatologe Walther Schönfeld und Otto Dix.

Martha Dix schreibt in einem Brief vom 31. März 1981, dass sich ihr Mann „für Tätowierungen sehr interessiert hat; er kaufte von solch einem Meister seines Fachs ein Modellbuch mit seinen primitiven Vorlagen ab.“ Karl Finke fertigte sein Buch No. 9 gegen Ende des Ersten Weltkriegs. Laut der Schriftstellerin Eva Karcher handelt es sich bei Suleika um die tätowierte Dame Maud Arizona. Der Einfluss Karl Finkes auf das Werk von Otto Dix ist auch im Gemälde Der Fleischerladen erkennbar, führt die Kunsthistorikerin Cecilia De Laurentiis aus. Auf dem Arm eines der dargestellten Metzger ist ein Rinderkopf mit zwei überkreuzten Hackbeilen tätowiert. Dieses Motiv lässt sich eindeutig auf eine Zeichnung Finkes zurückführen, die sich sowohl in Buch No. 9 als auch in Buch No. 3 findet.

Forschung

Zu Finkes zeichnerischen Fähigkeiten führt Adolf Spamer in seiner erstmals 1933 veröffentlichten wissenschaftlichen Untersuchung Die Tätowierung in den deutschen Hafenstädten aus:

„... ein unbeholfener, zugleich aber doch auch ganz volkstümlicher Zeichner, die Vorlagen sind eher schlicht, seine Zeichnungen zeigen eine weniger künstlerische Handschrift als die von Christian Warlich.“

Adolf Spamer

Der Hamburger Kunsthistoriker Ole Wittmann leitet seit 2015 ein laufendes Forschungsprojekt zu dem Thema „Der Nachlass des Hamburger Tätowierers Christian Warlich (1891–1964)“, das mit Unterstützung der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur in Kooperation mit der Stiftung Historische Museen Hamburg/Museum für Hamburgische Geschichte am 1. Dezember 2015 begann. Im Rahmen der Recherchen entdeckte Wittmann das Vorlagenalbum No. 3 von Karl Finke im Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde in Dresden, von dessen Existenz in der Öffentlichkeit bisher nichts bekannt war. Wittmann initiierte 2017 den Druck des historischen Vorlagenalbums des Hamburger Tätowierers Karl Finke (1865–1935), das »Buch No. 3«.

Diese erste vom Forschungsprojekt Nachlass Warlich verlegte Publikation wurde beim Art Directors Club in der Kategorie Design/Buch eingereicht und mit einem „bronze Nagel“ ausgezeichnet. Ferner wurde das Buch, das in einer Kooperation mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig umgesetzt wurde, für die Teilnahme am German Design Award 2019 nominiert. Nachdem die erste Projektpublikation Buch No. 3 zum Tätowierer Karl Finke (1866–1935) zudem beim Birkner-Preis und beim Buchpreis der Staatsbibliothek Hamburg (Longlist) ausgezeichnet wurde, gewann die Publikation im November 2018 den German Design Award 2019.

„Das Buch über den einst berühmtesten Tätowier-Künstler von St. Pauli besticht formal durch eine tolle Papierwahl und die klare Gestaltung. Aber auch inhaltlich überzeugt die Publikation, die dem Betrachter durch die abgebildeten Vorlagemotive einen guten Eindruck von der Tätowier-Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschafft.“

Tattoo Kulture Magazine: Die Jurybegründung

Trivia

„In der Großen Marienstraße 8 betreibt Karl Finke eine Tätowier-Anstalt. Das Tätowieren ist ein im Aussterben begriffener Erwerbszweig. Daher bewohnt Karl Finke nicht etwa einen Prachtbau, sondern ein ziemlich düsteres und niedriges Ladengeschäft.“

Erich Lüth in Neues Hamburg: Zeugnisse vom Wiederaufbau der Hansestadt, 1949

In amtlichen Dokumenten wird der Name „Fincke“ angegeben. Finke selbst verwendete beide Schreibweisen, auch seinen Vornamen schrieb er teilweise „Karl“, bzw. „Carl“.

Literatur

  • Ole Wittmann (Hrsg.): Karl Finke: Buch No. 3. Ein Vorlagealbum des Hamburger Tätowierers/A Flash Book by the Hamburg Tattooist. Nachlass Warlich, Henstedt-Ulzburg 2017, ISBN 978-3-00-056648-6.
  • Adolf Spamer: Die Tätowierung in den deutschen Hafenstädten. Ein Versuch zur Erfassung ihrer Formen und ihres Bildgutes. Trickster, 1993, ISBN 3-923804-69-5.
  • Warlich, Finke, Wittmann – Auf den Wegen der Hamburger Tattoo-Tradition. In: Tattoo Kulture Magazine. 4/2017, S. 30–38.
  • Marcel Feige: Tattoo-Theo: Der Tätowierte vom Kiez. Die Biographie der großen Hamburger Tattoo-Legende . Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2001, ISBN 3-89602-355-1, S. 19.
  • Marcel Feige (Hrsg.): Ein Tattoo ist für immer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002, ISBN 3-89602-381-0, S. 32, 40.
  • Erich Lüth: Neues Hamburg: Zeugnisse vom Wiederaufbau der Hansestadt. Band 5, Hammerich & Lesser, 1949, S. 107.
  • Maleen Pacha: Herz in der Hose: die Geheimnisse der Tätowierung. Feder Verlag, 1960.
  • Dermatologische Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik: Dermatologische Monatsschrift. Band 160, Verlag Johann Ambrosius Barth, 1974, S. 56.
  • BÜCHERECKE: Karl Finke: Buch No. 3. In: Tattoo Kulture Magazine. Nr. 24, 19. Dezember 2017.

Einzelnachweise

  1. Ein ganzer Dreimaster für sieben Mark. In: Tätowier Magazin. Nr. 252 Februar 2017, S. 11.
  2. Staatsarchiv Hamburg, Best. Sterberegister, Sig. 332-5_5401, Urkunde 1568.
  3. Personendatensatz der Deutschen Nationalbibliothek
  4. Erich Lüth: Neues Hamburg: Zeugnisse vom Wiederaufbau der Hansestadt. Band 5, Hammerich & Lesser, 1949, S. 107.
  5. Ole Wittmann: Karl Finke: Buch No. 3. Ein Vorlagealbum des Hamburger Tätowierers/A Flash Book by the Hamburg Tattooist, Henstedt-Ulzburg: Nachlass Warlich 2017, ISBN 978-3-000-56648-6, S. 131–134.
  6. taetowiermagazin.de: Karl »Kuddl« Finkes Tattoo-Nachlass (Memento des Originals vom 9. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Nachlass Warlich. Forschungs- und Ausstellungsprojekt „Der Nachlass des Hamburger Tätowierers Christian Warlich (1890–1964)“. Abgerufen am 22. Januar 2016.
  8. Ole Wittmann: Aufruf vom 30. Oktober 2015 /. In: Stiftung Historische Museen Hamburg/Museum für Hamburgische Geschichte. Abgerufen am 22. Januar 2016.
  9. taetowiermagazin.de: Im Preorder: Vorlagenbuch des Hamburger Tätowierers Karl Finke (Memento des Originals vom 9. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Warlich, Finke, Wittmann – Auf den Wegen der Hamburger Tattoo-Tradition. In: Tattoo Kulture Magazine. 4/2017.
  11. adc.de (Memento des Originals vom 18. April 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  12. PDF Gewinnerlisten-ADC-Wettbewerb 2018 Seite 7 von 13.
  13. Projektname: Karl Finke: Buch No. 3. Ein Vorlagealbum des Hamburger Tätowierers, Projektbezeichnung: Buch, Projekt-ID: GDA2019-31344. Team German Design Award 2019, Rat für Formgebung Service GmbH
  14. tattoo Kulture Magazine vom 23. November 2018: German Design Award für KARL FINKE: BUCH NO. 3
  15. Ole Wittmann (Hrsg.): Karl Finke: Buch No. 3. Ein Vorlagealbum des Hamburger Tätowierers/A Flash Book by the Hamburg Tattooist Nachlass Warlich, Henstedt-Ulzburg 2017, ISBN 978-3-00-056648-6, S. 17,18, 19.
  16. Erstmals erscheinen 1933 in zwei Folgen der Niederdeutschen Zeitschrift für Volkskunde, ein Jahr später als eigenständige Publikation; 1993 Neuauflage.
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