Freiherr Karl Wilhelm Heinrich du Bos du Thil (* 22. April 1777 in Braunfels; † 17. Mai 1859 in Darmstadt) war Politiker des Großherzogtums Hessen und langjähriger Präsident des Gesamtministeriums.

Herkunft

Karl du Thil stammt aus dem Adelsgeschlecht du Bos aus der Normandie. Der Zweig „du Bos du Thil“ dieses Geschlechtes war Inhaber der Herrschaft le Thil bei Dieppe. Anfang des 18. Jahrhunderts wanderte der Großvater Karl du Thils aufgrund seines evangelisch-reformierten Glaubens aus Frankreich aus und zog zunächst nach Holland, dann nach Deutschland. Karl du Thil war der älteste Sohn von Ferdinand du Thil (1728–1813), einem Offizier in herzoglich Braunschweigischen Diensten, und Friederike Luise Albertine Röder von Diersburg (1750–1802), einer Tochter des nassau-saarbrückischen Oberforst- und Jägermeisters Ludwig Roeder von Diersburg (1723–1799).

Ausbildung

Karl du Thil wurde zunächst auf dem väterlichen Gut Hof Graß bei Hungen unterrichtet und besuchte dann die Schule in Neuchâtel und die Karlsschule in Stuttgart. 1793 begann er mit 16 Jahren ein Studium der Rechtswissenschaft in Tübingen und Göttingen. Nach dem Studium arbeitete er beim Reichskammergericht in Wetzlar. 1799 wurde er Assessor im Fürstlich Solms-Braunfelser Regierungskollegium und später dort Regierungsrat.

Politische Karriere

Karl du Thil trat 1802 als Kammerherr in die Dienste von Hessen-Darmstadt. Nach der Entlassung von Karl Ludwig von Barkhaus wurde du Thil 1806 als Sachverständiger für die Provinz Starkenburg in das Außenministerium versetzt.

Karl du Thil wurde 1821 Außen- und Finanzminister des Großherzogtums Hessen. Nach dem Tode Grolmans 1829 war Karl du Thil Präsident des Gesamtministeriums (Ministerpräsident).

Politische Positionen

Du Thil unterstützte die Restaurationspolitik Metternichs. Er unterschrieb 1820 für das Großherzogtum Hessen die Wiener Schlussakte.

1821 war du Thil großherzoglich Hessischer Verhandlungsführer bei den Gesprächen zur Einrichtung des Süddeutschen Zollvereins. Auch wenn er diese Verhandlungen am 3. Juli 1823 scheitern ließ, war du Thil dem Gedanken einer Zollunion grundsätzlich nicht abgeneigt. Er betrieb 1824 eine Handelsunion mit Baden und 1828 den Preußisch-Hessischen Zollverein mit Preußen.

Märzrevolution

Du Thil galt als eine Symbolfigur der Reaktion. Die liberale Opposition sprach von dem „System du Thil“. Im Rahmen der Märzrevolution musste ihn Großherzog Ludwig II. von Hessen am 5. März 1848 entlassen.

Er ist auf dem Alten Friedhof in Darmstadt begraben (Grabstelle: I Mauer 135).

Familie

Karl du Thil war dreimal verheiratet:

  • 1804 heiratete er in Kirchheimbolanden die großherzögliche Palastdame Wilhelmine von Günderrode (1784–1819), eine Tochter des badischen Regierungsrates Hektor Wilhelm von Günderrode (1755–1786).
  • Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1822 in Altheim bei Dieburg Ulrike von Ketelhodt (1784–1836). Sie war in 1. Ehe mit dem Oberstallmeister Christian von Fabrice (1782–1842) verheiratet gewesen und Tochter des schwarzburgischen Hofmarschalls zu Rudolstadt Johann Friedrich von Ketelhodt (1744–1809).
  • Letztmals heiratete er 1836, und zwar Friederike von Rotsmann (1811–1891). Sie wurde 1855 großherzögliche Oberhofmeisterin und war die Tochter des Majors Ludwig Franz von Rotsmann.

Alle Ehen blieben kinderlos.

Literatur

  • Siegfried Büttner: Die Anfänge des Parlamentarismus in Hessen-Darmstadt und das du Thil’sche System. Historischer Verein für Hessen, Darmstadt 1969.
  • Ludwig Clemm: Du Bos Freiherr du Thil, Carl Wilhelm Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 148–150 (Digitalisat).
  • Wilhelm Diehl: Du Thil, Freiherr Karl Wilhelm Heinrich du Bos. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 48, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 215–217.; 2. Artikel
  • Eckhart G. Franz: Du Thil, Carl Wilhelm Heinrich du Bos Freiherr. In: Roland Dotzert et al.: Stadtlexikon Darmstadt. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8062-1930-2, S. 185.
  • Hans-Werner Hahn: „… vielleicht begegnet es mir auch noch einmal für einen Demagogen zu gelten.“ Die Repressionspolitik des hessen-darmstädtischen Staatsministers du Thil 1830 bis 1837 im Spiegel seiner Briefe an den preußischen Gesandten von Otterstedt. In: Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde. N.F. 63 (2005), S. 125–156.
  • Hans-Werner Hahn: Zwischen Rheinbund und Revolution von 1848/49: Der Staatskonservativismus des hessen-darmstädtischen Ministers du Thil. In: Ewald Grothe (Hrsg.): Konservative deutsche Politiker im 19. Jahrhundert. Wirken – Wirkung – Wahrnehmung (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. 75). Marburg 2010, ISBN 978-3-942225-09-0, S. 35–51.
  • Herman Haupt: Hessische Biographien. Band 3, 1973 (unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1939), ISBN 3-500-26830-7, Biographie von du Thil auf Seite 254–260
  • Heinrich Ulmann (Hrsg.): Denkwürdigkeiten aus dem Dienstleben des Hessen-Darmstädtischen Staatsministers Freiherrn du Thil, 1803–1848. Stuttgart/Berlin 1921.
  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 380.
  • Klaus-Dieter Rack, Bernd Vielsmeier: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biografische Nachweise für die Erste und Zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen 1820–1918 und den Landtag des Volksstaats Hessen 1919–1933 (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 19 = Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission. NF Bd. 29). Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-88443-052-1, Nr. 906.
  • Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2. Auflage. Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 1992. ISBN 3-922244-90-4, S. 73, Nr. 413.
  • Philipp Walther: Du Bos du Thil, Karl Wilh. Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 444 f.; 1. Artikel
  • Uta Ziegler (Bearb.): Regierungsakten des Großherzogtums Hessen-Darmstadt 1802–1820 (= Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten. Band 6). Oldenbourg, München 2002, ISBN 3-486-56643-1.

Einzelnachweise

  1. Heinrich von Treitschke: Die Gründung des Deutschen Zollvereins.
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