Karlmann (* vor 714, evtl. 706/708; † 17. Juli 754 in Vienne) war nach der Reichsteilung von Vieux-Poitiers von 742 bis 747 ein fränkischer Hausmeier aus dem Geschlecht der Karolinger. Er war der älteste Sohn des Hausmeiers Karl Martell und dessen erster Ehefrau Chrotrud.
Leben
Bruderzwist
Vor dem Tode Karl Martells wurde das Frankenreich zwischen den beiden Söhnen aus seiner ersten Ehe, Karlmann und Pippin dem Jüngeren, geteilt. Karlmann sollte Hausmeier in Austrien, Alemannien und Thüringen, und Pippin sollte Hausmeier in Neustrien, Burgund und in der Provence werden. Die beiden Brüder mussten aber kurz vor Karl Martells Tod dann doch ihr Erbe mit Grifo, ihrem Halbbruder, teilen. Der Halbbruder Grifo wurde noch Ende 741 von Karlmann in ein Kloster gesperrt. Da ihre Macht offenbar nicht gefestigt schien, setzte Karlmann 743 erneut einen merowingischen König, Childerich III., ein, um so ihrem Amt als Hausmeier eine königliche Legitimierung zu geben. Zwischen den beiden Brüdern scheint es grundsätzlich kein Einvernehmen gegeben zu haben, doch als Karlmann 747 zurücktrat und sich in das Kloster San Silvestro auf dem Monte Soracte und dann nach Monte Cassino zurückzog, scheint es zumindest Gerüchte gegeben zu haben, dass dieser Rückzug nicht ganz freiwillig war. Pippin lässt explizit in zeitgenössischen Quellen erwähnen, dass es allein der Entschluss seines Bruders gewesen sei. Pippin übernahm somit unter Umgehung der Erbrechte von Karlmanns Kindern die Regentschaft des ganzen Frankenreichs, man nennt das auch Annexion.
Karlmann hatte einen Sohn, Drogo, der 748 und 753 erwähnt wird, sowie weitere Söhne, die laut den Quellen 753 vor dem Tod ihres Vaters auf Befehl ihres Onkels Pippin ins Kloster überführt wurden. 753 wurde auch Grifo, der Halbbruder von Pippin und Karlmann, von Pippins Grenzsoldaten getötet.
Kirchenpolitik
Nachhaltige Bedeutung für die Geschichte erlangte Karlmann durch seine Kirchenpolitik. Er scheint aus stark religiösen und weniger politischen Gründen an einer Missionierung der heidnischen Völker sowie an einer Reformierung der unübersichtlichen Kirchenstrukturen dieser Zeit interessiert gewesen zu sein. Zur Würzburger Bistumsgründung 742, schenkte Karlmann, in seiner Funktion als austrasischer Hausmeier, 25 merowingische Königskirchen und das Kloster Karlburg an das Bistum Würzburg. Anders als sein Vater und Bruder, die die Missionstätigkeiten angelsächsischer Mönche duldeten, da sie durch die Christianisierung von Anrainervölkern die Machtposition der Karolinger abstützen konnten, jederzeit aber auch durch das Einsetzen und Absetzen von Bischöfen und Äbten in die Strukturen der von Rom weitestgehend unabhängigen fränkischen Kirche eingriff oder Kirchengut zur Belohnung seines Gefolges einsetzte, suchte Karlmann das Einvernehmen mit bedeutenden Kirchenführern zur Straffung der klerikalen Organisation. Der vom Papst legitimierte und von Karl Martell mehr geduldete als unterstützte Missionar und Erzbischof Winfried Bonifatius konnte so 742 eine erste Reformsynode der fränkischen Bischöfe, das von Karlmann einberufene Concilium Germanicum, abhalten. Einige der Beschlüsse dieser Synode haben bis heute Bestand wie zum Beispiel das Verbot für den Klerus, Waffen zu tragen und zu jagen, oder dessen Verpflichtung, gegenüber dem Bischof jährlich Rechenschaft über Lebens- und Amtsführung abzulegen. In der Folge sollte der Einfluss der lokalen fränkischen Kirche langsam aber stetig zugunsten der zentralisierten päpstlichen Organisation zurückgehen. Für seine Zusammenarbeit mit dem Klerus steht auch die sogenannte Karlmann-Schenkung; bei der übergab er den Adelshof Eiloha an der Fulda samt Umland im Radius von 4000 Schritt im Jahre 744 an Bonifatius zur Gründung eines Klosters. Im Auftrag des Bonifatius gründete Sturmi hier am 12. März 744 das später sehr bedeutende Benediktiner-Kloster Fulda.
Blutige Integration Alamanniens
Der Charakter Karlmanns ist mangels einer geeigneten Anzahl von zeitgenössischen Quellen kaum bekannt. Doch auch er war zu harten Maßnahmen fähig, wie das Blutgericht von Cannstatt 746 zeigt, bei dem er die Führungsschicht der Alamannen großteils als Hochverräter hinrichten ließ und so die um 500 von Theoderich durchgesetzte Teilautonomie des verkleinerten alamannischen Herzogtums unter fränkischer Oberhoheit abrupt beendete. Darauf richtete er in Alamannien Gaugrafschaften ein, die er vorzugsweise mit fränkischen Gefolgsleuten oder loyalen alamannischen Adligen als Grafen besetzte. Die von Chlodwig I. nach seinen Siegen über die Alamannen eingerichtete fränkisch-alamannische „Mark“, die entlang von Seltzbach, Murg und Oos über die Höhen des Nordschwarzwalds zum Engelberg, entlang der Glems zum Asperg und über Lemberg und Hagberg nach Osten führte, wurde damit hinfällig.
Ende
754 kehrte Karlmann ins Franken-Reich zurück, um der mit Papst Stephan II. abgestimmten Italienpolitik seines 751 zum König aufgestiegenen Bruders entgegenzuwirken. Er wurde von Pippin interniert und starb in Vienne, angeblich nach schwerer Krankheit, unter der Obhut seiner Schwägerin Bertrada. Pippin ließ den Leichnam nach Monte Cassino überführen.
Literatur
- Heinrich Hahn: Karlmann (fränkischer Hausmeier). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 15, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 393–395.
- Theodor Schieffer: Karlmann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 272–274 (Digitalisat).
- Frank Reiniger: Karlmann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-035-2, Sp. 1165–1167.
Einzelnachweise
- ↑ erwähnt am 1. Jan. 722 im Regest 34, damit spricht 706/708 als Geburtsdatum Karlmanns
Weblinks
- Literatur von und über Karlmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Karlmann im Ökumenischen Heiligenlexikon
- Karolingische Schenkungen an das Bistum Würzburg
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Karl Martell | Hausmeier von Austrien, Alemannien und Thüringen 742–747 | Pippin der Jüngere |