Kaufladen oder Kaufmannsladen ist heute im Allgemeinen nur noch eine Bezeichnung für ein Kinderspielzeug, das ein kleines Einzelhandelsgeschäft für Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs nachbildet.

Ursprünglich war der Begriff Kaufladen (auch Kaufmannsladen, Kramerladen, Krämerladen, Kolonialwarengeschäft oder Gemischtwarengeschäft) eine Bezeichnung für einen Einzelhandelsbetrieb, der seit den 1950er Jahren in Deutschland mehrheitlich Tante-Emma-Laden genannt wurde. Von den 1960er Jahren bis zu den 1980er Jahren wurden diese Läden immer mehr von Supermärkten, Drogeriemärkten und Discountern verdrängt und waren um das Jahr 2000 aus dem Bild deutscher Städte weitgehend verschwunden. Ab dem Jahr 2000 zeichnete sich jedoch ein Trend zur Rückkehr der kleinen Geschäfte ab, die oft als Familienbetriebe von Zuwanderern oder Existenzgründern geführt werden.

Puppen-Kaufladen

Alte Kaufläden sind meist in Form von Puppen-Kaufläden mit Puppen und Warenminiaturen ähnlich einem Puppenhaus oder Puppenküchen ausgeführt und ebenso wie Puppenküchen zum Spielen mit Figuren und Miniaturen von Waren ausgelegt. Neben Puppenkaufläden, die ein festes Gehäuse besitzen, gab es auch freistehende Marktstände in Kindergröße, mit denen Kinder das Einkaufen der Erwachsenen nachspielen konnten. Kaufläden für Kinder waren seit dem frühen 19. Jahrhundert bekannt und wurden ebenso wie Puppenhäuser meist in Handarbeit von Schreinern oder anderen Handwerkern als Einzelstücke für die Kinder von wohlhabenden bürgerlichen Familien hergestellt. Die serienmäßige Produktion von Kaufläden setzte im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein. Um 1900 begannen Spielzeugfabrikanten Kaufläden mit kompletter Ausstattung zu vertreiben, die oft über Miniaturnachbildungen von bekannte Markenprodukte in ihrem Warensortiment verfügten. Die Einrichtung und das Angebot der Puppen-Kaufläden orientierte sich auch immer an den zu dieser Zeit bestehenden Lebensmittel- und Kolonialwarenhandlungen und deren Warenangebot und stellte somit ein Spiegelbild ihrer Zeit dar.

Während Puppenküchen vor allem als Spielzeug für Mädchen vorgesehen waren, um diese auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter vorzubereiten, konnten Kaufläden sowohl von Mädchen als auch von Jungen bespielt werden. Erst durch die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Kaufläden waren diese geschlechterspezifisch orientiert. Neben den weitverbreiteten Lebensmittel- bzw. Kolonialwarenhandlungen mit einem umfangreichen Sortiment gab es daher von Anfang an auch Darstellungen von Einzelhandelsfachgeschäften wie Stoff- und Modegeschäften, Putzläden und Hutgeschäften, die eher für Mädchen geeignet waren, Apotheken sowie kleine Spielzeugläden und Antiquitätenhandlungen. Mit ihrem Warensortiment, das oft in drängender Enge in einem recht kleinen Raum versammelt ist, vermitteln die Puppenkaufläden ein Bild der Einzelhandelskultur ihrer Entstehungszeit. Kaufläden – zumindest solche mit nicht „spezifisch weiblichem“ Sortiment (Damenmode, Hüte) – waren ein Spielzeug für Jungen und Mädchen gleichermaßen, während Puppenküchen und Puppenhäuser eher den Mädchen vorbehalten waren.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Puppen-Kaufläden zunehmend von Spiel-Kaufläden verdrängt. Erst im Zuge einer in den 1980er Jahren einsetzenden Nostalgiewelle wurden alte und nachgebaute Puppen-Kaufläden als Sammlerstücke wieder populär (etwa der Maggi-Kaufladen, ein von Marianne Modelle hergestellter Bausatz, der 1980–1986 vom Lebensmittelhersteller Maggi in einer Auflage von 5000 Stück vertrieben wurde). In Ladeneinrichtungen und Supermarktnachbildungen von Herstellern wie Playmobil lebt die Form des Puppen-Kaufladens bis heute auch als Kinderspielzeug weiter.

Spiel-Kaufladen

Seit dem 20. Jahrhundert wurden Kaufläden zunehmend als Spielzeug für das kindliche Rollenspiel gefertigt: Dabei übernimmt ein Kind die Rolle des Kaufmanns oder des Verkäufers, während andere Kinder oder Erwachsene die Rolle der Kunden übernehmen. Die Kunden stehen vor dem Tresen und können die Auslage bewundern. Über den Tresen wird das (Verkaufs-)Gespräch geführt. Von den Kindern werden dabei spielerisch die Interaktion mit Anderen sowie der Umgang mit Geld, Gewichten, Maßen und Waren erlernt.

Solche Kaufläden werden Spiel-Kaufladen, Verkaufsstand oder Standkaufladen genannt. Sie sind meist aus Holz, seltener aus Kunststoff, hergestellt und als Regal gestaltet, das auch mit Schubladen und/oder Türen sowie einer Wanduhr versehen sein kann. In den meisten Fällen ist die Regal-Rückwand mit dem (vorderen) Tresen mittels Klapptüren, Ablagen oder Regalen verbunden. Der Tresen enthält oft eine Auslage für Obst oder Gemüse und andere Waren. Als Zubehör für den Kaufladen werden beispielsweise eine Registrierkasse, Spielgeld, eine Waage und Kleidung wie weiße Kittel angeboten. Manche Spielkaufläden können mit wenigen Handgriffen auch zu einem kleinen Puppentheater oder Postschalter umgewandelt werden.

Verkleinerte Warenpackungen und Warennachbildungen sind als Zubehör im Spielzeughandel erhältlich: Lebensmittel, Obst, Gemüse, Getränke, Reinigungsmittel, Körperpflegeartikel usw. Auch Probepackungen und kleinformatige Verpackungen echter Produkte können verwendet werden. In fertigen Kaufladensortimenten sind oft bekannte Markenartikel enthalten – für Markenunternehmen eröffnet sich mit solchen Nachbildungen somit ein werbender Zugang bereits zur Spielwelt von Kleinkindern.

Obwohl die Einzelhandelsform mit Verkaufsregalen und Tresen heutigen Kindern fast nur noch in Form von Bäckereien und Fleischereien vertraut ist, hat sich die ursprüngliche Kaufladenform bis heute erhalten und nicht grundlegend an die gegenwärtig alltäglichen Supermärkte und Discounter angepasst. Dies könnte daran liegen, dass bei der heutigen Form der Selbstbedienung die Anlässe zur verbalen Kommunikation viel geringer sind. Moderne Elemente von Kaufläden sind vor allem im Warensortiment und in der Kassentechnik zu finden: manche Kaufladenkassen sind modernen Supermarktkassen nachgebildet und mit Waage, Kreditkartenleser, Mikrofon für Durchsagen und Warentransportband ausgerüstet. Doch auch für das Nachspielen der Selbstbedienung gibt es Spielzeuge, etwa Einkaufswagen und Selbstbedienungskassen.

Literatur

  • Manfred Bachmann, Wolfram Metzger: Vom Marktstand zum Supermarkt. Der Kaufladen in Puppenwelt und Wirklichkeit. Katalog zur Ausstellung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe im Schloss Bruchsal. Info-Verlagsgesellschaft, Karlsruhe 1992, ISBN 3-88190-156-6.
  • Jörg Bohn, Regina Laser: Kaufläden der Nachkriegszeit. In: Trödler & Sammler-Journal, Februar 2005, S. 70–78 Online-Veröffentlichung.
  • Dieter Büchner: Puppenhäuser und Puppenstuben. In: Alte Spielsachen. Begleitbuch. Schlossmuseum Aulendorf, Zweigmuseum des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart. Württembergisches Landesmuseum, Stuttgart 1997, ISBN 3-929055-45-7, S. 37–68 (hier: S. 48–55).
  • Ursula Kern: Kaufläden. Aus der Sammlung des Historischen Museums Frankfurt, Frankfurt a. M. 1986.
  • Constance Eileen King: Das große Buch vom Spielzeug. Eine Enzylopädie. Albatros-Verlag, Zollikon-Schweiz 1978, S. 38–42.
  • Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen - Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023. ISBN 978-3-96176-235-4.
  • Alice Wagner, Botho Wagner: Puppenstuben, Puppenhäuser, Küchen, Kaufläden und Zubehör aus drei Jahrhunderten. (= Heyne-Ratgeber Antiquitäten). Heyne, München 1996, ISBN 3-453-09375-5 (Rezension).
  • Karla Winkler, Helga Müller-Schnepper (Red.): Kaufläden. Kinderwelt und Wirklichkeit. Begleitheft zur Sonderausstellung im Schwäbischen Volkskundemuseum Oberschönenfeld 1993–1994. Hrsg. von Hans Frei, Schwäbisches Volkskundemuseum Oberschönenfeld, Gessertshausen 1993, ISBN 978-3-98025-164-8
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Wiktionary: Kaufladen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Kaufmannsladen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl., Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen - Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 103.
  2. Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen - Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 103.
  3. Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen - Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 103.
  4. Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen - Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 103.
  5. "Shopping Cart Toy", erhältlich z. B. bei Amazon, abgerufen am 30. Juli 2018.
  6. "My very own Self Checkout Set", erhältlich z. B. bei Amazon, abgerufen am 30. Juli 2018.
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