Ein Kinderchor ist

  • eine Gemeinschaft singender Jungen und Mädchen, in der jede Stimmlage mehrfach besetzt ist (gleichstimmiger Chor); gegenüber dem in gleicher Stimmlage singenden Frauenchor hat ein Kinderchor ein geringeres Klangvolumen
  • die Kurzbezeichnung für das von Kinderstimmen auszuführende Werk

Kinderchor und Schulmusik

Der weltliche Kinderchor hat seine Wurzeln etwa im 19. Jahrhundert. Er entwickelte sich aus den Bemühungen um die Musik an den Schulen. Durch die veränderte Geisteshaltung in dieser Epoche wurde auch der Ruf nach einer musikalischen Volksbildung laut. Lehrer sollten speziell für das Singen mit Kindern ausgebildet werden, musische Schulen sollten gegründet werden, das Kindersingen sollte allgemein gefördert werden.

Der Schultag der Kinder wurde mit einem (oft mehrstimmig improvisierten) Kinderlied begonnen. Dann kamen die Schulchöre dazu. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich diese Entwicklung weiter fort. Es entstanden Kinderchöre an Schulen und Kirchen; fast jeder Sender der ARD hatte einen hauseigenen Kinderchor. In den Kindersendungen sangen ausschließlich Kinder für Kinder. Kinderchorliteratur kam verstärkt auf den Markt (Carl Orff, Cesar Bresgen, Paul Hindemith, Günther Kretzschmar u. v. a.).

Die musikalische Förderung in großen Kinderchören (etwa bei Kinderchören von Rundfunkanstalten) umfasst neben regelmäßigen Proben in verschiedenen Alters- und Leistungsstufen auch kollektive und individuelle Stimmbildung. Hinzu kommt eine altersentsprechende Einführung in die Musiktheorie. Oft werden die Kinder schon im Alter von drei Jahren in einen Vorchor aufgenommen. Später werden sie in den eigentlichen Konzertchor übernommen und bleiben somit nicht selten bis zum Schulabschluss dem Chor erhalten. Dabei wird auch den Jungen die Möglichkeit gegeben, nach dem Stimmwechsel weiter im Chor zu singen, was dann allerdings an die Grenzen des eigentlichen Kinderchores führt.

Kinderchöre in Kirchengemeinden

Die Kinderchöre in Kirchengemeinden singen oft Lieder aus dem Bereich Neues Geistliches Lied in Familiengottesdiensten und zu Festen der Kirche. Sie berücksichtigen dabei auch den kirchlichen Jahreskreis und bereichern Feiern zum Advent, zu Weihnachten, Ostern, Erntedank, zur Erstkommunion und in Senioreneinrichtungen.

Kinderchöre in der Oper

Auch die meisten Opernhäuser verfügen heute über einen eigenen Kinderchor, der in die Aufführungen einbezogen wird. Kinderchöre kommen zum Beispiel in Opernwerken zum Einsatz wie in:

Musikalische Früherziehung und Jugendmusikschulen

In den 1970er Jahren kam neben den bereits etablierten Chorschulen die Idee der Musikalischen Früherziehung in Deutschland auf. Jugendmusikschulen entstanden überall, viele als Privatinitiativen von Eltern und Musikpädagogen. In den 80er Jahren, wurde das Fach „Musik“ mehr auf Lehr- und Lernbares beschränkt. Langzeitstudien an musischen Schulen, wie beispielsweise die Bastian-Studie zeigen, welche positiven Auswirkungen das Singen im Kindesalter auf die Entwicklung des Kindes haben kann.

Es ist aber der ungebrochenen Freude am Singen – vor allem bei jüngeren Kindern – zu verdanken, dass auch heute noch „selbst“ gesungen wird. Musikpädagogen raten in den Familien wieder mit gemeinsamen Singeversuchen zu beginnen. Singwochenenden für Kinder und Erwachsene werden angeboten. Viele engagierte Lehrer und Chorleiter (oft Laienmusiker) singen mit ihren Kindern und organisieren Kinderchöre.

Das gemeinsame Singen führt Kinder unterschiedlicher Kulturen und Umfelder zusammen und wirkt sich auch auf diesem Wege positiv auf die Entwicklung und Sozialkompetenz aus. Es erfordert keinen Instrumentenkauf und ist weitgehend unabhängig von häuslicher Förderung.

Liedermacher schreiben auch heute noch Lieder für singende Kinder und Kinderchöre. Die Idee der Musikalischen Früherziehung lebt in abgewandelter Form in Musik- und Baby-Musikgärten fort.

Im Jahre 2002 gab es noch 18.790 Kinder- und Jugendchöre in Deutschland, was einen Anteil von 30,9 Prozent aller Chorsparten ausmacht.

Wichtige Kinderchorleiter (Auswahl)

Siehe auch

Literatur

  • Tjark Baumann: natürlich singen! – Die praxisorientierte Singschule. Fidula, Boppard 2008, ISBN 978-3-87226-940-9.
  • Karl-Peter Chilla: Handbuch der Kinderchorleitung. Schott, Mainz 2003, ISBN 3-7957-8727-0.
  • René Frank: Mehrstimmiges Singen. Einführung der Mehrstimmigkeit in Kinder- und Jugendchören. Praxisbuch. Tectum, Marburg 2005, ISBN 3-8288-8884-4.
  • Robert Göstl: Singen mit Kindern. Modelle für eine persönlichkeitsbildende Kinderchorarbeit.Conbrio, Regensburg 1996, ISBN 3930079623.
  • Gerd-Peter Münden: Kinderchorleitung. Strube, München 1993, ISBN 3921946263
  • Volker Ochs: Singt das Lied der Freude – Kinderchorbuch. Bärenreiter-Verlag, Kassel 1995.
  • Christiane Wieblitz: Lebendiger Kinderchor. Kreativ – spielerisch – tänzerisch. Fidula, Boppard 2007, ISBN 978-3-87226-941-6.
Wiktionary: Kinderchor – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. So die Praxis beispielsweise im mdr-Kinderchor, beschrieben auf der Homepage des mdr, abgerufen am 18. Februar 2021
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