Kindervogelschießen in Heide ist ein Kinder- und Schulfest im holsteinischen Heide, das wie in vielen Gemeinden des norddeutschen Raums im Verlauf des 19. Jahrhunderts aufkam. Die traditionellen Elemente dieses Fests sind Umzug, Spiel und Tanz.

Ursprung

Das Kindervogelschießen hat seinen Ursprung in den alten Schützengilden. Viele Schützengilden trugen den Namen Papagoyengilde – so zum Beispiel die Heider Papagoyengilde von 1603 – was sich von dem bunten Holzvogel ableitet, der an einen Papagei erinnerte. Wurde zunächst noch mit der Armbrust geschossen, ging man im Laufe der Frühen Neuzeit dazu über, mit Feuerwaffen auf den Vogel zu schießen. In anderen Teilen Deutschlands und einigen Nachbarländern entwickelten sich ähnliche Schulfeste. So zum Beispiel das Barther Kinderfest in Mecklenburg-Vorpommern von 1828 oder das Adlerschießen während des „Rutenfests“ im Oberschwäbischen Ravensburg, das seit 1823 veranstaltet wird. In der Schweizer Stadt Zürich gibt es seit 1899 das beliebte Knabenschiessen.

Geschichte des Heider Kindervogelschießens

In Heide feierte man Kindervogelschießen erstmals 1894, in Brunsbüttelkoog 1898. Büsum führt seit 1904 Aufzeichnungen über ihr Vogelschießen, rief das Kinderfest laut Aufzeichnungen des Stadtarchivs jedoch wohl schon in den 1870er Jahren ins Leben. In manchen Städten wurde Kindervogelschießen erst im 20. Jahrhundert eingeführt. Krumstedt begeht das Fest seit 1972, Krempel erst seit 1992.

In den ersten Jahren des Heider Kindervogelschießens beteiligten sich nur die weiterführenden Schulen. In den Jahren um 1900 lassen sich damit etwa 1.500 teilnehmende Schüler jährlich festmachen. Erst nach und nach kamen die Grundschulen hinzu. Während des Ersten Weltkriegs und der Inflationsjahre gab es kein Kindervogelschießen und auch während des Zweiten Weltkriegs gab es eine mehrjährige Pause des Fests. Aufgrund der großen Zuwanderung unter anderem an Flüchtlingen nach dem Krieg nahmen in den 1950er Jahren bis zu 5.000 Kinder teil.

In den meisten Gemeinden nehmen mittlerweile die weiterführenden Schulen nicht mehr am Kindervogelschießen teil, sodass es ein reines Fest der Grundschulen geworden ist. In Heide begann dieser Prozess bereits in den 1950er Jahren. Seit den 1990er Jahren beteiligten sich nur noch die Heider Grundschüler, sodass die Teilnehmerzahlen mittlerweile auf unter 1.000 Kinder schrumpfen.

Die Stadt Heide ist Träger des durch Spenden finanzierten Fests. In den ersten Jahrzehnten wurde es von einem städtischen Ausschuss organisiert wurde. 1960 ging aus dem Festausschuss der „Verein zur Förderung des Heider Kindervogelschießens“ hervor. Die Kommissionen, die einzelne Aspekte der Organisation übernahmen, wurden vom Förderverein übernommen.

Ablauf

Kindervogelschießen orientiert sich aufgrund seines Ursprungs auch in seinen Abläufen grob am Zeremoniell der Schützen- bzw. Papagoyengilden. Gefeiert wird vor den Sommerferien. Der Ablauf des gesamten Fests variiert von Stadt zu Stadt, auch was die Umsetzung betrifft. In Heide wurde das Fest in den Anfängen an einem Tag gefeiert, seit dem Zweiten Weltkrieg wurde es auf zwei Tage ausgedehnt. Heute findet es in Heide dienstags und mittwochs zwei Wochen vor den Sommerferien statt.

Üblicherweise werden für die Kinder zunächst verschiedene Spiele veranstaltet. Bis Ende der 1980er Jahre fanden diese an einem zentralen Ort statt, wo sie von allen Schulen gemeinsam bestritten wurden. In der Anfangszeit war das die Wiese des Ziegelhofs, einem Ausflugslokal vor den Toren Heides, später fanden die Spiele lange Zeit auf der Fichtenhain-Rennbahn statt, danach auf dem MTV-Platz.

In Heide waren die Spiele früher nach Alter gestaffelt. Die älteren Schüler schossen dabei mit der Armbrust, später mit Schusswaffen auf den bunten Holzvogel, um einen König zu ermitteln. Für die jüngeren Schülerinnen und Schüler waren andere Spiele vorgesehen, wie beispielsweise das traditionelle Fischstechen, Dosenwerfen oder Sackhüpfen. Die Kinder bekommen im Anschluss an die Spiele Geschenke. Nach Berichten des Heider Anzeigers bestanden die Geschenke in den Anfängen des Heider Kindervogelschießens unter anderem aus Büchern oder Schultaschen. Für die älteren Schüler standen Löffel aus Silber als Preise für das Herunterschießen des Vogels bereit. Diese Tradition findet sich auch in der Heider Papagoyengilde.

Nach den Spielen folgt ein großer Festumzug aller Heider Schüler durch die ganze Stadt hin zum Marktplatz. Üblich sind Spielmannszüge, die auch heute noch den Umzug begleiten. Blumen- und Fahnenschmuck, je nach Umzug sogar Festwagen, gehören traditionell ebenfalls zum Umzug der Kinder. In den 1950er Jahren fingen die einzelnen Klassen an, sich Mottos zu überlegen.

Tanzveranstaltungen in den Sälen und Lokalen Heides und Umgebung beschließen den Festtag bzw. die Festtage.

Literatur

  • Theo Lübbe: Heide. Portrait einer Stadt, hrsg. vom Magistrat der Stadt Heide, Heide 1982.
  • Georg Marten: Die Chronik von Heide, Heide 1935. S. 147.
  • Maria Metz-Becker (Hrsg.): Schaukelpferd und Schnürkorsett. Kindheit um 1800, Marburg 2002.
  • Museumsinsel Lüttenheid, Claudia Graf (Hrsg.): Kindervogelschießen in Heide, Begleitheft zur Ausstellung, Heide 2020

Einzelnachweise

  1. Georg Marten: Die Chronik von Heide. Heide 1935, S. 147.
  2. 125 Jahre Kindervogelschießen in Heide. In: Offener Kanal Westküste. Abgerufen am 20. April 2020 (deutsch).
  3. Vogelschießen - St.-Georg-Schule - Heide. Abgerufen am 20. April 2020.
  4. Georg Marten: Die Chronik von Heide. Heide 1935, S. 150.
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