Das Kirton Adaption-Innovation-Inventory (KAI) ist eine psychometrische Analyse des von Einzelpersonen bevorzugten Stils bezüglich Veränderungen. Der KAI wird durch einen Fragebogen erfasst.

Modell

Der britische Psychologe M. J. Kirton untersuchte das Problemlösungsverhalten von Menschen und stellte graduelle Unterschiede fest. Es gibt Menschen, die Veränderungen in kleinen Portionen, schrittchenweise bevorzugen. Sie halten gerne an Altbewährtem fest und scheuen das Risiko. Er nennt diese Haltung "adaptiv" (anpassend). Andere bevorzugen schnelle Veränderungen, Sprünge der Entwicklung, radikal Neues. Dieses Verhalten nennt er "innovativ".

Der KAI baut auf drei Subskalen auf, von denen Kirton behauptet, sie seien korreliert. Kirton benennt die Subskalen folgendermaßen:

Beschreibung der Eigenschaftenglischer Fachbegriffdeutsche BezeichnungAbkürzung
Anzahl der IdeenSufficency-Proliferationausreichend-ausuferndSO
Aufmerksamkeit für DetailsEfficiencyEffizienzE
Bewertung der Konformität/Nonkonformität in Gruppenrule and group conformity styleRegel- und GruppenkonformitätsstilR

R.L. Payne bezeichnet die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Merkmalen und den Messergebnissen als schwach miteinander korrelat. Zudem vertritt W.G.K. Taylor aufgrund von empirischen Untersuchungen die Ansicht, dass die SO-Skala besser in zwei Skalen zerlegt wird, eine für Ideenerzeugung und eine für Bevorzugung von Stabilität versus Veränderung.

Zur Bestimmung des KAI stellte Kirton Fragebogen zusammen. Seiner Theorie nach ist der Durchschnitt der Menschheit auf seinem Index exakt auf 100 festgelegt. Ein Wert niedriger als 100 bedeutet überdurchschnittliche Neigung zu adaptivem Verhalten, ein Wert über 100 überdurchschnittlich "innovatives" Verhalten.

Qualität

Nach Jane Henry erfüllt ein guter psychologischer Test drei Kriterien. Er ist

  • gültig, d. h. der Test misst das, was er zu messen vorgibt (Validität)
  • zuverlässig, d. h. Personen beantworten den Test zu verschiedenen Zeiten ähnlich (Reliabilität), und
  • frei von Einflüssen sozialer Gruppen, d. h. es ist nicht leicht zu manipulieren (Objektivität)

Nach Bartram bewertet die British Psychological Society den KAI-Test 1995 in den Dimensionen Gültigkeit mit Adequate (angemessen) und Zuverlässigkeit als Excellent (hervorragend, mit einer Korrelation von >0.85);

Folgerungen für das Verhalten

Der KAI äußert sich im Verhalten von Menschen. Henry benennt typische Verhaltensunterschiede zwischen Adaptoren und Innovatoren

Adaptoren Innovatoren
etwas besser machen etwas anders machen
im vorgegebenen Rahmen arbeiten den vorgegebenen Rahmen herausfordern, oder ausbrechen
wenige, akzeptable Lösungen viele Lösungen
bevorzugt etablierte Situationen setzt neue Regeln/Strukturen
wesentlich in Routineangelegenheiten wesentlich in veränderlichen Situationen

Die Fremdwahrnehmung (Wahrnehmung einer Person durch andere) wird durch den KAI beeinflusst. Andere nehmen Adaptoren und Innovatoren (Henry, 2001) wahr als

Adaptoren werden betrachtet als Innovatoren werden betrachtet als
zuverlässig undiszipliniert
normale Lösungsansätze verwendend Grundannahmen herausfordernd
verbessernd neu definierend
systematisch arbeitend ermüdend
vorsichtig risikobereit
praktisch idealistisch

Auch in der Selbstwahrnehmung unterscheiden sich Adaptoren und Innovatoren.

Adaptoren sehen sich selbst als Innovatoren sehen sich selbst als
unterstützend voll mit Ideen
praktisch energiegeladen
stabil Annahmen herausfordernd
beständig Änderungen akzeptierend
methodisch intuitiv
kooperativ nicht durch die Vergangenheit eingeengt
ordentlich risikobereit
sicher riskant

Adaptoren haben oft eine geringe Meinung von Innovatoren, und Innovatoren können Adaptoren als langweilig sehen. Kirton behauptet, dass KAI relativ, d. h. als Abstand der Werte auf einer Skala zwischen zwei Personen betrachtet werden soll. Dieser Abstand bestimmt, ob man gegenüber einer anderen Person als innovativ oder adaptiv wahrgenommen wird. Bei einem Abstand von 20 und mehr Punkten sagt Kirton Kommunikationsprobleme voraus.

Auch wenn der KAI über die Gesamtbevölkerung einen Durchschnittswert von 100 ergibt, so sind in unterschiedlichen Berufsgruppen die Mittelwerte stark abweichend. Henry (2001) gibt die folgende Übersicht zur Verdeutlichung.

Beruf mittlerer KAI
Beamte 80
Wartungstechniker 85
Produktionsleiter 90
Führungskräfte in Banken 90
Lehrer 95
MBA-Studenten 100
Entwicklungsleiter 102
Marketingleiter 105
HR-Manager 105

Quellen

  1. M. J. Kirton (1989): Adaptors and Innovators: Styles of Creativity and Problem-Solving, London: Routledge, auch 2. Aufl. 1994.
    Kirton, M.J. (1987): Adaption-Innovation Inventory (KAI) – Manual, 2. Aufl., Hatfield, Herts: Occupational Research Centre.
    Kirton, M. (1984): Adaptors and Innovators – Why New Initiatives Get Blocket, in: Long Range Planning, 17, 2, S. 137–243, auch Kapitel 16 in Henry (1991).
  2. R.L. Payne (1987)Individual differences and performance amongst R and D personnel: Some implications for management, in: R and D Management, 17, S. 153–161, quoted in Bartram (1995) S. 127.
  3. W.G.K. Taylor (1989) The Kirton Adaption-Innovation-Inventory: a re-examination of the factor structure, in: Journal of Organizational Behaviour, 10, S. 297–307, zitiert in Bartram u. a. (1995), S. 125–127.
  4. Jane Henry (1991): Creative Management, London, Sage S. 99.
  5. D. Bartram (1995): Review of personality assessment instruments (level B) for use in occupational settings, Leicester: British Psychological Society.
  6. Jane Henry (2001): Creativity and Perception in Management, The Open University, Milton Keynes.
  7. Jane Henry (2001): Creativity and Perception in Management, The Open University, Milton Keynes; adapted from Kirton, personal communication, 1990, 1999, siehe auch Kirton, 1987.


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