Klaus B. (* 1944 in Mainz) ist ein deutscher Staatsbürger, der im Jahr 1972 wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Er bestreitet die Tat bis heute und wurde im September 2023 auf Bewährung entlassen. Seine Verurteilung beruhte auf mehreren, jeweils widerrufenen Geständnissen, die er im Versuch die „beinahe pausenlosen“ Vernehmungen zu beenden, abgegeben hatte. Beweise, Zeugen oder Spuren für das von Anfang an umstrittene Urteil gab es nie. Weil er seine Tat leugnete, wurde er aufgrund der damit einhergehenden nicht möglichen Resozialisierung auch nach Verbüßen der Haftzeit nicht entlassen. Der brutale Mord zum Zeitpunkt des Geschehens, als auch die Kontroverse um den letztlich erfolgreichen Versuch B.’s Anwältin Arnemann, die Inhaftierung des möglicherweise Unschuldigen von über 50 Jahren zu beenden, sorgten bundesweit für Schlagzeilen. Eine dreiteilige TV-Dokumentation über den Fall bzw. die Verurteilung des damals noch Inhaftierten wurde im Juni 2022 in der ARD ausgestrahlt, ein vierter Teil erfolgte ein Jahr später. Auch die Landesschau im SWR Fernsehen berichtete im Februar 2023 und BR Fernsehen in der Abendschau.

Leben

Er wurde in Mainz geboren, wo er auch aufwuchs. Nach seinem Schulabschluss war er einige Jahre lang als Hilfsarbeiter in verschiedenen Firmen und auf Baustellen tätig.

Er kam im Juni 1970 in Untersuchungshaft, als er beim Spannen auf frischer Tat ertappt wurde. Er wurde zudem beschuldigt, in der Nacht vom 12. zum 13. April 1970 in Mainz die 49-jährige Kinderärztin Margot G. und deren 17-jährige Tochter Dorothee in ihrem Einfamilienhaus erstochen zu haben. Die Tatwaffe, ein Messer, wurde nie gefunden. Es gab keinerlei Spuren eines gewaltsamen Einbruchs sowie keine Fingerabdrücke von ihm am Tatort. Während seiner Untersuchungshaft wurde er „beinahe pausenlos“ befragt. Er legte, „weil er nicht mehr konnte, [und] weil er wollte, dass die Verhöre endlich aufhören“ ohne Kenntnis seines Rechts auf einen Strafverteidiger ein Geständnis ab, widerrief es jedoch vier Tage später wieder.

Er wurde am 19. Juli 1972 in einem monatelangen Indizienprozess vom Schwurgericht am Landgericht Mainz wegen Doppelmordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Er verbüßte seine Haftstrafe in verschiedenen Justizvollzugsanstalten in Rheinland-Pfalz, zuletzt in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahranstalt Diez. Er beantragte zahlreiche Wiederaufnahmeverfahren vor Gericht, zu denen es jedoch nie kam. Er stellte, nachdem die auf 25 Jahre festgelegte Mindestverbüßungsdauer abgelaufen war, mehrere Anträge auf Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung. Sie wurden mehrmals erst vom Landgericht Koblenz, dann vom Bundesgerichtshof und vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Im September 2023 wurde nach insgesamt 53 Jahren und drei Monaten der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt. Er ist damit einer der am längsten inhaftiert gewesenen Strafgefangenen in Deutschland. Er lebt seit seiner Entlassung in Hessen.

Die Mordvorwürfe belasteten ihn. Zu einem Zeitpunkt in Haft hatte er erklärt: „Die sollen auf hochdeutsch meinen Namen wieder sauber machen, was ich nicht gemacht habe“.

Berichterstattung im TV

Einzelnachweise

  1. Gisela Kirschstein: Doppelmord in Mainz: Saß Klaus Bräunig 53 Jahre unschuldig in Haft? - Neue Hinweise deuten auf wahren Täter. 20. September 2023, abgerufen am 7. Oktober 2023 (deutsch).
  2. S. W. R. Aktuell: Der Fall Klaus Bräunig: Sitzt der Mainzer seit 52 Jahren unschuldig im Gefängnis? 26. Juni 2022, abgerufen am 7. Oktober 2023.
  3. Klaus Bräunig sitzt seit über 50 Jahren im Gefängnis. 9. Februar 2023, abgerufen am 7. Oktober 2023.
  4. 1 2 Klaus (79) sitzt seit 53 Jahren im Gefängnis und kämpft um seine Freiheit. In: Focus Online. 6. Juli 2023, abgerufen am 10. Oktober 2023.
  5. Der Fall Klaus Bräunig: 52 Jahre lang unschuldig im Knast? 28. Juni 2022, abgerufen am 20. September 2023.
  6. Michael Meister: Mord an Mainzerin und ihrer Tochter: Sitzt der Täter zu Unrecht im Gefängnis? 28. Juni 2022, abgerufen am 20. September 2023.
  7. S. W. R. Aktuell: Der Fall Klaus Bräunig: Sitzt der Mainzer seit 52 Jahren unschuldig im Gefängnis? 26. Juni 2022, abgerufen am 20. September 2023.
  8. S. W. R. Aktuell: Verurteilter Doppelmörder aus Mainz nach mehr als 53 Jahren auf Bewährung frei. 20. September 2023, abgerufen am 20. September 2023.
  9. Mainzer kommt nach 53 Jahren aus dem Gefängnis frei. In: FAZ.NET. 20. September 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 20. September 2023]).
  10. Nach 52 Jahren in Haft: Verurteilter Mörder könnte freikommen. Abgerufen am 20. September 2023.
  11. Marion Mück-Raab: Längste Haftstrafe in Deutschland beendet: Nach 53 Jahren aus Haft entlassen. In: Die Tageszeitung: taz. 20. September 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 20. September 2023]).
  12. Nach 53 Jahren Haft: Klaus Bräunig kommt auf Bewährung frei. 20. September 2023, abgerufen am 20. September 2023.
  13. Anna C. Huber: Mainzer Doppelmörder wieder auf freiem Fuß. 20. September 2023, abgerufen am 20. September 2023.
  14. Ulrike Hagen: „Mondschein-Mörder“ Jahrzehnte unschuldig in Haft? Deutschlands längste Gefängnisstrafe endet. In: Merkur. 22. September 2023, abgerufen am 15. Oktober 2023.
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