Komplementärfarbe (lateinisch complementum Ergänzung) ist ein Begriff aus der Farbenlehre. Im strengen wissenschaftlichen Sinn sind zwei Farbreize komplementär, wenn ihre Summe das volle Spektrum der weißen Lichtquelle ergibt, zwei Körperfarben dann, wenn die Summe ihrer Remissionskoeffizienten bei jeder Wellenlänge 1,0 ist. Farben, die sich additiv zu Weiß (oder mit dem Farbkreisel zu neutralem Grau) mischen lassen, haben diese Eigenschaft im Allgemeinen nicht und werden in der Farbmetrik kompensative Farbpaare genannt.

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff weiter gefasst. Mit Komplementärfarben können sowohl die kompensativen Farben gemeint sein als auch Farbenpaare, die bei subtraktiver Mischung Schwarz oder Neutralgrau ergeben, oder Farben, die in einem Modell Gegensatzpaare darstellen; für alle ist auch der Begriff Gegenfarben gebräuchlich.

Komplementärfarbe und Farbmodell

Welche Farben sich jeweils komplementär zuordnen, hängt vom gewählten Farbmodell ab. Oft werden folgende komplementäre Paare genannt:

Bei einem Farbkreis als Modell stehen sich die Komplementärfarben auf diesem stets gegenüber. So werden sie gelegentlich als Gegenfarben bezeichnet. Grundlegend wird dieser Begriff bei der Hering’schen Gegenfarbentheorie verwandt.

Komplementärfarben nach RGB/CMY

In der folgenden Tabelle wird die Rechenvorschrift an den Grundfarben der RGB/CMY-Farbmischung verdeutlicht. Für die Werte R, G, B oder Y, M, C ergibt sich die entsprechende komplementäre Farbe jeweils durch Ergänzung auf 100 Prozent, in 8 Bit zur Hexadezimalzahl „FF“ und in 4 Bit zu „F“. Die Spiegelungsachse für Komplementärfarben ist das Neutralgrau, mit den dezimalen Werten {0,5;0,5;0,5} oder in 8 Bit als #808080, entsprechend in 4 Bit mit #888. Am Beispiel wird es deutlich: zur Webfarbe #3378F9 ist #CC8706 komplementär oder zu #99AA77 ist es #665588. Die Zahlenpaare müssen hexadezimal addiert immer den Wert „FFFFFF“ ergeben. Einfachster Rechenweg ist die XOR-Verknüpfung mit 0xFFFFFF.

Farbe Komplementärfarbe Wiedergabe in (Monitor-)RGB
Rot Cyan #FF0000 #00FFFF
Grün Magenta #00FF00 #FF00FF
Blau Yellow (=Gelb) #0000FF #FFFF00
Komplementärbeispiel 1 #3378F9 #CC8706
Komplementärbeispiel 2 #FF8800 #0077FF
Komplementärbeispiel 3 #8800FF #77FF00
Komplementärbeispiel 4 #99AA77 #665588
Komplementärfarbe Farbe komplementäre Benennung

Wirkung und Anwendung

  • Der Komplementärkontrast wird zum einen durch das Nebeneinander von Komplementärfarben erzeugt. Zum anderen stellt er sich auch her zwischen einer beliebigen Farbe und deren Nachbild, das bei ihrer intensiven Betrachtung im Auge entsteht (Sukzessivkontrast).
  • Da komplementäre Farben sich in der Wahrnehmung gegenseitig überhöhen, werden Komplementärfarben auch häufig in der Werbung genutzt. Beispiel: Fleisch vor grünem oder Salat vor rötlichem Hintergrund sieht frischer aus.
  • Ein Komplementärkontrast kann die Farbrezeptoren des Auges und die nachgeschalteten Nervenzentren überreizen, was unter Umständen als unangenehm empfunden wird. Dies geschieht, wenn die Farbflächen hart aufeinanderstoßen, wie bei den Abbildungen unten, in denen die Farbfläche mit dem komplementärfarbigen Text darauf kontrastiert. Insbesondere wird ein Flimmern der Kanten verzeichnet. Als künstlerisches Stilmittel tritt der Effekt bei der in der Mitte des 20. Jahrhunderts aufgekommenen Hard-Edge-Malerei in Erscheinung.
  • Das Prinzip der Komplementärfarben findet praktische Anwendung bei Waschmitteln. Es werden Blausubstanzen zugesetzt, dadurch wird der Gelbstich (vergilben) verdrängt und die Wäsche erscheint weißer.
  • Eine weitere praktische Anwendung ist die grüne Kleidung von Operationspersonal in Krankenhäusern: Das verwendete Grün entspricht genau der Komplementärfarbe des roten Blutes. Somit wirkt auf das OP-Personal der Nachbildeffekt auf den grünen Flächen wesentlich weniger irritierend als dies auf andersfarbiger Kleidung der Fall wäre.
  • Wird ein Gegenstand gleichzeitig von zwei Lichtquellen komplementärer Farbe bestrahlt, so entstehen hinter ihm, wenn die Lichtquellen einen gewissen Abstand zueinander haben, zwei sich überschneidende komplementärfarbige Schatten, die von einem weiß erscheinenden Hintergrund umgeben sind.

Literatur

  • Harald Küppers: Farbenlehre (= DuMont-Taschenbücher. 563, DuMont-Schnellkurs). DuMont, Köln 2005, ISBN 3-8321-7640-3.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Manfred Richter: Einführung in die Farbmetrik. 2. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 1981, ISBN 3-11-008209-8, S. 104 ff. (eingeschränkte Vorschau bei Amazon)
  2. Markus Wäger: Grafik und Gestaltung - Das umfassende Handbuch. 2. Auflage. Galileo Press (jetzt Rheinwerk Verlag), Bonn 2014, ISBN 978-3-8362-2513-7, S. 236.
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