Kraftwerk Rauxel
Kraftwerk Rauxel
Lage
Koordinaten 51° 34′ 50″ N,  18′ 49″ O
Daten
Typ Dampfkraftwerk
Primärenergie Fossile Energie
Leistung 295
Betreiber zuletzt: E.ON
Betriebsaufnahme 1958
Stilllegung 2001
Kessel Benson-Schmelzkammer
Schornsteinhöhe Block 2: 230 m
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 31.059,3 GWh

Das Kraftwerk Rauxel war ein Steinkohlekraftwerk in Castrop-Rauxel. Es lag direkt an der Bundesstraße 235 und wurde im Zeitraum von 2006 bis 2008 rückgebaut. Auf der Fläche sollte Wohnbebauung entstehen.

Geschichte

Das Kraftwerk Rauxel wurde 1958 nach 5-1⁄4-jähriger Bauzeit eröffnet. Es wurde gebaut, um dem hohen Energiebedarf der Klöckner-Zechen im Ruhrgebiet gerecht zu werden und die nicht marktgängige Kohle von der Zeche Victor 3/4 zu verbrennen.

Am 30. September 1958 gab der Block 1 den ersten Strom an das VEW-Netz ab. Mit einer Blockgröße von 120 MW war es das bis dahin größte und zur damaligen Zeit modernste Blockkraftwerk auf Steinkohlebasis in Deutschland. Zu Spitzenzeiten hatte das Kraftwerk mit seinen zwei Blöcken eine Leistung von 295 MW. Der Kessel bestand aus einem Benson-Schmelzkammer-Doppelkessel mit zwei gleichen Halblasteinheiten. Der erzeugte Dampf hatte beim Eintritt in die Turbine einen Druck von 180 atü und eine Temperatur von 527 °C.

Der Großteil der erzeugten Energie von Block 1 wurde über eine 220-kV-Freileitung in das 3,5 km entfernte Umspannwerk Pöppinghausen geführt. Eine 30-kV-Verbindung führte zur Zeche Victor 3/4, eine 6-kV-Verbindung diente dem kraftwerkseigenen Strombedarf.

Südöstlich wurde ein neuer Zechenübergabebahnhof zur Bundesbahn hin gebaut. Dieser bediente das Kraftwerk Rauxel, die Zeche Victor 3/4, Ickern 1/2 sowie das Düngemittelwerk BASF Gewerkschaft Victor, Ickern. Vom Zechenbahnhof führte ein Gleisanschluss zum Kraftwerk, ein Abzweig davon als Montagegleis durch Maschinenhaus und Turbinenhalle. Eine Drehscheibe außerhalb des Maschinenhauses erlaubte den Transport von Umspannern über dieses Gleis.

Auf neun Metern Höhe befand sich die zentrale Bühne von Block 1. Diese erlaubte unkomplizierte Wege vom Kesselhaus in Maschinenhaus und Leitstand, auch gab es eine geschlossene Brücke zu den benachbarten Verwaltungs- und Werkstattgebäuden.

Das Maschinenhaus wurde aus Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Platz in einer Längsaufstellung für Turbine // Generator konstruiert. Es war für Wartungs-, Transport- und Revisionsarbeiten mit einem 200-t-Brückenkran der MAN ausgestattet; dieser verfügte für kleinere Arbeiten noch über einen 20-t-Hilfshub direkt neben dem 200-t-Haupthaken. Turbine und Generatoren beider Blöcke waren von den Siemens-Schuckertwerken geliefert und in einem markanten Orange lackiert worden.

Das Kesselhaus von Block 1 hatte eine Höhe von 41,5 m, der darauf gemauerte Schornstein von Block 1 hatte eine Höhe von 120 m; er wurde in der Laufzeit des Kraftwerkes rückgebaut.

Block 1 hatte einen mittleren Kohleverbrauch von etwa 750 t Steinkohle (37 Güterwaggons) pro Tag. Als Nebenprodukt entstanden dabei 180 t Kesselasche (Granulat) pro Tag (9 Güterwaggons).

Der Leitstand befand sich zentral zwischen Maschinen- und Kesselhaus und war mit einer großflächigen Plexiglasdecke zur Beleuchtung und einer Klimaanlage für konstante Temperatur ausgestattet. Diese Einrichtungen waren 1958 überaus modern. Unter dem Leitstand befand sich ein Kabelboden, in dem die Kabel auf neu entwickelten feuerverzinkten Haltern verlegt wurden. Insgesamt wurden im ersten Block 120 km Kabel verlegt.

Der Kraftwerksentwurf bot Platz für vier baugleiche Blöcke; es wurde jedoch nur ein weiterer, baulich veränderter Block angebaut:

Die Ausmaße des Blocks 2 mit zugehörigem Kamin waren technische Rekordmarken. So war der 87 m hohe Naturzug-Kühlturm mit einer Wandstärke von nur 14 cm einer der größten der Welt. Der in nur 55 Tagen errichtete 230 Meter hohe Schornstein wurde von der Presse „Deutschlands höchster Raucher“ getauft. Der Kessel für den 175-MW-Block 2 war ebenfalls ein Benson-Schmelzkammer-Doppelkessel mit Zwischenüberhitzung und mit zwei Zyklonbrennkammern ausgestattet, die wiederum die damals weltweit größten waren. Seine Frischdampfparameter waren 535 °C bei 186 bar. Der Betrieb von Block 2 begann am 6. September 1967.

Mit Datum vom 19. Juni 1984 hatte VKR gemäß § 20 der 13. BImSchV für den Block 1 eine Restnutzung von 10.000 Stunden und für den Block 2 eine von 30.000 Stunden erklärt. Da das Kraftwerk über diesen Zeitraum hinaus betrieben werden sollte, wurde die Genehmigung zum uneingeschränkten Weiterbetrieb der Feuerungsanlagen des Kraftwerks sowie die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Abgasreinigungsanlagen beantragt. Der Block 2 wurde schließlich 1993/1994 mit einer Rauchgasentstickungsanlage (Denox-Anlage) und einer Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) nachgerüstet.

Mit dem Auslaufen eines Stromabnahmevertrags musste Block 1 stillgelegt werden. Seine Betriebszeit endete am 27. April 1990 mit 167.366 Betriebsstunden und einer Gesamterzeugung von 9.443.148 MWh. Block 2 ging am 15. Juni 2001 nach 190.532 Betriebsstunden und 21.614.159 MWh endgültig vom Netz.

Die Firma Klöckner verkaufte das Kraftwerk Rauxel am 1. Oktober 1982 an die VEBA Kraftwerke Ruhr AG, die ab September 1998 der PreussenElektra gehörte und am 16. Juni 2001 in der heutigen E.ON AG aufging. Das Kraftwerk wurde der Kraftwerksgruppe West 2 zugeordnet und am 15. Juni 2001 abgeschaltet. In den letzten Betriebsjahren wurde das Kraftwerk vom benachbarten Kraftwerk Knepper in Dortmund mitverwaltet und in Personalunion betrieben.

Obwohl das Kraftwerk nach heutigem Standard eines der kleineren Steinkohlekraftwerke war, war es in Anbetracht der gesetzten Rekorde eines der Pionierkraftwerke.

Nachdem der Kühlturm bereits am 5. November 2006 gesprengt worden war, erfolgte die Sprengung des 1966 errichteten Schornsteins am Morgen des 6. April 2008.

Technische Daten

Daten Block 1 Block 2
Bekohlungsanlage Eisenbahnentladung über Tiefbunker Kohlenlagerplatz mit Absetzer und Kratzer
Feuerungsanlage Block 1 Block 2
Bauart Zyklonfeuerung mit direkter Einblasung und flüssigem Ascheabzug
Feuerungswärmeleistung 2 × 159,5 MW 455 MW
Brennstoff Steinkohle Steinkohle
Einsatz 2 × 29,4 t/h 83,86 t/h
unterer Heizwert 19,53 MJ/kg 19,53 MJ/kg
DeNOx-Anlage Block 1 Block 2
Bauart Selektive katalytische Reduktion
Reduktionsmittel Ammoniak Ammoniak
Anzahl der DeNOx-Anlagen 2 (nur geplant) 1
Elektroentstauber Block 1 Block 2
Bauart Elektro-Horizontalfilter Reduktion
Anzahl der Entstauber 2 2
Rohgasstaubgehalt 19000 mg/m3 7000 mg/m3
Reingasstaubgehalt <375 mg/m3 <125 mg/m3
Rauchgasentschwefelungsanlage Block 1 Block 2
Bauart Nasswäscher mit Endprodukt Gips
Anzahl der Wäscher 2 (nur geplant) 1
Schwefeldioxid – Rohgaskonzentration 4835 mg/m3
Schwefeldioxid – Reingaskonzentration <400 mg/m3
Reingasstaubgehalt <50 mg/m3
Dampferzeuger Block 1 Block 2
Bauart 3-Zug-Benson-Kessel mit Zwischenüberh. 2-Zug-Benson-Kessel mit Zwischenüberh.
Anzahl der Dampferzeuger 2 1
höchste Frischdampfdauerleistung 2 × 200 t/h 558 t/h
Genehmigungsdruck 260 bar 260 bar
Heißdampftemperatur 527 °C 535 °C
Turbinenanlage Block 1 Block 2
Bauart 3-gehäusige Axial-Kondensationsturbine, ND-Teil doppelflutig
Leistung 120 MW 175 MW
Fernheizwärmetauscher Block 1 Block 2
Bauart dampfbeheizte Oberflächenwärmetauscher
Leistung insgesamt 40 MW
Kondensatoranlage Block 1 Block 2
Bauart Oberflächenkondensator
Kühlwassermenge 13700 m3/h 16000 m3/h
Kühlturmanlage Block 1 Block 2
Bauart Ventilator-Kühlturm Gegenstrom-Naturzugkühlturm
Anzahl der Kühltürme 2 1
Kühlwasserdurchsatz 2 × 7150 m3/h 19000 m3/h
Generator Block 1 Block 2
Scheinleistung 160 MVA 233 MVA
Wirkleistung 120 MW 175 MW

Abschrift der technischen Daten aus einer Kurzbeschreibung der VKR des Kraftwerks Rauxel vom 30. Juni 1986. Das Schreiben war eine Anlage zum Antrag auf einen uneingeschränkten Weiterbetrieb und Nachrüstung gemäß 13. BImSchV.

Daten Kühlturm

Der Kühlturm bestand aus einer hyperbolischen Schlotschale aus Stahlbeton mit oberem und unterem Ringanker.

Weitere Daten:

Kühlturm
Kühlturmschale in 8,55 m Höhe auf 48 Stahlbetonstützen
Höhe 86 m (ab GOK)
Durchmesser größter Durchmesser 63,6 m
Durchmesser geringster Durchmesser 37,78 m
Gewicht etwa 4.800 Tonnen

Literatur

  • Tilo Cramm: Bergbau ist nicht eines Mannes Sache. ISBN 3-88474-928-5.
  • Adolf von Brackel, Hubert Emonts: Das Klöckner-Kraftwerk Castrop-Rauxel. Sonderdruck aus der Siemens-Zeitschrift. 33. Jahrgang, September 1959, Heft 9, Seite 542–556 (Siemens-Schuckert Aktiengesellschaft).

Einzelnachweise

  1. Spiegel Online:230 Meter hoher Schornstein gesprengt
  2. Meldung bei Der Westen vom 6. April 2008 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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