Das Craquelé(e), Krakelee (frz. craqueler, „rissig werden lassen“; craquelé, „rissig, gesprungen“) ist ein Sprung- oder Rissnetz, das in Ölgemälden, Steinen, Schmucksteinen, Lackierungen, Glasflächen, Glasuren von Keramikgegenständen oder in Wandmalereien, Fassadenputzen und -anstrichen vorkommen kann. Entstehen kann ein Craquelé bei der Herstellung eines Objektes durch falschen Aufbau (Frühschwundrisse), im Laufe seiner Alterung (Alterssprung) durch mechanische Belastung (Klimaschwankungen, Transport), aber auch als gewünschter Effekt durch einen entsprechenden maltechnischen Aufbau („mager auf fett“), oder wird mit einem Reißlack künstlich hergestellt.

Glas

Krakeliertes Glas bietet durch den Eindruck größter Fragilität einen besonderen optischen Reiz.

Keramik

In der Keramikherstellung bildet sich das Krakelee durch unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten von Trägermaterial und Glasur schon beim Brand; insbesondere die in Japan entstandene Raku-Keramik weist entsprechende Oberflächen auf.

Bei hellen Zinn/Blei-Glasuren (wie die Grundglasur bei Majolika oder Fayence) nach dem Brand noch kaum sichtbar, füllen sich die Haarrisse mit der Zeit im Gebrauch mit dunkleren Partikeln und werden dadurch immer stärker sichtbar. Dunkle und opake Glasuren wie das für ältere Kachelöfen oft verwendete „Flaschengrün“ neigen weniger zum Nachdunkeln der Glasurrisse, die ursprüngliche Optik bleibt meist über Jahre unverändert erhalten.

Bei glasierten Ofenkacheln, die besonders hitzebeständig sein müssen, treten die feinen Risse in der Glasur häufiger auf. Dies ist insbesondere bei sehr großen Kachelteilen erwünscht. Hierdurch wird die Keramik robuster gegen Bruch durch Temperaturschwankungen, da die weniger flexible Glasur mit dem sich stärker ausdehnenden Keramikkörper „mitgehen“ kann.

Schmucksteine werden künstlich krakeliert, indem der Stein erwärmt und rasch wieder abgekühlt wird. Durch eine Farbpolitur können die Risse zusätzlich hervorgehoben werden.

Malerei

Die wohl auffälligste Alterserscheinung und Veränderung in der Bildschicht von Gemälden ist das Craquelé, das ihr Erscheinungsbild mehr oder weniger stark beeinflusst. Das Craquelé ist ein Sprung- oder Rissnetz, das in der Regel auf jedem älteren Gemälde mehr oder weniger deutlich zu erkennen ist. Es ist abhängig von den in der Malerei verwendeten Materialien (Bildträger, Pigmente, Bindemittel), von den atmosphärischen Bedingungen, denen ein Gemälde ausgesetzt ist/war und von der Art, wie es vom Hersteller, von den Eigentümern und/oder den Gemälderestauratoren behandelt wurde. Die Gemäldekunde unterscheidet zwischen Sprüngen und Rissen. Sprünge sind mechanisch oder atmosphärisch bedingt (Alterssprung), nicht breiter als etwa 0,5 mm und reichen immer bis auf den Bildträger. Risse, genauer Frühschwundrisse, sind maltechnisch bedingt, ab etwa 1 mm breit und reichen maximal bis zur Grundierung. In einigen Fällen können die Grenzen zwischen Sprüngen und Rissen fließend sein, d. h. Sprünge können in den Tiefen breiter Risse verlaufen. Die Erscheinungsform eines Craquelés ist bei der Frage nach der Erhaltung, der Echtheit und des Alters eines Gemäldes von großer Bedeutung.

Mit Reißlack oder Krakelierlack (auch Krakeliermedium genannt), der etwa im Bastelbedarf erhältlich ist, kann ein künstlicher Krakelee-Effekt erzeugt werden. Reißlack zieht sich beim Trocknen zusammen, wobei sich ein Muster von Sprüngen bildet. Dadurch soll durch die ansonsten transparente Lackierung ein „antikes“ oder „historisches“ Erscheinungsbild entstehen.

Craqueléfälschung

Ein gefälschtes Gemälde bedarf künstlich hergestellter Risse und Sprünge, um wie ein Original zu wirken. Craqueléfälschungen können durch einen bestimmten Aufbau der Malschicht („fett auf mager“), durch Aufzeichnen, Aufmalen, Ritzen oder durch die verschiedenen Möglichkeiten des „Brechens“ oder „Sprengens“ der Malschicht erzeugt werden.

Legt der Fälscher auf eine langsam trocknende (oxidierende), in der Regel stark ölhaltige Farbschicht eine schnell trocknende, entstehen Frühschwundrisse. Die künstlich erzeugten Frühschwundrisse bedecken in den meisten Fällen gleichmäßig das ganze Gemälde, während originale Frühschwundrisse partiell, häufig auf bestimmte Farben begrenzt, auftreten und in Form und Größe unterschiedlich sind. Aufgemalte, aufgezeichnete und eingeritzte Craqueléformen bleiben nur bei oberflächlicher Betrachtung unerkannt. Einer Untersuchung mit einer Lupe oder einem Stereomikroskop (Makrountersuchung) können sie nicht standhalten. Sie liegen auf oder in der obersten Farbschicht und zeigen keinerlei „Bruch“. Auch das eingeritzte Craquelé wirkt bei stärkerer Vergrößerung eher wie eine Furche und unterscheidet sich deutlich von den natürlich entstanden Sprüngen.

Verwitterung

Verwitternde Oberflächen, wie bei Bitumenbahnen oder Kunststoffoberflächen, entwickeln ebenfalls einen Krakelee-artigen Anschein.

Beispiele

Literatur

  • Knut Nicolaus: DuMont’s Bild-Lexikon zur Gemäldebestimmung. DuMont Buchverlag, Köln 1982, ISBN 3-7701-1243-1
  • Knut Nicolaus: DuMont’s Handbuch der Gemäldekunde. DuMont Buchverlag, Köln 2003, ISBN 3-8321-7288-2
  • Knut Nicolaus: Handbuch der Gemälderestaurierung. Könemann, Köln o. J. (2001)
Commons: Krakelee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Krakelee – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Crack – Riss. In: ICOMOS, International Scientific Committee for Stone [ISCS] (Hrsg.): Illustrated Glossary on Stone Deterioration Patterns, Illustriertes Glossar der Verwitterungsformen von Naturstein. Michael Imhof, Petersberg 2010, ISBN 978-3-86568-667-1, S. 10 (icomos.org [PDF]).
  2. Knut Nicolaus: DuMont’s Bild-Lexikon zur Gemäldebestimmung. DuMont Buchverlag, Köln 1982, ISBN 3-7701-1243-1.
  3. Craquelée. In: Angela Weyer et al. (Hrsg.): EwaGlos. European Illustrated Glossary Of Conservation Terms For Wall Paintings And Architectural Surfaces. English Definitions with translations into Bulgarian, Croatian, French, German, Hungarian, Italian, Polish, Romanian, Spanish and Turkish. Michael Imhof, Petersberg 2015, ISBN 978-3-7319-0260-7, S. 208, doi:10.5165/hawk-hhg/233.
  4. Knut Nicolaus: DuMont’s Bild-Lexikon zur Gemäldebestimmung. DuMont Buchverlag, Köln 1982, ISBN 3-7701-1243-1, S. 4952.
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