Kurt Borries (* 23. März 1895 in Berlin; † 23. Januar 1968 in Esslingen am Neckar) war ein deutscher Historiker und Hochschullehrer.

Leben

Kurt Borries war der Sohn eines Berliner Reichsbahninspektors. Nach dem Abitur nahm er von 1914 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil, zuletzt als Oberleutnant. Anschließend studierte er Geschichte, Germanistik, Staatswissenschaften und Philosophie an den Universitäten Berlin und Tübingen, wo er 1924 zum Dr. phil. promoviert wurde. Betreuer der Arbeit war Adalbert Wahl. 1927 legte er in Berlin das Staatsexamen für das höhere Lehramt ab. 1929 habilitierte er sich für mittlere und neuere Geschichte mit einer Schrift zu „Kant als Politiker“ an der Universität Tübingen, wo er anschließend als Privatdozent lehrte.

Von 1920 bis 1921 hatte Borries bereits der Deutschen Volkspartei und von 1926 bis 1928 der Gesellschaft „Deutscher Staat“ angehört. Im Zuge des aufkommenden Nationalsozialismus trat er 1932 dem Kampfbund für deutsche Kultur (KfdK) und zum 1. März 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.497.091). Im März 1933 unterzeichnete er die Erklärung von 300 Hochschullehrern für Adolf Hitler. Auch wurde er Mitglied der SA, des NS-Lehrerbundes, des NS-Dozentenbundes, des Reichsluftschutzbundes, des NS-Dozentenbundes und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV).

Borries zählte ab November 1933 zu dem von Rektor Albert Dietrich initiierten Führerrat in Tübingen. Seine antirepublikanische und nationale Gesinnung unterschied sich nicht von jener vielen Kollegen, die keine Parteimitglieder waren. Da er „einige Differenzen mit Parteigenossen“ hatte, lehnte das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung die Berufung von Borries auf eine ordentliche Professur ab. Ab 1935 nahm er Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Rostock, Hamburg und Königsberg wahr. Trotz Unterstützung einflussreicher nationalsozialistischer Kollegen und aus opportunistischen Gründen gewählter Seminarsthemen („Historische Übungen über Nationalsozialismus und Außenpolitik an der Hand ausgewählter Kapitel aus Hitlers Mein Kampf“ im WS 1936/37) konnte Borries nicht die Nachfolge seines 1937 emeritierten Lehrers Adalbert Wahl in Tübingen antreten. 1937 erhielt er lediglich laufbahngemäß eine nebenamtliche außerordentliche Professor an der Universität Tübingen. Von 1938 bis 1945 lehrte er mit Unterbrechungen als beamteter außerordentlicher Professor an der Universität Gießen, da er nach Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 als Hauptmann der Reserve zur Wehrmacht einberufen wurde und war nach kurzer Lehrtätigkeit ab November 1940 knapp zwei Jahre bei der Deutschen Archivkommission in Paris eingesetzt.

Nach Kriegsende zog er 1946 von Gießen nach Eßlingen am Neckar. 1949 erhielt er einen Lehrauftrag für englische und amerikanische Geschichte an der Universität Tübingen. In Gießen wurde er 1960 emeritiert. Er gehörte dem Kuratorium Unteilbares Deutschland an. Er war verheiratet mit Hildegard, geborene Rieger; das Paar hatte ein Kind.

Schriften (Auswahl)

  • Die Romantik und die Geschichte: Studien zur romant. Lebensform. Deutsche Verlagsges. f. Politik u. Geschichte, Berlin 1925 (Zugl. Tübingen, Phil. Diss., 1925)
  • Kant als Politiker: Zur Staats- u. Gesellschaftslehre d. Kritizismus. F. Meiner, Leipzig 1928 (1973 im Aalener Scientia-Verlag neu aufgelegt)
  • Preußen im Krimkrieg (1853–1856). W. Kohlhammer, Stuttgart 1930
  • Grenzen und Aufgaben der Geschichte als Wissenschaft. J. C. B. Mohr, Tübingen 1930
  • Preußen, Österreich und Deutschland in den letzten hundert Jahren (1815–1918). J. C. B. Mohr, Tübingen 1937
  • Die Bedeutung der französischen Revolution für die Entstehung der modernen Welt. J. C. B. Mohr, Tübingen 1938
  • Deutsche Einheit: Schicksal u. Auftrag. Steiner, Laupheim Württ. 1954
  • Der deutsche Südwesten in seiner geschichtlichen Funktion. Steiner, Laupheim Württ. 19545
  • Deutschland im Kreis der europäischen Mächte: Eine histor.-polit. Analyse. Tauchnitz, Stuttgart 1963

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Uwe Dietrich Adam: Hochschule und Nationalsozialismus. Die Universität Tübingen im Dritten Reich. Mohr Siebeck, Tübingen 1977, ISBN 3-16-939602-1.
  • Jörg-Peter Jatho, Gerd Simon: Gießener Historiker im Dritten Reich. Focus Verlag, Gießen 2008, ISBN 978-3-88349-522-4, S. 62–64.
  • Hans Georg Gundel, Peter Moraw, Volker Press: Gießener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 2 Bände. N. G. Elwert Verlag, Marburg 1982, ISBN 3-7708-0724-3 und ISBN 3-7708-0723-5. Band 2, Teil 2, S. 774.
  • Mario Daniels: Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Institutionalisierungsprozesse und Entwicklung des Personenverbandes an der Universität Tübingen 1918-1964, Reihe: Contubernium. Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte 71. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-515-09284-5. (nicht ausgewertet)

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/3540788
  2. Jörg-Peter Jatho, Gerd Simon: Gießener Historiker im Dritten Reich, Gießen 2008, S. 62
  3. Alternativ zum März 1933 erfolgten NSDAP-Beitritt von Borries wird als Jahr des Eintritts auch 1932 angegeben. Vgl. Mathias Kotowski: Die öffentliche Universität: Veranstaltungskultur der Eberhard-Karls-Universität Tübingen in der Weimarer Republik. Contubernium: Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1999, S. 216
  4. 1 2 3 Mathias Kotowski: Die öffentliche Universität: Veranstaltungskultur der Eberhard-Karls-Universität Tübingen in der Weimarer Republik. Contubernium: Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1999, S. 216
  5. Uwe Dietrich Adam: Hochschule und Nationalsozialismus. Die Universität Tübingen im Dritten Reich, Tübingen 1977, S. 143
  6. Hans Georg Gundel, Peter Moraw, Volker Press: Gießener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Marburg 1982, Band 2, Teil 2, S. 774f.
  7. 1 2 Rolf Rieß (Hrsg.), Carl Schmitt und Ludwig Feuchtwanger (Autoren): Briefwechsel 1918–1935: Mit einem Vorwort von Edgar J. Feuchtwanger, Duncker & Humblot GmbH, 2007, S. 124
  8. Wer ist wer?, Band 14, Schmidt-Römhild, 1962, S. 147
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