Die Bezeichnung Kurtisane für eine in adligen oder hochbürgerlichen Kreisen für Liebesdienste zur Verfügung stehende Frau stammt, wie der Name (französisch courtisane, über italienisch cortigiana) schon sagt, ursprünglich aus dem höfischen Bereich (französisch cour, deutsch ‚[Königs-, Fürsten-] Hof‘, italienisch corte). Wie die Mätresse wurde auch die Kurtisane als Geliebte eines oder mehrerer Männer von Adel oder Vermögen von diesen unterhalten und betrieb im 19. Jahrhundert gelegentlich selbst einen Salon, der ein Ort auch geistig anregender Konversation war; doch im Unterschied zur Mätresse war ihre Rolle nicht institutionalisiert und ihre Beziehungen gestalteten sich sehr viel abwechslungsreicher. Rom und Venedig in der Renaissance sowie Paris im 18. und 19. Jahrhundert waren zentrale Orte des Kurtisanenwesens.
Im 19. Jahrhundert entstand in Paris eine neue Form des Kurtisanentums, welches unter dem Namen „Avoir une danseuse“ (Sich eine Tänzerin leisten) bekannt wurde. Reiche Bürger unterhielten eine Tänzerin des Theaters, meist eine junge, unbekannte Anfängerin. Die Grenze zur Prostitution war fließend. Einige dieser Frauen stiegen zur Kurtisane auf. Bis heute hat sich der Ausdruck „Avoir une danseuse“ gehalten, jetzt im Sinn, sich ein kostspieliges Hobby zu leisten.
Kulturwissenschaftliche Untersuchungen zum Phänomen der Renaissance-Kurtisanen haben sich lange kritiklos ausschließlich der zeitgenössischen erotischen Literatur (z. B. Pietro Aretinos Kurtisanengespräche von 1534) bedient, was zu verzerrten und klischeeabhängigen Urteilen führte. Erst in der jüngeren Forschung sind auch archivalische Quellen zur Darstellung des Kurtisanenwesens hinzugezogen worden.
In der Weltliteratur ist das bekannteste Beispiel einer Kurtisane Marguerite Gautier, die Kameliendame in dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas d. J. aus dem Jahr 1848. Er war die Vorlage für die Oper La traviata von Giuseppe Verdi. Nur wenig früher, 1838 bis 1846, erschien der ebenfalls in Paris spielende Roman Glanz und Elend der Kurtisanen von Honoré de Balzac.
Zu vergleichbaren Frauenrollen in der Antike siehe Hetäre.
Literatur
- Monica Kurzel-Runtscheiner: Töchter der Venus, die Kurtisanen Roms im 16. Jahrhundert. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39757-3.
- Dorothea Mey: Die Liebe und das Geld: zum Mythos und zur Lebenswirklichkeit von Hausfrauen und Kurtisanen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich. Beltz, Weinheim/Basel 1987, ISBN 3-407-58302-8 (= Ergebnisse der Frauenforschung, Band 10).
- Rainer Maria Rilke: Die Courtisane. In: Neue Gedichte. (in Wikisource: Neue Gedichte)
Weblinks
- Isabella Arcucci: Edelkurtisanen – Vom Armenviertel ins Himmelbett. (mp3-Audio; 21 MB; 22:49 Minuten) In: Bayern-2-Sendung „radioWissen“. 2017 .
Einzelnachweise
- ↑ Avoir une danseuse. In: Expressions Françaises. 2022, abgerufen am 22. Dezember 2022 (französisch).