Ein elektrischer Schwingkreis, auch als Resonanzkreis bezeichnet, ist eine resonanzfähige elektrische Schaltung aus einer Spule (Bauteil L) und einem Kondensator (Bauteil C), die elektrische Schwingungen ausführen kann. Der elektrische Schwingkreis wird oft mit dem harmonischen Oszillator der Mechanik wie dem Federpendel oder der Stimmgabel verglichen. Bei diesem LC-Schwingkreis wird Energie zwischen dem magnetischen Feld der Spule und dem elektrischen Feld des Kondensators periodisch ausgetauscht, wodurch abwechselnd hohe Stromstärke oder hohe Spannung vorliegen. Die Resonanzfrequenz berechnet sich zu:
wobei für die Induktivität der Spule und für die Kapazität des Kondensators stehen. Diese Gleichung heißt Thomsonsche Schwingungsgleichung.
Wird ein Schwingkreis durch einen Schaltvorgang oder einen Impuls einmalig angestoßen, dann führt er freie Schwingungen (Eigenschwingungen) aus, die in der Realität aufgrund von Verlusten nach einer gewissen Zeit abklingen. Wird er jedoch im Bereich seiner Resonanzfrequenz periodisch erregt, dann führt er erzwungene Schwingungen aus. Die dabei auftretenden Resonanzerscheinungen haben für die praktische Anwendung überragende Bedeutung.
Bei einem Schwingkreis mit äußerer Anregung unterscheidet man je nach Anordnung in Bezug zur Anregungsquelle zwischen Parallelschwingkreis (L parallel zu C) und Reihenschwingkreis (L in Reihe zu C). Unpräzise wird der Reihenschwingkreis manchmal auch als Serienschwingkreis bezeichnet.
Ähnliche Schaltungen aus Spule und Kondensator werden auch als LC-Glieder bezeichnet, sie befinden sich jedoch nicht zwingend in Resonanz (siehe Tiefpass, Hochpass).
Zustandekommen von freien Schwingungen im idealen Schwingkreis
Für eine nach außen abgeschlossene Schaltung aus idealen (verlustfreien) Bauelementen, die eine gewisse Energie enthalten, ergibt sich ein periodischer Vorgang. Zur Beschreibung wird der Zustand zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt als Anfangszustand festgelegt.
- Zunächst sei die Spule ohne magnetischen Fluss. Der Kondensator sei geladen und in seinem elektrischen Feld die gesamte Energie des Schwingkreises gespeichert. Noch fließe kein Strom durch die Spule. (Bild 1)
- Aufgrund der Spannung am Kondensator, die auch an der Spule abfällt, setzt Stromfluss ein, allerdings nicht schlagartig ansteigend. Nach der Lenz’schen Regel wird durch eine Änderung des Stromflusses eine Spannung induziert, die dessen Änderung entgegenwirkt. Damit steigen die Stromstärke und der magnetische Fluss nur langsam (anfangs linear mit der Zeit) an. Mit ansteigendem Strom wird im Laufe der Zeit im Kondensator Ladung abgebaut, womit zugleich dessen Spannung absinkt. Mit der Verringerung der Spannung verringert sich das Anwachsen des Stromflusses.
- Wenn die Spannung auf null abgesunken ist, steigt der Strom nicht mehr an und erreicht somit sein Maximum. Zu diesem Zeitpunkt ist auch die magnetische Feldstärke der Spule am größten und der Kondensator vollständig entladen. Die gesamte Energie ist nun im Magnetfeld der Spule gespeichert. (Bild 2)
- Bei spannungsfreier Spule fließt der Strom stetig weiter, da er sich – genau wie der Magnetfluss – nicht abrupt ändern kann. Der Strom beginnt, den Kondensator in Gegenrichtung zu laden. Damit baut sich in ihm eine Gegenspannung auf (anfangs linear mit der Zeit). Dieser mit negativem Vorzeichen ansteigenden Spannung gleicht eine Spannung in der Spule, die nach den Regeln der Induktion den magnetischen Fluss im Laufe der Zeit abbaut, womit zugleich die Stromstärke absinkt. Mit der Verringerung des Stromflusses verlangsamt sich die Aufladung des Kondensators und das Anwachsen seiner negativen Spannung.
- Wenn die Stromstärke auf null zurückgegangen ist, steigt der Betrag der Spannung nicht mehr an und erreicht somit sein Maximum. Der Kondensator erlangt seine ursprüngliche Ladung wieder, allerdings bei entgegengesetzter Polung. Die gesamte magnetische Feldenergie ist wieder in elektrische Feldenergie überführt worden. (Bild 3)
- Diese Vorgänge setzen sich in entgegengesetzter Richtung fort. (Bild 4, dann wieder Bild 1)
Bei fortlaufender Wiederholung stellt sich der Spannungsverlauf gemäß der Kosinusfunktion ein; der Stromverlauf folgt der Sinusfunktion. Der Übergang von Bild 1 zu Bild 2 entspricht in den Funktionen dem Bereich x = 0 … π/2; der Übergang von Bild 2 zu Bild 3 verläuft wie im Bereich x = π/2 … π, von Bild 3 über Bild 4 zu Bild 1 wie in x = π … 2π.
Freie Schwingungen im realen Reihenschwingkreis
In erster Näherung kann man die im realen Schwingkreis auftretenden Verluste durch einen ohmschen Widerstand R darstellen, der in Reihe mit der Induktivität L liegt. Ausgehend vom Maschensatz und dem Verhalten der drei Bauelemente (und der Annahme, dass Strom- und Spannungspfeile alle die gleiche Umlaufrichtung haben) kann ein solcher RLC-Reihenschwingkreis durch folgendes (lineares) Differentialgleichungssystem (in Zustandsform mit der Kondensatorspannung uC und dem Spulenstrom i als Zustandsgrößen) beschrieben werden:
Interessiert man sich nur für den Strom im Schwingkreis, dann kann man (durch Eliminieren von uC) dieses DGL-System in eine einzige lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung umformen:
Wenn man darin zur Vereinfachung und Verallgemeinerung die „Abkürzungen“ für die (ideale) Resonanzkreisfrequenz
und die Abklingkonstante
einführt, erhält man die Differentialgleichung
Die Differentialgleichung für die Kondensatorspannung hat die gleiche Form. Für die zur eindeutigen Lösung benötigten zwei Anfangsbedingungen nimmt man meist an, dass zum Zeitpunkt t=0 der Kondensator mit einer Spannung UC0 aufgeladen und der Strom durch die Induktivität 0 ist.
Realer Schwingkreis
Allgemein lässt sich ein realer Schwingkreis mit dem Modell des gedämpften, harmonischen Oszillators beschreiben. Geht man davon aus, dass die Verluste im Schwingkreis gering sind, konkret, dass ist, und führt noch die Eigenkreisfrequenz
ein, dann erhält man mit den klassischen Methoden zur Lösung einer linearen homogenen Differentialgleichung, mit Hilfe der Laplace-Transformation oder mit Hilfe einer anderen Operatorenrechnung die Lösungsfunktionen für die beiden Zustandsgrößen
mit . Das Minuszeichen vor dem Strom kommt durch die Stromrichtung bei der Entladung zustande. Die Richtigkeit der Lösungen kann durch Einsetzen in die Differentialgleichungen und durch Kontrolle des Anfangszustandes geprüft werden.
In diesem „Normalfall der Praxis“ sind Strom und Kondensatorspannung durch den Faktor schwach gedämpft und nicht genau gegeneinander 90° in der Phase verschoben. Die Eigenkreisfrequenz ωe liegt durch die Dämpfung unterhalb der idealen Resonanzkreisfrequenz ω0. Mit stärker werdenden Verlusten wird sie immer geringer.
Idealer Schwingkreis
Für den Idealfall eines Schwingkreises ohne Verluste erhält man mit die oben anschaulich beschriebene Lösung der ungedämpften harmonischen (um 90° phasenverschobenen) Schwingungen.
Aperiodischer Grenzfall
Sind die Verluste größer, dann wird im Sonderfall „ohne Überschwingen“ der Ruhezustand am schnellsten wieder erreicht. Dieses Verhalten nennt man den aperiodischen Grenzfall. Dann erhält man
Kriechfall
Wenn schließlich gilt, dann entsteht ebenfalls keine Schwingung mehr. Je größer die Dämpfung ist, umso langsamer kriechen Strom und Spannung gegen 0. Dieses Verhalten nennt man den (aperiodischen) Kriechfall. Führt man die „Kriechkonstante“
ein, dann gilt für den Strom
Erzwungene Schwingungen im Parallelschwingkreis
Für die nachfolgende Beschreibung der erzwungenen Schwingungen wird als Erregung der Schwingkreise eine sinusförmige Wechselspannung angenommen, welche schon solange anliegt, dass die Eigenschwingungen durch den Einschaltvorgang aufgrund der Verlustdämpfung abgeklungen sind. Man spricht dann vom stationären Vorgang und kann zur Analyse Zeigerdiagramme oder/und die komplexe Wechselstromrechnung benutzen.
Idealer Parallelschwingkreis
Eine Spule und ein Kondensator liegen parallel an derselben Spannung. Bei diesem idealen Schwingkreis aus verlustlosen Bauteilen ist der an den Klemmen beobachtbare Widerstand bei der auftretenden Parallelresonanz unendlich groß.
Bei einer Kapazität C eilt der Phasenwinkel φ des Stroms gegenüber dem der anliegenden Spannung um 90° voraus, d. h. die Spannung liegt in der Phase um 90° hinter dem Strom zurück; siehe Zeigerdiagramm.
- Merksatz: Beim Kondensator eilt der Strom vor.
Bei einer Induktivität L läuft die Stromphase gegenüber der Spannungsphase um 90° nach.
- Merksatz: In der Induktivität kommt der Strom zu spät.
Wenn der Pfeil für IC länger als der Pfeil für IL ist, so ist in der Parallelschaltung der kapazitive Widerstand kleiner als der induktive Widerstand; die Frequenz liegt im betrachteten Fall höher als die Resonanzfrequenz. (Bei Resonanz sind die Pfeile für IC und IL gleich lang.) Der resultierende Strom Iges in den Zuleitungen zum Schwingkreis ist durch die grafische Addition aus IL und IC gegeben.
In den Beträgen ist der Gesamtstrom stets kleiner als der größere Einzelstrom durch C oder L. Je näher man an die Resonanzfrequenz herankommt, desto mehr geht Iges gegen null. Anders gesagt: Nahe bei der Resonanzfrequenz ist der innerhalb des Schwingkreises fließende Strom wesentlich größer als der Strom in den Zuleitungen (Stromüberhöhung).
Der Summen-Strompfeil zeigt bei der vorliegenden Zeichnung nach oben. Das bedeutet, dass sich der Schwingkreis bei der vorliegenden Frequenz wie ein Kondensator geringer Kapazität verhält; die Frequenz liegt oberhalb der Resonanzfrequenz. Präzise bei Resonanzfrequenz ist Iges = 0, und der Parallelschwingkreis lässt keinen Strom durch. Unterhalb der Resonanzfrequenz zeigt Iges nach unten, und der Schwingkreis wirkt wie eine Induktivität.
Die Ströme werden durch den kapazitiven und induktiven Wechselstrom- oder Blindwiderstand begrenzt. Für eine Spule mit der Induktivität L gilt bei der Frequenz bzw. der Kreisfrequenz :
entsprechend für einen Kondensator mit der Kapazität C:
Das negative Vorzeichen steht für die entgegengesetzte Richtung des Strompfeiles. (Zur verwendeten Vorzeichenkonvention siehe Anmerkung unter Blindwiderstand, zur Herleitung siehe unter Komplexe Wechselstromrechnung).
Zur Berechnung der Resonanzfrequenz des idealen Schwingkreises geht man davon aus, dass der Scheinwiderstand an den Klemmen unendlich groß ist, also der Leitwert der Parallelschaltung null.
oder
Realer Parallelschwingkreis
Ein realer Schwingkreis enthält in der Spule und dem Kondensator immer auch Verluste; den ohmschen Widerstand der Leitungen und der Spulenwicklung, dielektrische Verluste im Kondensator und abgestrahlte elektromagnetische Wellen. Es verbleibt dann ein restlicher Strom an den Klemmen, der mit phasengleich ist und der auch im Falle der Resonanz nicht zu null wird. Daher wird beim realen Parallelschwingkreis der Resonanzwiderstand nicht unendlich groß. Der Scheinwiderstand erreicht lediglich ein Maximum.
Die Verluste des Kondensators kann man meistens gegenüber den Spulenverlusten vernachlässigen. Für die verlustbehaftete Spule verwendet man vorzugsweise ihr Reihenersatzschaltbild mit und . Nach Transformation in ihr Parallelersatzschaltbild mit und erhält man die im Bild rechte Schaltung. Der Leitwert der Parallelschaltung aus und ist im Resonanzfall null. In diesem Fall beschränkt sich die Impedanz im Parallelschwingkreis auf , den (definitionsgemäß rein ohmschen) Resonanzwiderstand; dieser ergibt sich zu:
Die oben angegebene Resonanzfrequenz des idealen Schwingkreises gilt bei . Bei dem hier behandelten realen Schwingkreis ergibt sich anhand des Parallelersatzschaltbildes
Sie ist typisch (siehe folgendes Beispiel) etwas kleiner als und lässt sich umrechnen zu
Diese Resonanzfrequenz für erzwungene Schwingungen hat einen anderen Wert als die oben angegebene Eigenfrequenz für freie Schwingungen.
Die gezeigte Ortskurve veranschaulicht Eigenschaften eines Parallelschwingkreises an einem konkreten Beispiel:
- Bei Resonanz hat der Schwingkreis einen endlich hohen rein ohmschen Widerstand ;
anschaulich ist die Länge des Zeigers bei waagerechter Lage;
im Beispiel beträgt das Zwanzigfache des Gleichstromwiderstands . - Der Resonanzwiderstand ist nicht zugleich das Maximum des Scheinwiderstandes ;
anschaulich tritt beim maximalen Abstand der Ortskurve vom Nullpunkt etwas unterhalb der reellen Achse auf;
im Beispiel ist etwa 2,5 % kleiner als . - Die tatsächliche Resonanzfrequenz liegt niedriger als die nach der thomsonschen Schwingungsgleichung berechnete Frequenz ;
dieses sieht man an den Frequenzwerten längs der Ortskurve;
im Beispiel ist etwa 2,5 % kleiner als . - tritt bei einer Frequenz nahe bei auf. Bei ist der Wirkanteil der Impedanz exakt gleich . Hinzu kommt aber ein deutlicher kapazitiver Blindanteil;
anschaulich weist einen Blindanteil durch den senkrechten Anteil des Zeigers auf;
im Beispiel ist bei der Betrag des Blindwiderstands größer als 22 % von .
Phasenverschiebung
Wird ein Schwingkreis durch einen externen Oszillator und schwache induktive Kopplung (siehe Messschaltung) zu erzwungenen Schwingungen angeregt, reagiert er mit einer Phasenverschiebung zwischen 0° bei extrem tiefen Frequenzen und 180° bei sehr hohen Frequenzen. Bei Resonanzfrequenz f0 beträgt die Phasenverschiebung genau 90°.
In der Umgebung der Resonanzfrequenz ist die Abweichung der Phasenverschiebung φ von 90° fast proportional zur Abweichung der Frequenz f. Das wird bei Demodulationsschaltungen von Frequenzmodulation ausgenutzt.
Der Proportionalitätsfaktor k ist umso größer, je kleiner die Dämpfung des Schwingkreises ist. Diese lässt sich durch den Reihenwiderstand zur Induktivität ändern. Bei verschwindender Dämpfung hätte die Kurve die Form einer Heaviside-Funktion.
Erzwungene Schwingungen im Reihenschwingkreis
Idealer Reihenschwingkreis
Beim LC-Reihenschwingkreis sind Spule und Kondensator in Reihe geschaltet. Durch beide fließt derselbe Wechselstrom, der eine mit seiner Frequenz erzwungene Schwingung veranlasst. Bei sinusförmiger Anregung bildet sich an der Spule eine gegenüber dem Strom um 90° voreilende Spannung aus, am Kondensator eine um 90° nacheilende. Die Spannungen sind gegeneinander gerichtet, so dass deren Summe dem Betrage nach stets kleiner ist als die jeweils größere Einzelspannung. Im Sonderfall heben sie sich auf, was einem Kurzschluss entspricht. Dieser Fall heißt Reihenresonanz oder Serienresonanz eines LC-Reihenschwingkreises. Er wird erreicht bei der Resonanzfrequenz des Schwingkreises. Der (Blind-)Widerstand der Reihenschaltung beträgt
Bei der Resonanzfrequenz heben sich der kapazitive und der induktive Blindwiderstand gegenseitig auf, was den Kurzschluss bewirkt; . (Zur Vorzeichenkonvention für gilt dasselbe wie oben beim Parallelschwingkreis.) Bei Resonanz gilt also
Liegt die Frequenz oberhalb der Resonanzfrequenz, ist der induktive Blindwiderstand (Spule) betragsmäßig größer als der kapazitive, so dass der Blindanteil am komplexen Gesamtwiderstand positiv ist. Der Kondensator liefert mit steigender Frequenz einen immer kleiner werdenden Anteil am gesamten Blindwiderstand, die Spule einen immer größer werdenden Anteil. Liegt die Frequenz unterhalb der Resonanzfrequenz, ist der kapazitive Blindwiderstand des Kondensators betragsmäßig größer als der induktive Blindwiderstand der Spule, und der Blindanteil des Gesamtwiderstandes hat ein negatives Vorzeichen. Hierbei wird der Spulenwiderstand mit sinkender Frequenz zunehmend kleiner und der größer werdende Betrag des Blindwiderstands des Kondensators wird immer weniger kompensiert.
Bei einem Reihenschwingkreis tritt eine Spannungsüberhöhung auf, denn über L und C einzeln treten höhere Spannungen auf als an den Anschlussklemmen (siehe Resonanztransformator).
Realer Reihenschwingkreis
Im realen Fall liegt zusätzlich zu Kondensator und Spule noch ein ohmscher Widerstand in Reihe. Dieser kann ein weiteres Bauteil sein oder allein schon der Draht der Spule.
Die gezeigte Ortskurve veranschaulicht Eigenschaften eines Reihenschwingkreises an einem konkreten Beispiel:
- Bei Resonanz hat der Schwingkreis einen kleinen rein ohmschen Widerstand Z0 . Dieser ist so groß wie der Widerstand R alleine.
- Der Resonanzwiderstand ist zugleich der über alle Frequenzen minimal mögliche Scheinwiderstand.
- Die Resonanzfrequenz ist dieselbe wie für den idealen Schwingkreis.
Kreisgüte
In realen Schwingkreisen treten in den Spulen und Kondensatoren auch Verluste auf (ohmsche Verluste, dielektrische Verluste, Abstrahlung). Diese führen dazu, dass die Schwingung eines Schwingkreises gedämpft wird. Ganz ohne Dämpfung würde andererseits bei Resonanz die Amplitude über alle Grenzen wachsen. Ein Maß für die Verluste ist der Gütefaktor.
Die Resonanzkurve stellt in einem Diagramm dar, wie weit es in Abhängigkeit von der Erregerfrequenz bei einem gegebenen Gütefaktor zu einer Amplitudenüberhöhung kommt.
Oszillator
Einmal angestoßen und dann sich selbst überlassen, schwingt ein Schwingkreis in der Nähe seiner Resonanzfrequenz f0. Infolge der Dämpfung durch Verluste nimmt die Amplitude der Schwingung im Laufe der Zeit ab („gedämpfte Schwingung“), wenn nicht durch eine aktive Verstärkerschaltung (beispielsweise mit einem Transistor) oder einem negativen differentiellen Widerstand regelmäßig wieder Energie zugeführt wird. Man spricht dann auch von einer Mitkopplung oder von einer Entdämpfung des Schwingkreises. Eine solche Schaltung bildet eine Oszillatorschaltung (Schwingungserzeuger), ein Beispiel ist die Meißner-Schaltung.
Abstimmung
Die Resonanzfrequenz hängt von L und von C ab und kann daher durch Ändern von L oder C beeinflusst werden. Der Schwingkreis wird hierdurch auf eine bestimmte Frequenz abgestimmt.
Die Induktivität L kann vergrößert werden, indem ein ferromagnetischer Kern (Eisen oder Ferrit) mehr oder weniger weit in die Spule eingeschoben wird. Auch das Verdrängen des Feldes durch Einschieben eines gut leitenden Kernes wird angewendet – dann verringert sich die Induktivität.
Die Kapazität C kann verändert werden, indem die Plattengröße oder der Plattenabstand des Kondensators verändert wird. Beim Drehkondensator und bei vielen Trimmern geschieht das, indem die Platten seitlich gegeneinander verdreht werden, so dass der Anteil der sich gegenüberliegenden Flächen verändert wird. Andere Schaltungen verwenden stattdessen zum Beispiel eine Kapazitätsdiode.
Anwendung
Filter
Der Scheinwiderstand ist frequenzabhängig, in der Umgebung der Resonanzfrequenz wird er beim Reihenschwingkreis minimal und beim Parallelschwingkreis maximal. Diese Frequenzabhängigkeit ermöglicht, aus einem Signalgemisch unterschiedlicher Frequenzen eine bestimmte Frequenz herauszufiltern – entweder um sie allein durchzulassen, oder um sie gezielt zu unterdrücken. Der Parallelschwingkreis hat zudem den Vorteil, Gleichstrom wie beispielsweise den Betriebsstrom des Transistors unbehindert passieren zu lassen. Deshalb wird beim Einsatz in einem selektiven Verstärker immer ein Parallelschwingkreis verwendet.
- Bei älteren Telefonanlagen wurden über die Zweidrahtleitung sowohl Sprache als auch – auf höherer Frequenz – die Gebührenimpulse gesendet. Im Telefonapparat war ein Sperrkreis (Parallelschwingkreis als Zweipol) eingebaut, um die Frequenz des Impulses für den Hörer zu unterdrücken. Nur diese wurde über einen Reihenschwingkreis zum Gebührenzähler geschickt, vor dem wiederum die Sprachfrequenzen gesperrt wurden.
- Mit Parallelschwingkreisen werden Rundfunkempfänger auf den gewünschten Sender abgestimmt. Ein Schwingkreis wird zwischen die Eingangspole geschaltet – im einfachsten Fall des Detektorempfängers direkt zwischen Antenne und Erde. Das Ausgangssignal wird an diesen Anschlüssen abgenommen und der weiteren Verarbeitung (Mischung bei einem Überlagerungsempfänger, Demodulation) zugeführt.
- Die Endstufen von Sendeanlagen erzeugen häufig unerwünschte Oberwellen, die nicht über die Antenne abgestrahlt werden dürfen und durch einige Schwingkreise nach der Endstufe unterdrückt werden müssen. Wird der Schwingkreis durch einen Resonanztransformator ersetzt, kann so auch eine Leitungsanpassung an die Impedanz des Antennenkabels erfolgen.
- Mit Saugkreisen können störende Frequenzen einem Signalgemisch ausgefiltert (kurzgeschlossen) werden. Dazu wird er vor den eigentlichen Empfänger zwischen Antenne und Erde angeschlossen. Bei einfachen Rundfunkempfängern kann so ein sehr starker Ortssender ausgefiltert werden, um die eigentlichen Frequenzselektionsstufen dann auf die gewünschte Frequenz eines weiter entfernteren und dadurch schwächer einfallenden Senders abzustimmen, die sonst vom Ortssender überlagert würden. Gut geeignet und öfter eingesetzt ist auch ein Sperrkreis in der Antennenzuleitung.
Parallel- und Reihenschwingkreise können je nach Beschaltung auch die jeweils andere Aufgabe übernehmen. So kann ein lose gekoppelter Parallelschwingkreis Energie ausschließlich bei seiner Eigenfrequenz aufnehmen (Saugkreis); ein Reihenschwingkreis in Reihe in einer Signalleitung lässt nur Frequenzen seiner Eigenresonanz passieren. Dagegen lässt ein in eine Signalleitung in Reihe geschalteter Parallelschwingkreis genau seine Eigenfrequenz nicht passieren – vorausgesetzt, er wird durch diese nicht maßgeblich bedämpft.
Kompensation von Blindstrom
Verbraucher im elektrischen Energieversorgungsnetz beziehen elektrische Energie und geben sie z. B. als thermische, mechanische, chemische Energie weiter. Vielfach speichern sie auch Energie, z. B. in Motoren als magnetische Feldenergie. Das Feld wird im Rhythmus der Netzwechselspannung auf- und wieder abgebaut, und die Energie wird bezogen und zurückgeliefert. Diese Energiependelung erzeugt Blindstrom, der Quelle und Netz belastet und vermieden werden soll. Dazu wird ein Schwingkreis aufgebaut: Einer Induktivität wird eine Kapazität parallelgeschaltet – oder umgekehrt. Das Zusatzbauteil wird so dimensioniert, dass die Resonanzfrequenz gleich der Netzfrequenz wird und dadurch ein möglichst hoher Scheinwiderstand entsteht. Diese Schaltungsmaßnahme wird Blindstromkompensation genannt.
Schwingkreise als Ersatzschaltbilder
Neben Schwingkreisen gibt es viele weitere elektronische Konstruktionen, die in Anwendungen an Stelle von Schwingkreisen eingesetzt werden (besonders bei sehr hohen Frequenzen). Siehe hierzu Lecherleitung, Topfkreis, Hohlraumresonator, aber auch Antennendipol. Die physikalische Funktion dieser Konstruktionen basiert meist auf der Nutzung von stehenden Wellen und unterscheidet sich damit grundsätzlich von der physikalischen Funktion eines Schwingkreises. Für derartige Konstruktionen werden häufig Ersatzschaltbilder in Form elektrischer Schwingkreise angegeben, die eine vereinfachte, angenäherte Berechnung ihres Verhaltens erlauben.
Ersatzschaltbilder mit ihren idealen elektronischen Bauelementen bilden das Verhalten der „ersetzten“ Konstruktion nach, nicht jedoch ihren technischen Aufbau oder ihre Wirkungsweise.
Messgerät
Die Resonanzfrequenz von Schwingkreisen im MHz-Bereich kann mit einem Dipmeter gemessen werden.
Literatur
- Wilfried Weißgerber: Elektrotechnik für Ingenieure 2. Vieweg/Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0474-7.
- Martin Gerhard Wegener: Moderne Rundfunk-Empfangstechnik. Franzis-Verlag, München 1985, ISBN 3-7723-7911-7.
- Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 2. Springer-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-540-33794-6.
- Klaus Lunze: Theorie der Wechselstromschaltungen. Verlag Technik, Berlin 1991, ISBN 3-341-00984-1.
- Ralf Kories und Heinz Schmidt-Walter: Taschenbuch der Elektrotechnik. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt a. M. und Thun.
Weblinks
- HTML5-App zur Demonstration eines Schwingkreises